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Hohenroth
Behindertenbeauftragter Dusel angetan von Hohenroth
Bei einem Besuch in der SOS-Dorfgemeinschaft erfuhr Jürgen Dusel viel und erzählte von seinen Erinnerungen an Zellingen.
Der Abgeordnete Bernd Rützel erklärt Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung (links), in der Kerzenwerkstatt in Hohenroth, was ein Rienecker Göikel ist. Mit dabei SOS-Dorf-Bereichsleiter Marcus Lux (rechts) und die stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Pamela Nembach.
Foto: Björn Kohlhepp | Der Abgeordnete Bernd Rützel erklärt Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung (links), in der Kerzenwerkstatt in Hohenroth, was ein Rienecker Göikel ist.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:55 Uhr

Im Winter in der Abenddämmerung durch Hohenroth zu schlendern und in den einzelnen Häusern Kaminfeuer brennen zu sehen und wie die Bewohner Musik machen oder lesen – "was Schöneres gibt's nicht", erzählte der Schaippacher Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel seinem Gast Jürgen Dusel, dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, bei einem Besuch der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth. Rützel erzählte auch, wie er als Kind früher, bevor es das SOS-Dorf gab, beim damaligen Bauernhof immer Milch geholt hatte. Der gebürtige Würzburger Dusel, der mit Rützel davor das "Sternstunden-Haus Weylbach" in Weilbach (Lkr. Miltenberg) besucht hatte, zeigte sich angetan.

Herumgeführt wurde die Gruppe am Mittwoch von Bereichsleiter Marcus Lux. Dabei plauderte der Behindertenbeauftragte, der zwischen Mannheim und Heidelberg aufwuchs, aus dem Nähkästchen und erzählte, dass er enge Verbindungen nach Main-Spessart hat. Früher weilte er jedes Jahr wochenlang in Zellingen, weil seine Großmutter von dort stammte. Heute wohnen noch sein Onkel und seine Tante in Erlabrunn. Auch auf der Burg Rieneck sei er als Pfadfinder schon gewesen, aber er habe nichts von der Burg geworfen und so Ziegel an Rützels Elternhaus zerdeppert, versicherte er auf Nachfrage des Bundestagsabgeordneten. Dusel sei mit seiner Sehschwäche und seinem guten Gehör bei den Pfadfindern gern als Nachtwache eingesetzt gewesen, erzählte er.

Hauseltern leben mit den Bewohnern

Erste Station des Rundgangs war eines der 21 Häuser, in denen Bewohner mit Behinderung gemeinsam mit Hauseltern leben. "Wenn man in die Häuser geht, erinnert nichts an ein Wohnheim", hatte Bereichsleiter Lux zuvor versichert, und so war es auch. Im besichtigten "Haus Schade", benannt nach den Hauseltern, leben sieben Bewohner. Unten gibt es eine geräumige Küche und ein einladendes Wohnzimmer mit Klavier. "Für mich war die Musik der Weg in die Inklusion", erzählte der Behindertenbeauftragte, der fast Musik studiert hätte, sich dann aber doch für die Juristerei entschieden hatte.

Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung (rechts), in der Schreinerei mit (von links) Bernd Rützel, Marcus Lux (Bereichsleiter Wohnen in Hohenroth), Bewohner Max Messner und Christian Gutermuth, dritter Bürgermeister des Marktes Burgsinn
Foto: Björn Kohlhepp | Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung (rechts), in der Schreinerei mit (von links) Bernd Rützel, Marcus Lux (Bereichsleiter Wohnen in Hohenroth), Bewohner Max Messner und Christian Gutermuth, ...

Während der Hausvater untertags wie die Bewohner in einem Arbeitsbereich mitarbeitet, ist die Hausmutter, in der Regel die Ehefrau, für das Haus zuständig. In der Küche kocht sie etwa mit einigen der Bewohner, oft hilft noch ein Praktikant. Laut Lux sind die Hauseltern auch gehalten, Milch aus Hohenroth und nicht vom Supermarkt zu kaufen. Allerdings sei vor 40 Jahren beim Bau der Häuser nicht an Menschen mit körperlichen Einschränkungen gedacht worden, weshalb sie nicht barrierefrei sind.

Wie die Hohenrother mit der Bevölkerung in Kontakt kommen

Der Austausch zwischen Bewohnern und Bevölkerung sei "sehr eng", versicherte Lux. Ein Bewohner sei etwa Mitglied im Rienecker Karnevalsverein. Außerdem bringen und stapeln die Bewohner Holz oder setzen Steinmauern, ergänzte Rützel. Beim Kräutertag kommen Tausende Besucher, erzählte Lux. Beim letzten habe die Dorfgemeinschaft 25 000 Euro Umsatz gemacht und 13 000 von 25 000 gezogenen Pflänzchen verkauft.

Der Gründungsimpuls für Hohenroth ging einst von einer anthroposophischen Elterngemeinschaft aus, erzählte Marcus Lux. Aber finanziell hätten sie das nicht alleine stemmen können. Heute sei unter den Mitarbeitern niemand mehr anthroposophisch geprägt, aber der Jahreslauf in Hohenroth sei mit den Feiern an Johanni und Michaeli und mit Morgenfeiern noch anthroposophisch. Einmal im Jahr gibt es zudem noch einen Eurythmie-Kurs.

Keine Großindustrieaufträge im SOS-Dorf

In der Schreinerei informierte Bewohner Max Messmer über die Arbeit in der Schreinerei und zeigte ein schickes Schneidbrett aus Kirschbaum. "Das ist toll", entfuhr es dem Behindertenbeauftragten und zeigte sich begeistert von der handwerklichen Tätigkeit. Anders als in Behindertenwerkstätten nehme Hohenroth keine Großindustrieaufträge an, erläuterte Lux. In der Weberei zeigte Bewohner Florian-Bruno Maurenbrecher seine Arbeit an einem Webstuhl.

Bei einem anschließenden Treffen mit Bewohnern im Café äußerten diese als großen Wunsch den nach einem Rasensportplatz. 60 000 bis 70 000 Euro koste ein solcher Platz, sagte Lux. Jürgen Dusel sagte zu, einmal nachzuhören, ob es Möglichkeiten der Förderung gibt. Ein junger Bewohner interessierte sich fürs WLAN, wann das denn endlich laufe. Verwaltungsleiterin Caroline Miller sagte, dass sich die Versorgung der Häuser mit WLAN gerade in der Endphase befinde. Ein Besuch von Helene Fischer und einem Gangsta-Rapper sowie der Bau eines Swimmingpools wurden als weitere Wünsche genannt.

Burgsinner Bahnhof nicht barrierefrei

Christian Gutermuth, dritter Bürgermeister von Burgsinn, nutzte den Besuch Dusels, um die fehlende Barrierefreiheit des Burgsinner Bahnhofs anzusprechen. Wenn die Strecke erneuert wird, könne man den Bahnhof doch gleich barrierefrei umbauen, meinte er. Allerdings würde durch DIN-Normen eine Rampe sehr lange, ob man da nicht eine Ausnahme machen könne?

 
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