Er ist schon ein echter Tausendsassa, in Partenstein bekannt wie ein bunter Hund: Andreas Staab ist aktiv im Geschichts- und Burgenverein, für den er auch schon mal heißes Eisen schmiedet, bei der Feuerwehr mit Truppführer-Ausbildung, Naturschutzwart des Spessartvereins, er war Wanderreiter, Schützenkönig (2015), Gründungsmitglied der Jungen Union Partenstein/Frammersbach (2003) und Mitglied im Jugendrat (2007). Er trat schon mal beim Derblecken in Erscheinung (2004), mulchte Feldwege im Auftrag der Gemeinde (2012) und fällte den Kirbbaum (2014). Schließlich ist der der 33-Jährige noch Jagdaufseher im Partensteiner Gemeindejagdrevier und überdies noch verheiratet sowie Vater zweier Kinder.
Jetzt will er auch noch Edelbrand-Somelier werden
Gelernt hat er Schlosser, ist seit zwölf Jahren aber bei Rexroth im Lager und im Versand tätig. Doch seit er 2014 ein Brennrecht erworben hat, ist seine Leidenschaft fürs Brennen von Obstbränden und -geisten entbrannt. Seit gut zwei Jahren ist er nun schon staatlich geprüfter und anerkannter Brenner, mittlerweile mit einigen Preisen bedacht. Zuletzt Ende September stand er inmitten der acht Brenner aus dem Landkreis Main-Spessart, die der Fränkische Klein- und Obstbrennerverband für ihre Produkte auszeichnete. Jetzt ist er gar dabei, sich von der Genussakademie Bayern zum Edelbrand-Sommelier weiterzubilden.
Damit noch nicht genug: In diesem Jahr haben Andreas Staab und seine Frau Isabel ihre Brennerei tüchtig umgekrempelt: Den bisher kaum genutzten Gewölbekeller mit den zehn Fässern, in denen Hochprozentiges reift, haben sie stilvoll hergerichtet und den Verkaufsraum davor umgemodelt und repräsentativ aufgemöbelt. Dann wagten sie es, im Juni erstmals zu einem Hoffest in den Torweg einzuladen, musikalisch unterstützt von Mike Solino aus Rothenbuch. Und siehe da: Laut Andreas Staab kamen 600 Besucher. Die Resonanz habe sie bestärkt, zwei Tage vor Weihnachten ein zweites Mal zu einem Weihnachtsfeuer einzuladen, sagt er.
Mit 36 Flaschen Obstbrand fing es an
Das nebenberufliche Geschäft, das vor fünf Jahren mit 36 Flaschen Obstbrand und acht Likörsorten begann, ist rasant gewachsen: Mittlerweile sind sie bei einer Flaschenanzahl "im gut vierstelligen Bereich" angelangt. Die Angebotspalette ist enorm gewachsen: Neben Obstlern und dem preisgekrönten Spessart Dry Gin fabrizieren die beiden nun auch Absinth (eine Kräuterspirituose), Wodka und stolze 40 Likörsorten. "Des is der Fraa ihr's", steckt Andreas Staab die Arbeitsbereiche klar ab. Wobei Liköre – von Apfel über Haselnuss bis Zitrone – den größten Anteil am Umsatz des Familienunternehmens haben, wie er ausführt.
Apropos Umsatz: Etwa 20 Prozent der Produkte vertreiben die Staabs derzeit über ihren Online-Shop. Den großen Rest verkaufen sie ungefähr hälftig in ihrem Hofladen und über den regionalen Einzelhandel. Das Geschäft scheint sich zu lohnen. Zwar beteuert der 33-Jährige: "Wir müssen nicht auf Biegen und Brechen reich werden." Doch macht er nicht den Eindruck, als würde er sich auf den erworbenen Lorbeeren ausruhen wollen – im Gegenteil.
Dank EU-Richtlinien gibt's bald auch Wodka und Whisky
Denn die Europäische Union wirkt sogar bis in das 2800 Einwohner zählende Dorf im Spessart hinein. Die Bundesrepublik Deutschland nämlich musste das hier geltende Brennrecht, das vor genau 100 Jahren erlassen wurde, den EU-Richtlinien anpassen. Ende 2017 ist das Branntweinmonopol ausgelaufen. Dies hat unter anderem zur Folge, dass nun auch den reinen Obstbrennern erlaubt ist, was ihnen bis dahin verboten war: Durften sie bis 2017 nur Obst zu Destillaten oder Alkohol verarbeiten, so sind nunmehr auch Getreide, Kartoffeln oder Bier als Rohstoffe zugelassen.
Auf diese Änderung hat der findige Andreas Staab schnell reagiert: Mitte vergangenen Jahres begann er damit, Weizen aus Lohr (bezogen vom Hühnerhof Dietrich) zu destillieren. Das Ergebnis: Wodka aus dem Spessart. In einigen Jahren wird er schließlich auch noch Whisky auf den Markt bringen. Den Grundstein dafür hat er bereits gelegt: Malzmaische destilliert und in Holzfässer abgefüllt. Dort muss der Alkohol erst einmal ruhen. Frühestens nach drei Jahren nämlich darf man das Destillat erst "Wässerchen des Lebens" nennen, also Whisky. "Hochwertige fangen erst ab sechs, acht Jahre an", erläutert der staatlich geprüfte Brenner.
Ein Fass, in dem zuletzt jamaikanischer Rum lagerte
Staab lässt keine Zweifel aufkommen, dass er von Anfang an auf Qualität setzt. Er hat kräftig investiert und "richtig teure Fässer" für seine Single-Cask-Abfüllungen (aus einem Fass): 700 Euro für ein 220-Liter-Eichenfass, in dem französischer Rotwein gelagert war, oder ein 190-Liter-Fass, in dem erst Bourbon und dann zwölf Jahre lang jamaikanischer Rum reifte. "Das ist das ausgefallenste", freut sich der Partensteiner Brenner. Denn das Fass gibt dem Whisky seine eigene Note mit und das ist wichtig bei der Single-Cask-Abfüllung: Das Produkt eines Fasses ist einzigartig und nicht mehr reproduzierbar. Das Label wird meist handsigniert und die Flaschen werden durchnummeriert.
Mit dem Inhalt des 220-Liter-Fasses, so rechnet Staab, wird er voraussichtlich um die 260 Flaschen à 0,7 Liter füllen können. Denn über die Jahre hinweg muss er den "Angel’s Share" (Anteil für Engel) einkalkulieren. So nennt man den Anteil als Destillat, der bei der Lagerung im Fass verdunstet und für die Abfüllung verloren geht. Nach alter schottischer Sage ist er für die Engel bestimmt – als Entgelt für die Eintrittskarte in den Himmel.
Gleichwohl Staab durchaus auf Irdisches setzt, nämlich: das Partensteiner Wasser. Das Wasser aus dem Tiefbrunnen sei besonders gut für Brenner geeignet, sagt er, "weil es extrem weich und mineralhaltig ist".