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Lohr
Stadt Lohr erhöht Steuersätze stark
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 26.02.2020 02:11 Uhr

Um ihre akute Finanznot zu lindern, wird die Stadt Lohr Grundbesitzern und Gewerbetreibenden deutlich stärker als bisher in die Tasche greifen. Der Stadtrat beschloss am Mittwochabend, die Hebesätze für Grundsteuer und Gewerbesteuer kräftig anzuheben. Allein im laufenden Jahr sollen so knapp 1,7 Millionen Euro mehr in die Stadtkasse fließen.

Die Stadträte hat sich erst auf deutlichen Druck des Landratsamtes hin mit der gerade im Vorfeld von Wahlen unbeliebten Steuerdebatte befasst. Die Behörde hatte zuvor angekündigt, den von der Stadt aufgestellten Entwurf des Finanzhaushalts 2020 nicht zu genehmigen. Begründung: Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt sei ohne eine erhebliche und dauerhafte Verbesserung der Einnahmesituation nicht mehr gewährleistet.

Die Stadträte konnten sich nach dem Veto des Landratsamtes also gar nicht mehr um das heiße Eisen drücken. Dennoch rangen sie am Mittwoch rund zweieinhalb Stunden bis zur Entscheidung. Am Ende stimmten die Fraktionen von SPD, Grünen und Freien Wählern für die Steuererhöhung. Die CSU sowie der Bürgerverein votierten dagegen und handelten sich so von den anderen Fraktionen den Vorwurf ein, sich zu Wahlkampfzwecken nicht ihrer Verantwortung für die Stadt zu stellen.

43 Prozent mehr Grundsteuer

Nach dem Beschluss vom Mittwoch wird die Stadt den Hebesatz der Grundsteuer von derzeit 350 auf 500 Prozent erhöhen, was einem Anstieg um fast 43 Prozent entspricht. Der Hebesatz der Gewerbesteuer steigt von 350 auf 390 Prozent, ein Plus von gut elf Prozent. Bei der Grundsteuer katapultiert sich Lohr mit der Erhöhung mit weitem Abstand an die unrühmliche Spitze im Landkreis. Auch bei der Gewerbesteuer liegt sie nun knapp vor allen anderen Gemeinden in Main-Spessart (siehe Infokasten).

Bürgermeister Mario Paul erklärte den Zwang zur Erhöhung der Steuern damit, dass nur so die vom Landratsamt geforderte sofortige und spürbare Einnahmensteigerung zu schaffen sei. Er sprach davon, dass "Jahre des Sparens vorausgegangen" seien und die Stadt zuerst bei sich begonnen habe, bevor sie nun andere stärker zur Kasse bitte.

Paul: Sparkurs geht weiter

Die Stadt werde weiter jede Ausgabe auf ihre Notwendigkeit prüfen und defizitäre Bereiche durchleuchten, sagte Paul und nannte als Beispiele Freibad, Stadthalle und Parkplätze. Spareffekte ließen sich hier jedoch nicht im erforderlichen Umfang und erst mit Verzögerung erzielen.

Die Finanzlage der Stadt erfordere jedoch sofort spürbare Einnahmesteigerungen, so der stellvertretende Kämmerer Stephan Morgenroth. Er sah in der Finanzmisere und im Druck durch das Landratsamt die Chance, "zum ersten Mal seit Jahren die Einnahmesituation der Stadt deutlich zu verbessern".

Stadtrat toppt Verwaltung

Anders als vom Stadtrat am Ende beschlossen, schlug die Verwaltung eine Erhöhung nur der Grundsteuer vor. Die Gewerbesteuer indes sollte unangetastet bleiben. Paul begründete dies damit, dass die Stadt "Unternehmen stärken und nicht zusätzlich belasten" wolle. Im Sinne der Stadtentwicklung müsse es das Ziel sein, dass sich in Lohr neue Firmen gründeten oder ansiedelten, wobei erhöhte Gewerbesteuersätze hinderlich sein könnten, so der Bürgermeister.

Bei einer Erhöhung der Grundsteuer hingegen sei die Last auf mehr Schultern verteilt, so Paul, "dann ist es für den Einzelnen ein wenig leichter". Die Steigerung des Hebesatzes der Grundsteuer von 350 auf 500 Prozent sei "viel, aber noch an der unteren Grenze" dessen, was nötig sei, um das Finanzproblem der Stadt zu beheben, so Paul. Man brauche das Geld nicht zuletzt, um die Lücken im Haushalt zu stopfen, die durch den Wegfall der Straßenausbaubeiträge entstanden seien. Morgenroth sprach davon, dass allein deswegen pro Jahr rund 300 000 Euro fehlten.

Zweckbindung für Investitionen

Paul erklärte, dass man die Mehreinnahmen zweckgebunden ausschließlich für Investitionen verwenden werde, nicht für die Finanzierung des laufenden Verwaltungsbetriebs. Sobald sich die Finanzlage der Stadt wieder entspanne, werde man die Steuererhöhung wieder auf den Prüfstand stellen, sagte der Bürgermeister.

Paul stimmte am Ende, wie von seiner Verwaltung vorgeschlagen, lediglich für die Erhöhung der Grundsteuer, jedoch gegen das Anheben der Gewerbesteuer. Am Gesamtergebnis änderte dies nichts: Die Erhöhung des Grundsteuersatzes wurde vom Stadtrat mit 16 zu neun Stimmen beschlossen, die Erhöhung der Gewerbesteuer mit 15 zu zehn Stimmen.

Einig war sich das Gremium indes dabei, dass die Stadt infolge der Einnahmesteigerung in den nächsten drei Jahren auf Kreditaufnahme verzichten kann und soll.

 
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  • J. V.
    Kleinvieh macht auch Mist!
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  • H. M.
    OK, 80 im Jahr für einen Eigentümer einer Immobilie. Dann vielleicht 30 im Jahr für den Mieter einer Wohnung darin. Sind 2,50 im Monat....
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  • J. V.
    Dass die Anhebung der Grundsteuer Grund- und Hausbesitzer trifft, ist nur die halbe Wahrheit: Die Grundsteuer ist umlagefähig, denn laut § 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung (BetrKV) zählt die Grundsteuer zu den umlagefähigen Nebenkosten.
    Ergo, wird das Wohnen in Lohr noch teurer und auch unattraktiver.
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  • D. H.
    Als erste sollte mal das ewige hin und her wie schon Entscheidung Stadthalle jetzt Fischergasse und auch Parkhaus minimiert werden. Wenn immer wieder neue Pläne und Sitzungen gemacht werden müssen weil niemand den Mumm hat mal was gleich zu Entscheiden! Kost ja fast gar nix 😉
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