Beim Karlstadter Andreasmarkt trafen diesmal Orient und Okzident, also Morgen- und Abendland, aufeinander. Während der Markt nach dem Heiligen Andreas, einem Apostel Jesus, benannt ist, bekamen die Einwohner muslimischen Glaubens nach über 50 Jahren guten Miteinanders beim Marktsonntag Platz und Zeit, ihre Kultur mit Religion und Genuss darzustellen. Die Bühne und viel Marktplatz gehörte ihnen.
Der Markt selbst war bei herbstlichem Wetter mit kühlen Temperaturen und zeitweise Nieselregen etwas spärlicher bestückt als zuletzt der Oktobermarkt, auch wegen der grassierenden Erkältungswelle. Zu den Ständen in den Straßen kam wieder der Kunst- und Handwerkermarkt im historischen Rathaus.
Auf dem Marktplatz hatten die beiden Moscheen, die Diyanet Ditib Moschee und die Sultan Sülyemant Moschee samt den dahinter stehenden Vereinen, das sind der Türkisch-Islamische Verein und der Bildungs- und Kulturverein Karlstadt, Essensstände aufgebaut. Da gab es zum Beispiel Kuchen und Torten, aber auch warme Getränke und vor Ort zubereitete Speisen wie türkische Knoblauchwurst und Tantuni (Fladenbrotrollen mit Fleischfüllung). Das wurde auch rege genutzt, entweder zum Mitnehmen oder zum Essen an den Bierzelt-Garnituren samt möglichem kulturellem Dialog.
Beide Moscheen präsentierten sich
Auf der Bühne präsentierten sich die beiden Moscheen in rund 90 Minuten. Angefangen mit der Sultan Sülyemant Moschee, die 1983 in der oberen Spitalgasse gegründet wurde und 1996 den bekannten Neubau mit Minarett in der Johann-Schöner-Straße bezog. Der Verein bietet Unterricht im Islam, Hausaufgabenbetreuung auf Deutsch für Kinder und Integrationskurse für Erwachsene an. Der Imam trug Verse aus dem Koran vor, der heiligen Schrift des Islam, im Original vor. Die deutsche Übersetzung vermittelte, dass es neben dem Preisen Allahs, seinen Engeln und Gesandten um Vergebung und Erbarmen ging.
Der aus Lohr und Gemünden stammende Jung-Islam sprach vom interkulturellen Austausch als Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Die rund 80 Interessierten vor der Bühne erfuhren auch, dass im Islam mit mehr Körpereinsatz gebetet wird als im Christentum, bis hin zur symbolisierten Unterwerfung. Und dass ein Gebet keine Gedanken zu weltlichen Problemen stören sollte.
Die Diyanet Ditib Moschee trug ein Gedicht zu Schöpfung und Sündenvergebung sowie eine Zure vor. Höhepunkt des Bühnenprogramms war der Auftritt der Kinderchöre, die islamische Lieder auch in deutscher Sprache sangen. Eine kurze Aufführung thematisierte die unbefleckte Empfängnis Marias – manchmal sind sich Christentum und Islam ganz nahe.