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ZELLINGEN
Bürgermeister Gsell: „Radio-Gong-Spaß nicht auf unsere Kosten“
Neubrunn war die Siegergemeinde des Wettbewerbs Bürgermeisterschaften 2017, den Radio Gong jährlich veranstaltet. Der Preis war ein Konzert mit dem Hip-Hop-Duo „275ers“. Derzeit läuft der Wettbewerb für 2018, es gibt aber auch Kritik.
Foto: Stefan Schloßnagel | Neubrunn war die Siegergemeinde des Wettbewerbs Bürgermeisterschaften 2017, den Radio Gong jährlich veranstaltet. Der Preis war ein Konzert mit dem Hip-Hop-Duo „275ers“.
Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:34 Uhr

Radio Gong veranstaltet jährlich seine sogenannten Bürgermeisterschaften. Gesucht wird die „coolste Gemeinde“ in Mainfranken. Sie darf ein Konzert mit einem Künstler ausrichten. Auch die Marktgemeinde Zellingen (Kreis Main-Spessart) war nominiert, ist aber ausgestiegen. „Der Wettbewerb ist durchweg unmoralisch“, meint Bürgermeister Wieland Gsell. Der Radiosender weist die Kritik zurück.

Wettstreit der Gemeinden

Den vom Würzburger Radiosender Gong ausgerichteten Wettbewerb gibt es schon seit 2009. Der Preis in diesem Jahr ist ein Konzert mit dem deutschen Popsänger Wincent Weiss („Frische Luft“), das in der Sieger-Gemeinde im Sommer stattfinden soll. Per Online-Voting haben sich zehn Kommunen qualifiziert – darunter auch Zellingen. Für die Marktgemeinde hatten in einem begrenzten Zeitraum viele Zuhörer gestimmt, so dass sie mit neun weiteren Kommunen in die engere Wahl gekommen ist. Diese Kommunen treten nun in einem Wettstreit gegeneinander an, in dem „lustige“ Aufgaben zu lösen sind.

Derzeit läuft dieser Wettstreit, Zellingen ist aber nicht mehr dabei. Bürgermeister Gsell begründet den Ausstieg auf seiner Facebook-Seite. „Meine Aufgabe ist es nicht, dem Wirtschaftsbetrieb Radio Gong zu dienen. Weder als Animateur bei den Bürgermeisterschaften, noch indem ich im Namen der Gemeinde Geld ausgebe, damit bei Radio Gong die Werbeeinnahmen steigen“, sagt er.

Bürgermeister Gsell: Voller Terminkalender

Zwischen 4000 und 18 000 Besucher kamen zu den Konzerten in den letzten Jahren. Gsell fragt sich: Wo sollen so viele Besucher in seiner Gemeinde parken? Wer zahlt den Schaden am Gelände? Hier sei die Gemeinde in der Pflicht. Wer hört sich die wütenden Anrufe vieler Bürger wegen der nächtlichen Ruhestörung an? Hier treffe es neben der Polizei den Bürgermeister.

Gsell stört sich, dass der Radiosender über die personellen Ressourcen einer Gemeinde verfüge. Der volle Terminkalender eines Bürgermeisters spiele da keine Rolle, schimpft er. Bei den Vereinen wird stunden- und teils tagelange ehrenamtliche Arbeit eingefordert.

Radio Gong: Teilnahme ist freiwillig

Radio Gong hat auf die Kritik reagiert und betont, die Teilnahme sei freiwillig. „Wir verfügen über niemanden“, sagt Gong-Projektleiter Simon Steffan. Mit den Bürgermeistern werde nach dem ersten Kontakt abgesprochen, was an Arbeit auf sie zukommen wird, wenn sich die Gemeinde beteiligt. Es sei klar, es brauche viele Hände, um das Konzert zu stemmen. Wenn dazu die Gemeinde nicht bereit sei, „dann nehmen wir sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt aus dem Rennen, um Enttäuschungen zu vermeiden.“ Dies sei mit Zellingen passiert. Die Marktgemeinde sei aus dem Wettbewerb.

Für die Gewinnergemeinde stellt Radio Gong zwei Modelle für die Ausrichtung des Konzertes vor. Beim ersten Modell tritt Radio Gong als Veranstalter auf und kümmert sich um Essensverkauf, Getränke und Sicherheit. Der Ort müsse lediglich den Ort festlegen, wo das Open-Air stattfinden soll.

Gemeinde kann profitieren

Beim zweiten Modell tritt die Gemeinde als Veranstalter auf. Dies habe den Vorteil, dass Vereine und der Ort durch eigenen Werbungsverkauf, Essenstände und Parkgebühren von dem Open Air profitieren können. Bühne, Band und Promotion würde Radio Gong bezahlen. Der Sender würde keinen Profit machen. Bislang hätten sich die Gewinnergemeinden immer für das zweite Modell entschieden.

Im vergangenen Jahr 2017 hieß die Siegergemeinde Neubrunn (Lkr. Würzburg) und aufgetreten ist das Hip-Hop-Duo „257ers“. Nach den Worten von Bürgermeister Heiko Menig hat sich in seiner Gemeinde das erfüllt, was Radio Gong beabsichtigt hat – nämlich der ganze Ort sei zusammengestanden und habe mitgeholfen, die Veranstaltung zu organisieren. Daher sei es eine tolle Sache gewesen und Menig hat sich gut von Radio Gong betreut gefühlt. Zirka 7000 Zuschauer seien gekommen und zirka 12 000 Euro für die Gemeindekasse übrig geblieben. Diese werden in die Attraktivitätssteigerung des Freibads fließen.

Auch Gerbrunn ist ausgestiegen

Mit Zellingen ist auch die Gemeinde Gerbrunn (Lkr. Würzburg) ausgestiegen. Bürgermeister Stefan Wolfshörndl begründet dies allerdings mit dem Fehlen eines geeigneten Festplatzes. Im Rennen sind noch Bütthard, Dettelbach, Iphofen, Kirchheim, Kleinrinderfeld, Leinach, Ochsenfurt und Rottendorf. Der Wettbewerb begann 2009 mit einem Konzert des Sängers Nevio in Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg).

Der Zellinger Bürgermeister Wieland Gsell hält die Radio-Gong-Aktion für „unmoralisch“.
Foto: Jürgen Kamm | Der Zellinger Bürgermeister Wieland Gsell hält die Radio-Gong-Aktion für „unmoralisch“.
 
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Kommentare
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  • sth
    Nachvollziehbar ist die Meinung des Bürgermeisters, dass die Gemeinde eine solche Veranstaltung nicht organisieren kann oder will. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Argumentation: er überhöht seine offensichtliche Unlust zur "moralischen Entscheidung" und stellt Behauptungen zur Kostensituation auf, die sachlich angreifbar sind. Das haben andere Gemeinden eleganter gelöst - entweder weil sie die Aktion für eine gemeinschaftliche Aktion und Werbung in eigener Sache genutzt haben (ohne schlussendlich das Konzert organisieren zu können/wollen) oder weil sie die Aktion gewonnen und zu ihrem finanziellen Vorteil genutzt haben (siehe Beispiel Neubrunn im Artikel). Unterm Strich ist es nicht die erste und vermutlich auch nicht die letzte Aktion aus dem Zellinger Rathaus, über die man nur den Kopf schütteln kann. Ich komme zum Glück aus einer Nachbargemeinde, in der der Bürgermeister mehr anpackt und weniger "moralische" Statements veröffentlicht.
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  • Herbipolis
    Der OB hat scheinbar die typisch ideologische, moralistische Einstellung eines Öko-Biedermeiers, der erst mal alles ablehnt, was nicht in sein Weltbild passt. Das kann man fast schon diesem vor Lebensfreude strotzenden Foto des OB entnehmen. Klar ist das eine Marketingveranstaltung für Gong UND die jeweiligen Gemeinden. Hallo? Was sonst soll das sein, wenn man über Monate im Radio in Spots zu hören ist? Wer nicht werben will, ist da natürlich fehl am Platz. Das hat aber nichts mit unmoralisch zu tun, sondern ist eine geschäftliche Entscheidung. Dann aber bitte nicht schreien, wenn die Landflucht aus solchen Gemeinden zunimmt, weil dort gesellschaftlich und auch sonst nicht viel passiert......
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  • helmaschug@gmail.com
    Argumentation des Bürgermeisters völlig nachvollziehbar!
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  • jebusara@web.de
    Man kann Zellingen für so einen Bürgermeister nur beglückwünschen! Endlich einer mit Ar*** in der Hose der sich FÜR seine Bürger einsetzt und sich nicht nur selbst profilieren will in der Hoffnung, dass er weiterkommen wird als bis zum eigenen Ortsrand.
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  • R.Silber
    Nüchtern betrachtet ist es eine Werbeveranstaltung von Radio Gong. Dem Sender ist es völlig egal wer denn nun die angeblich schönste Kommune Frankens ist. Es geht ausschließllich darum permanent und dies für viele Wochen als Sender präsent zu sein. Als "Preis" tritt dann ein drittklassiger Sänger auf, eine riesen Party wird veranstaltet, bei welcher die Arbeit zu 99 % von den Freiwilligen der Gewinnerkommune geleistet wird, und Radio Gong ist in aller Munde. Nun, sich zu vermarkten ist legitim und wer meint, er muss sich zum Spielball eines Radiosenders machen, der tut dies freiwillig. Die Entscheidung vom Zellinger Bürgermeister ist für mich nachvollziehbar.
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  • Ich kann nur sagen Arnstein2012 25000 Besucher .Radio Gong hatte hier auch noch den Bierpreis bestimmt ,war alles im Vorfeld mit der Würzburger Hofbräu abgeklärt.
    Von wegen Sie sind die Veranstalter ,ja wenn alles gelaufen war haben Sie noch Werbung damit gemacht wie gut alles in Arnstein geklappt hat.
    Nur lächerlich.
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  • klarma
    War das jetzt pro Gong??
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  • lausdeandl@yahoo.de
    Rottendorf hat doch dieses Jahr auch genügend mit dem Dorffest und dem einwöchigen Auftritt bei der Landesgartenschau um die Ohren.

    Aber soll die Gemeinde ruhig mitmachen, aber ohne mich!
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  • Klaus.Karges@t-online.de
    Endlich hat ein Bürgermeister sich getraut die wahren Träger der Unkosten zu benennen.
    Da fällt mir doch glatt noch die BR Radl-Tour dazu ein!
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  • foerderadler
    Was haben Sie gegen die BR-Radltour?
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  • bundmufr@web.de
    Da hat wohl einer Angst daß man davon profitieren kann...willkommen im engstirnigen Mittelalter Herr Gell
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  • Fr-goetz@t-online.de
    "Übernehmen Sie halt die Organisation, wenn es nichts kostet"! Nicht hier klotzen! Machen!
    Sie können morgen schon anfangen, wenn sie das Talent des 21_zigsten Jahrhundert sind! Morgen gleich bei Radio Gong melden und loslegen (Mittelalter)!
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