Carolin Müller hat die weltweite Werbekampagne für ein Shampoo, das jeder Leserin und jedem Leser geläufig ist, verantwortet. Sie hat für Unternehmen in Mexiko-City und den USA gearbeitet und zuletzt acht Jahre lang das Marketing Dach der Kneipp GmbH mit rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz geleitet. Seit Jahresanfang arbeitet die 48-Jährige im Karlstadter Stadtmarketing und wird zum 1. April dort die Geschäftsführung übernehmen.
Aus Sicht der Stadt Karlstadt ist das ein großer Wurf, eine derart erfahrene Frau fürs Stadtmarketing gefunden zu haben. Müller sagt: "Ich halte das für eine sehr wichtige und interessante Aufgabe. Innenstädte sind das soziale und kommunikative Zentrum einer Kommune. Hier trifft man sich und durchmischt sich. Das ist für unsere Gesellschaft sehr wichtig." Dass sie beruflich kürzer tritt, erklärt sie mit privaten Gründen. "Meine Eltern benötigen Betreuung. Auch um meine zwei Söhne und ihre schulische Laufbahn will ich mich mehr kümmern."
Besonderheiten der Stadt besser herausstellen
15 Stunden pro Woche wird sie sich der Aufgabe widmen, Karlstadt attraktiver zu machen. Nina Reinhard hat Mitte Februar ebenfalls im Stadtmarketing angefangen und wird sie mit 20 Wochenstunden unterstützen. Gemeinsam fangen die Frauen also den Wechsel von Susanne Keller zur Allianz MainWerntal auf. Bis Ende März ist Keller noch stundenweise fürs Karlstadter Stadtmarketing tätig.
Von einer neuen Person auf dieser Stelle werden auch frische Impulse erwartet. Carolin Müller bringt Ideen mit. "Wir müssen noch besser herausstellen, was wir zu bieten haben. Karlstadt ist ein Schatz!" Sie schwärmt von der "superschönen Altstadt", den "abwechslungsreichen Gaststätten und Geschäften" und dem "tollen Ambiente am Main". Die Besonderheiten und Eigenheiten der Kreisstadt sollten betont werden. "Was machen wir denn mit dem Main?", fragt sie. Sie könne sich vorstellen, den Fluss in den Mittelpunkt eines Event-Wochenendes zu stellen. "Mit Pop-Up-Hafen, mit Standup-Paddling und mehr."
Wichtig sei auch die bessere Vernetzung der verschiedenen Angebote in der Stadt. In Hotels könnten Gutscheine für den Einzelhandel ausliegen, ein "Running Dinner" – mehrgängiges Essen an verschieden Orten – könne zum Erleben der Stadt beitragen. "Customer Journey" nennt die studierte Betriebswirtin dieses Erlebnis. Sie ist überzeugt: Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie und Kulturangebote der Stadt bilden zusammen "ein Paket, das attraktiver ist als die Einzelteile". Mehrfach betont sie, dass es das Karlstadt-Spezifische zu betonen gelte. "Flaak, Batzenärrle, Schwedenmännli sind Karschter Eigenheiten." Vielleicht könne man lokale Spezialitäten kreieren und nach diesen Figuren benennen.
Nicht alles umkrempeln
Aber Carolin Müller will das Stadtmarketing auch nicht von einem Tag auf den anderen umkrempeln. "Es gibt hier zehn grundsätzlich gut eingeführte Veranstaltungen. Zuerst überlegen wir, da und dort etwas anders zu gestalten und aufzufrischen." Für den Ostermarkt im April gebe es schon Ideen. Außerdem ist für 2022 eine "Weinprobe to go" angedacht – dafür gelte es, einen geeigneten Termin zu finden.
Müller betont: "Ich sehe Susi Kellers Leistung durchaus mit Bewunderung. Sie hat mit ganz wenig Mitteln sehr viel auf die Beine gestellt." Der Grüne Markt habe sich beispielsweise "extrem positiv entwickelt", sei vielfältiger geworden, biete saisonale Produkte und erreiche ein jüngeres Publikum.
Ein Thema brennt ihr auf den Nägeln
Die Innenstädte befänden sich im Wandel, meint Müller. "Nachhaltigkeit und Digitalisierung verändern unsere Innenstädte. Zum Beispiel steigt die Bedeutung von digitaler Sichtbarkeit auch für lokale Geschäfte. Der Kunde will digital entdecken und erst dann lokal erleben. Die Funktion der Innenstadt wird immer stärker die persönliche Vernetzung und hier geht es dann auch um Themen wie Aufenthaltsqualität, Co-Working und Bürgerbüro." Sie wolle helfen, die Innenstadt-Akteure und andere Betroffene darauf vorzubereiten. Dazu diente schon der vom Freistaat angebotene Workshop "Online, fertig, los", an dem zwölf Karlstadter Unternehmen teilnahmen.
Carolin Müller führt zurzeit viele Gespräche, etwa mit Martin Krause, dem Vorsitzenden des Gewerbe- und Tourismusvereins, mit Bürgermeister Hombach und dem geschäftsführenden Beamten Uli Heck. Da geht's zum Teil ums Kennenlernen, aber auch um ein Thema, das ihr "auf den Nägeln brennt": das Budget des Stadtmarketing.
Der finanzielle Rahmen der Stadt ist eng; der Haushalt für 2022 schon erstellt, aber noch nicht vom Stadtrat beschlossen. "Gemeinsam wird man definieren, welche zusätzlichen Events und Aktivitäten mit welchem zusätzlichen Budget möglich sind", formuliert Müller in Business-Sprache. Etwas weniger förmlich meint sie: "Ich möchte Spielräume erhalten, um etwas gewuppt zu bekommen."