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Würzburg
Amtsgericht: Ein junges Ehepaar hat für zwei fiktive Gewerbebetriebe zu Unrecht Coronahilfen erhalten
Mehr als 30.000 Euro hat ein Ehepaar aus dem Landkreis Main-Spessart mit diesem Trick erhalten. Die Staatsanwältin kritisierte die "erhöhte kriminelle Energie" des Paares.
Der Angeklagte hatte private Schulden, die er mit den Corona-Geldern abbezahlte.
Foto: Robert Michael (Symbolbild) | Der Angeklagte hatte private Schulden, die er mit den Corona-Geldern abbezahlte.
Christian Ammon
 |  aktualisiert: 16.12.2024 02:30 Uhr

Ein junges Ehepaar dem Landkreis Main-Spessart hat sich zu Unrecht als Opfer der Corona-Beschränkungen ausgegeben und für zwei nicht existierende Gewerbebetriebe staatliche Unterstützungsgelder kassiert. Das Würzburger Amtsgericht hat nun das Paar zu einer Haft- und einer Geldstrafe verurteilt. Eine Anzeige mit anschließender Durchsuchung der Wohnungen hatte den Betrug auffliegen lassen. Beide gestanden vollumfänglich ihre Vergehen ein. Peinlich an dem Betrugsversuch ist jedoch, dass der 28-Jährige ausgerechnet im Bereich der Buchhaltung arbeitet und seine Frau in einer Rechtskanzlei.

Den Anlass für die krummen Geschäfte des jungen Paares, das inzwischen getrennt lebt, bildeten offensichtlich private Schulden des Mannes. Er habe zum damaligen Zeitpunkt unter einer Kokainabhängigkeit und Glücksspielsucht gelitten, berichtete er: "Ich war urplötzlich tief in der Sucht drin gewesen." Er habe damals seinen "gesunden Menschenverstand" komplett verloren. Die ausgezahlten Staatsgelder seien für ihn lediglich ein "durchlaufender Posten" gewesen. Sie wurden automatisiert von seinem Konto abgebucht, um damit die Schulden abzudecken.

Staatsanwältin spricht von "besonderer Dreistigkeit"

Seine Probleme scheint er inzwischen wieder im Griff zu haben. Ausgiebige Therapien, ein stationärer Aufenthalt in der Türkei und die Stütze durch seine Familie hätten ihn wieder stabilisiert, erzählte er. Er arbeite nun festangestellt als Software-Berater im Steuerbereich. "Ich bin auf einem so guten Weg, wie ich in den letzten zwei Jahren nie war", versicherte er dem Gericht. Der von ihm 2020 gewählte Ausweg aus seinen privaten Schulden waren trotz echter Reue und guter Sozialprognose jedoch keineswegs harmlos. Die Staatsanwältin sprach von "besonderer Dreistigkeit und erhöhter krimineller Energie", die der Mann mit seinen Betrugsversuchen gezeigt habe.

Der 28-Jährige hatte in den Coronajahren gleich in zehn Fällen Staatshilfen für ein Buchführungsbüro beantragt, das er nie betrieben hatte. Die Gewerbeanmeldung war erst im April 2020 erfolgt. Dennoch reklamierte er für seinen Betrieb eine durch Corona verursachte existenzbedrohende Lage. Falsch waren auch die Angaben für eine Neustarthilfe für das Kosmetikbüro seiner damaligen Frau, die er sich direkt auf sein eigenes Konto auszahlen ließ. In drei Fällen verwendete er zudem ohne dessen Kenntnis die persönlichen Daten des Betreibers eines Freibadkiosks, um Geld aus den sogenannten November- und Dezemberhilfen 2020 sowie eine Überbrückungshilfe zu erhalten. Insgesamt erhielt er 32.000 Euro zu Unrecht ausbezahlt.

Geld für private Schulden verwendet

Auch die 27-jährige Ehefrau war an dem Betrugsversuch beteiligt, allerdings in wesentlich geringerem Umfang. Sie stellte zwei Anträge auf Coronahilfen für ein Kosmetikstudio, das es gar nicht gab. Dennoch gab sie einen Liquiditätsengpass und eine existenzbedrohende Wirtschaftslage vor. Der erste Antrag in Höhe von 9000 Euro wurde noch abgelehnt. Der zweite war jedoch erfolgreich, sodass ihr 4800 Euro ausgezahlt wurden, die sie ebenfalls für private Schulden verwendete. Dabei hätte es die junge Frau besser wissen müssen: Sie arbeitet als Rechtsfachangestellte in einer Kanzlei. Vorsitzender Richter Christian Eisert sah jedoch ebenso wenig wie die Staatsanwältin eine Möglichkeit, der Bitte ihres Verteidigers zu folge und "beide Augen zuzumachen".

Das Urteil blieb dennoch im unteren Bereich. Die Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für den 28-Jährigen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 2000 Euro. Die 27-Jährige erhielt eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu 15 Euro. Die Straftat taucht damit nicht im Führungszeugnis auf. Sie wird jedoch ins Bundeszentralregister eingetragen. Die junge Frau gilt damit als vorbestraft. Das Urteil ist rechtskräftig.

 
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