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WÜRZBURG/GEMÜNDEN
Branntweinmonopol: Alkoholsubvention wird trockengelegt
Branntweinmonopol: Ende des Jahres ist endgültig Schluss mit einem fast 100 Jahre alten Gesetz. Viele Kleinbrenner werden wohl das Geschäft mit dem Rohalkohol aufgeben, erwartet der Fränkische Brennerverband. Er sieht aber eine Chance – auch für die Streuobstwiesen.
Alkoholsubvention wird trockengelegt       -  _
Daniela Arndt
Daniela Arndt
 |  aktualisiert: 10.07.2017 03:23 Uhr

Alkohol beim Staat abzuliefern, statt Steuergelder zu zahlen und dafür auch noch Fördermittel zu bekommen: Das steckt hinter dem Branntweinmonopol. Seit fast 100 Jahren gibt es das Gesetz in Deutschland, jetzt ist damit endgültig Schluss. Die Förderungen, die die landwirtschaftlichen Brennereien bislang noch erhalten haben, werden zum Jahresende eingestellt.

„Der Unterschied ist, dass man ab 2018 den Geldbeutel aufmachen muss, um die Steuern abzugleichen“, erklärt Hubert Fröhlich, 1. Vorsitzender des Fränkischen Klein- und Obstbrennerverbandes Würzburg. Branntwein herstellen und als Rohstoff verkaufen dürfen die Brenner auch weiterhin. Ab Januar müssen sie ihre Abnehmer dafür dann allerdings selbst suchen.

Fast 80 Millionen Euro jährlich steckte der Staat in das Monopol. Landwirtschaftliche Brennereien, die Rohalkohol aus Kartoffeln oder Getreide gewinnen, mussten ihren Branntwein an die Monopolbehörde abliefern. Im Gegenzug erhielten sie eine Ausgleichszahlung von 150 Euro pro Hektoliter. Der Staat reinigte und veredelte den Rohalkohol in der monopoleigenen Werkshalle in München, von wo aus er dann entweder in der Schnapsflasche, der Pharmaindustrie oder der Essigproduktion landete.

Zwei Drittel des Alkohols waren so über den Staat abzuführen. Den Rest, den „Überbrand“, durften die Brenner selbst vermarkten. Die Subventionen sind 2013 bereits eingestellt worden, bis Ende des Jahres laufen noch weiter Ausgleichszahlungen, insbesondere für kleine Obstbrennereien.

Dann ist Schluss mit dem Monopol. Für die fränkischen Obstbrennereien gibt es ab 2018 dann zwei Möglichkeiten, weiterzumachen: „Man kann auch weiterhin den Rohstoff Branntwein verkaufen, dafür gibt es jetzt Ankäufer, die den Alkohol zum Marktpreis abnehmen“, sagt Fröhlich. Man könne aber auch in die Direktvermarktung gehen, also trinkbaren Schnaps aus dem Branntwein herstellen. Das sei aufwendiger, da man das Produkt selbst an den Kunden bringen müsse. Dafür erzielt der Brenner für veredelten Alkohol, für Brände und Geiste, mehr Gewinn, das rentiere sich also, so der Verbandsvorsitzende.

Für die Brennereien, die weiter den Weg der Rohstofferzeugung gehen wollen, könnte es wirtschaftlich eng werden, befürchtet Fröhlich. Zwar gebe es bekannte Ankäufer. Doch wie sich der Marktpreis entwickelt, sei ungewiss. „Einige denken, dass der Preis sogar steigen könnte, weil der Rohstoff gebraucht wird“, sagt Fröhlich. Vor allem, wenn viele kleine Brennereien ganz aufhören würden, das Angebot also knapp wird. Wenn man den Arbeitsaufwand mit einrechne, lohne sich der Rohstoffverkauf nämlich kaum, sagt der Brenner aus Gemünden. Die Marktpreise seien nicht mit den Subventionen des Monopols vergleichbar.

Der Fränkische Klein- und Obstbrenner-Verband besteht seit 1914. Momentan gibt es in Franken laut Fröhlich etwa 2000 Klein- und Obstbrennereien, „manche davon ruhen jedoch“. Rund 1700 Brennereien seien im Verband, davon beschäftigen sich momentan rund 500 mit dem Thema Direktvermarktung. „Die restlichen Kollegen überlegen noch und wollen die Entwicklung der Marktpreise abwarten“, sagt der Vorsitzende. Er sei aber sicher, dass am Ende viele Kleinbrenner das Handtuch werfen und ein paar große Spezialisten übrig blieben.

Für Neueinsteiger ins Brennereigeschäft biete die neue Regelung im Gegenzug geringere Hürden. „In Unter-, Mittel- und Oberfranken sind die Brennereien sehr ungleichmäßig verteilt, das geht noch zurück auf die Regelungen aus dem 19. Jahrhundert“, sagt Fröhlich. Damals durften nicht überall Brennrechte vergeben werden. Ab dem kommenden Jahr wird das anders sein. Dann werden auf Basis der Steuergleichheit auch alle Regionen gleich behandelt, und es darf überall gebrannt werden. „Außerdem kann dann jeder eine Brenngenehmigung einfach beantragen.“ Bisher musste man eine bereits vorhandene von einem anderen Brenner kaufen, wenn man selbst Alkohol produzieren wollte.

Das ebnet vor allem den Weg für den „neuen Typ von Brenner“, wie Fröhlich es nennt: junge Rentner, die sich für Gärten und Streuobstwiesen interessieren, Spaß am Handwerk haben und von der Arbeit bis zum Genuss alles erleben wollen. Für sie sei die Brennerei ein Hobby, so wie die Jagd für andere. „Das wird deutlich mehr werden“, vermutet der Vorsitzende.

Für ihn eine positive Entwicklung, denn besonders die Streuobstwiesen liegen dem Brenner im Nebenerwerb am Herzen. Und die ließen sich nun mal optimal mit der Obstbrennerei verbinden: „Wenn ich einen Zwetschgenbaum habe, dann mag ich vielleicht vier- oder fünfmal einen Kuchen backen. Wenn dann aber immer noch Hunderte Zwetschgen da hängen, muss eine andere Verwertung her.“ Durch Pflege und Nutzung der Streuobstbestände würden die Obst- und Getreidebrenner einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der vielfältigen Flora und Fauna Frankens leisten, wirbt der Verband.

Fröhlichs Eindruck: In Franken werde wieder mehr Wert auf naturnahe Produkte aus der eigenen Region gelegt. Gerade deshalb sei die Direktvermarktung ein guter Weg, mit der Abschaffung des Monopols umzugehen. „Viele Brenner, die bereits jetzt selbst ihre fertigen Produkte verkaufen, haben sich schon vorher dazu entschlossen, die Steuer mit Geld zu bezahlen“, erklärt er. Für sie ändere sich so also nichts. Betroffen sei die anonyme Rohstoffproduktion. „Was wir brauchen“, sagt Hubert Fröhlich, „ist die Lust an der Vermarktung und Ideen für individuelle Produkte“.

Das Branntweinmonopol

Verbrauchsabgaben auf Branntwein gibt es in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert. Das Branntweinmonopol wurde im Jahr 1919 eingeführt und später von der Bundesrepublik Deutschland als sogenanntes Finanzmonopol beibehalten. Das Monopolgesetz war im April 1922 verkündet worden, um das Brennen zu regulieren.

Letztmals verlängert wurde das Gesetz im Jahr 2010, dann drängte die EU: Im März 2013 schaffte der Bundestag das Branntweinmonopol für die rund 20 000 Klein- und Obstbrennereien mit Wirkung zum 31. Dezember 2017 ab. Die letzten Ausgleichszahlungen laufen also Ende 2017 aus.

Das Branntweinmonopol umfasste das Recht, allen im Inland erzeugten Branntwein einzufordern (Bezugsmonopol), diesen Alkohol reinigen und verkaufen zu dürfen (Reinigungs- und Handelsmonopol) sowie die Herstellung von Alkohol aus besonderen Stoffen wie etwa Holz oder Kalziumkarbid (Herstellungsmonopol). Bis 1976 gehörte auch das Einfuhrmonopol dazu, also das Recht, alleinig Branntwein aus anderen Ländern zu importieren. Dieses wurde durch die Europäische Union aufgehoben.

Investiert wurden vom Staat vor dem Jahr 2013 jährlich insgesamt 80 Millionen Euro für das Monopol. dar

Alkoholsubvention wird trockengelegt       -  Das Branntweinmonopol ist endgültig Geschichte: Viele Kleinbrenner müssen sich jetzt überlegen, ob sie künftig aus Branntwein veredelten Schnaps machen.S: DPA
Foto: Foto | Das Branntweinmonopol ist endgültig Geschichte: Viele Kleinbrenner müssen sich jetzt überlegen, ob sie künftig aus Branntwein veredelten Schnaps machen.S: DPA
 
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