Es war noch vor der Kommunalwahl und in einer Zeit, als noch kaum einer an einen Corona-Lockdown hierzulande dachte: Im Februar entschied der Stadtrat mehrheitlich, den Hebesatz der Grundsteuer von 350 auf 500 Prozent zu erhöhen, also um fast 43 Prozent. Damit und mit der gleichzeitigen Erhöhung der Gewerbesteuer reagierte der Stadtrat auf den Hinweis, dass das Landratsamt den städtischen Haushalt 2020 ohne Verbesserung der Einnahmesituation nicht genehmigt hätte.
Dann veränderten die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie den Alltag schlagartig: Geschäfte schlossen, die Zahl der Kurzarbeiter stieg rasant an – und den Grundstückseigentümern flatterten die Grundsteuerbescheide ins Haus. Klar, dass dies keinen erfreute, manchen gar heftig aufregte. Jetzt schickt sich einer, den Widerstand anzuschüren, der sich in diesem Metier bestens auskennt: Klaus Büttner, Bürgermeister im hessischen Niederdorfelden mit Zweitwohnsitz im Lohrer Stadtteil Wombach. Der 50-Jährige mit Wurzeln in Gemünden hat eine berufliche Vergangenheit als Kämmerer der Gemeinde Eußenheim sowie als stellvertretender Personalleiter des Lohrer Bezirkskrankenhauses.
Was Büttners Stimme Gewicht verleiht
Als Vorsitzender des Siedlerbundes Wombach sowie des Verbands Wohneigentum Unterfranken mit 12 000 Mitgliedern hat er dieser Tage verstärkt Anrufe von Mitgliedern aus Lohr erhalten, die an der Grundsteuererhöhung knapsen. "Teilweise wird's eng", fasst er im Gespräch mit der Redaktion zusammen, für manche Mitglieder gar heftig. Viele seien in Kurzarbeit, hätten also weniger Gehalt und Probleme, ihre Häuser zu halten.
Zwar hat die Stadt Gesprächsbereitschaft signalisiert für Bürger mit Zahlungsschwierigkeiten, doch darauf geht Büttner nicht ein. Mit einem Hebesatz von 500 liege Lohr "mit an der Spitze in Bayern", mit der Gewerbesteuer sowie den Gebühren für Wasser und Abwasser "an der Spitze in der Region". Doch rät er allen Eigentümern, Widerspruch gegen die Bescheide einzulegen und damit den Druck auf den Stadtrat zu erhöhen. Dies müsste seiner Einschätzung nach in dieser Woche noch möglich sein.
Zeit genug wäre noch
Worauf Büttner letztlich hinaus will: Der Stadtrat, der sich jetzt neu konstituiert hat, möge seine Grundsteuer-Entscheidung revidieren. Dazu habe er laut Bayerischer Gemeindeordnung noch bis Ende Juni Zeit.
Eine Erhöhung auf 400 bis 420 Prozent hält Büttner nämlich für absolut ausreichend – so die Stadt denn die Corona-Krise nutzt, um auch für einen Teil ihres Personals Kurzarbeit anzumelden, etwa für die Beschäftigten der Stadthalle und des Main-Spessart-Bades, die auf absehbare Zeit nicht öffnen können. Damit, so meint Büttner, könne man die Mindereinnahmen aus der Grundsteuer locker kompensieren.
Indes ist die Stadtverwaltung offensichtlich dabei, ihre Hausaufgaben zu machen: Die Stadt Lohr sehe "Kurzarbeit in den von Schließungen betroffenen Einrichtungen vor", teilt Pressesprecher Dieter Daus auf Nachfrage der Redaktion mit. Derzeit laufe "ein Verfahren mit den Betroffenen und dem Personalrat".
Klaus Büttnet