Mit den Worten: "Wir wollen uns heuer als Koch bewerben und die Gemünemer Gastronomie beerben. Das Problem ist, die haben immer alle gleichzeitig zu, sinn im Urlaub oder grad in der Mittagsruh", beginnt Zugmarschall Rainer Pröschl seinen Streifzug durch die lokale Gastronomie. Die braucht beim diesjährigen Rathaussturm in Gemünden ab und an ganz schön starke Nerven.
Pünktlich um 11.11 Uhr versammelt sich zum Blasspiel der Fischertrachtenkapelle des Vereins zur Förderung der Volksmusik eine kleine Gruppe von Narren auf dem Marktplatz. Verkleidet als Piratin, Hippie oder Koch wird gesungen, geschunkelt und in lockerer Atmosphäre geplaudert. Während die Narren ausgelassen feiern, wird Bürgermeister Jürgen Lippert, der diesjährige "Chefkoch Lippi", aus dem Rathaus geleitet und zu einem aufgebauten Grill geführt.
Von der Gemündener Ratsschenke über das La Belle bis hin zum Gasthof Linde
Während Lippert sich um die Verpflegung kümmert, wirft der Zugmarschall einen Blick auf die Restaurants und Kneipen vor Ort. Los geht es mit der Ratsschenke: "Wo die Wirtsleut oft im Urlaub verschwinden, sieht man am Eingang mit der Speisekarte fuchteln, den Ludwig, die Servicekraft – oder was habt ihr jetzt gedacht", fragt Pröschl die lachenden Anwesenden. Im La Belle gebe es hingegen alles, doch drin sei nur ein Gast, "eine Sicherheit, die du nicht überall hast", resümiert er. Im Babylon, der "wichtigsten Stadt im Altertum", dreht sich laut Pröschl nur ein Fleischspieß rum, "aber bleibt mal ein Zug stehn in der Nähe irgendwo, springt's Babylon ein als Bahnhofsklo", erinnert er an das Bahn-Chaos nach einer Streckensperrung im Sommer.
Beim Steakhaus Andeo fragt sich Pröschl, "warum man sich da nei setz soll in so ä Aquarium", das Piccolo hat "schon ewig auf, da steht immer noch Büro Betz aufm Kassenzettel drauf", und drüben vor der Linde gebe es ein Drama zu verkünden: "Mit dem Fahrrad kamen Touris an, wollten rasten in der Linde dann, sie schafften noch die Stieche nauf, die Wirtschaft war sowieso nicht auf." Abschließend hält er fest: "Mir ham hier scho viel Gastronomie, darauf weist auch die Touristinfo hie – aber wenn man als Gast in Gemünne ist, will man halt auch nicht überall lesen: zu iss wenn zu iss."
Bürgermeister Jürgen Lippert darf hinter den Grill
Lippert beweist hingegen seine Qualitäten am Grill und für die Narren ist dabei klar: "Als Würstchen-Koch wär er sicher gut ausgebucht." Die Schlange ist groß und der Rathauschef verteilt eine Wurst nach der anderen. "Er ist der einzige Bürgermeister in ganz Deutschland, der Wurst herstellt und verkauft", merkt ein Besucher an. Für Lippert ist der Spaß nach eigener Aussage "warm und stressig". Er verrät: "Auf den Rathaussturm freue ich mich immer ganz besonders. Ich überlege mir immer, ob ich mir nicht kurzfristig Urlaub nehme, aber ich bringe es dann doch nicht über mich."
Die Stimmung ist ausgelassen, für Gerd Pröschl, der sich selbst als Obernarr bezeichnet und viele Jahre den Faschingszug organisiert hat, hat die fünfte Jahreszeit "etwas Heiliges". Er freut sich immer, "wenn die Clique zusammenkommt, wir sind ein verschworener Haufen".
