Der Gemeinderat bleibt bei seinem Nein zur Nutzungsänderung des ehemaligen Gästehauses auf der Benediktushöhe zwecks Wohnheim für 30 Asylsuchende. Dennoch wurde das Edith-Stein-Haus laut Bürgermeister Stefan Wohlfart am Mittwoch mit den ersten Geflüchteten belegt.
Sieben Tage nachdem der Gemeinderat die Nutzungsänderung am 5. September abgelehnt hatte, teilte die untere Bauaufsichtsbehörde des Landratsamtes Main-Spessart mit, diese sei aus ihrer Sicht zulässig und der Rat habe das gemeindliche Einvernehmen rechtswidrig versagt. Deshalb werde das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen ersetzen, so der Markt Zellingen bis zum 12. Oktober seine Entscheidung nicht korrigiere.
Akuter Bedarf für Unterkünfte
Argumentiert wird von beiden Seiten mit Paragraphen des Baugesetzbuches. Das Edith-Stein-Haus befindet sich im Außenbereich (Paragraph 35 BauGB), was die Nutzung als Wohnheim erst einmal ausschließen würde. Der Gesetzgeber hat für Flüchtlingsunterkünfte aber eine Sonderregelung (Paragraph 246 BauGB) geschaffen. Die Gemeinde Zellingen verweist darauf, dass letzterer nur angewendet werden darf, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können. Gefordert sei eine Rechtfertigung im Einzelfall, entsprechende Nachweise seien mit dem Antrag auf Nutzungsänderung aber nicht erbracht worden.
Die untere Bauaufsichtsbehörde des Landkreises wiederum moniert, dass der Markt Zellingen keine Aussage getroffen hat, an welcher anderen Stelle im Gemeindegebiet 30 Asylsuchende in adäquater Form untergebracht werden können. Zudem verweist es zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auf die aktuelle Situation mit deutlichem Anstieg der Flüchtlingszahlen bei akutem ungedeckten Bedarf an zusätzlichen Unterkünften.
Bürgermeister fühlt sich übergangen
Bürgermeister Stefan Wohlfart sagte dazu im Gemeinderat, er fühle sich aufgrund der Belegung noch vor Ablauf der Frist übergangen. Der Rat tagte am 10. Oktober, die Asylsuchenden trafen schon am nächsten Tag ein, als die Frist noch lief. Nach Rücksprache mit der Anwaltskanzlei, die die Verwaltung berät, sei er nach wie vor davon überzeugt, dass die Rechtsauffassung der Gemeinde zutrifft. Auf Nachfrage von Gemeinderat Stefan Herrmann, wie es nun weiter geht, erklärte der Bürgermeister, dass das Landratsamt das Ersetzen des gemeindlichen Einvernehmens der Gemeinde per Bescheid mitteilen muss. Gegen diesen kann dann Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht werden.
Für die Nutzungsänderung des Edith-Stein-Hauses als Wohnheim für 30 Asylsuchende stimmten die Gemeinderäte Sonja Rupp und Volker Wingenfeld (beide Grüne), die übrigen 14 Räte dagegen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bullmann, MPA