
Der pensionierte Lehrer Erwin Schneider kann vom Lehren ein Lied singen. Seit mittlerweile 50 Jahren ist der 70-jährige Dirigent des Männerchors in Langenprozelten. Als Abiturient hat er dort angefangen zu singen. Es gibt kein Mindestalter für den Beitritt, nur der Stimmbruch müsse überstanden sein, erzählt er lachend. Auch wenn er seit 2020 im Ruhestand ist, trifft er sich immer noch jeden Dienstagabend pünktlich um 19.30 Uhr in dem vom Verein errichteten Sängerheim im Langenprozeltener Sandweg.
Nach und nach finden sich die Sänger vor Ort ein, Pünktlichkeit wird in der Gruppe groß geschrieben. Wenn die Uhr halb acht schlägt, finden sich alle auf ihren Plätzen ein. Diese sind eingeteilt in Bass und Tenor. Schneider erzählt, dass neue Mitglieder gerne jederzeit zum Schnuppern vorbeikommen dürfen. "Keiner muss vorsingen, um in der Gruppe aufgenommen zu werden. Wir setzen neue Mitglieder neben erfahrene Sänger und lassen sie sich ein paar Wochen ausprobieren. Dann stellt sich heraus, ob sie ein Bass oder Tenor sind. Und erfahrene Sänger, die zu uns kommen, wissen ja schon wo sie hingehören", so Dirigent Schneider.

Der Männerchor wird zusammen alt
Erwin Schneider erzählt, das jüngste Mitglied der Gruppe sei Mitte 40. Er verstehe nicht, wieso keine neuen jungen Mitglieder nachkämen. "Wer singt, lebt länger. Das ist wissenschaftlich bewiesen", merkt er an. Doch nicht nur das Singen sei ein Grund, dem Chor beizutreten. Laut Schneiders Aussage spiele auch die Geselligkeit eine große Rolle. Während der Corona-Pandemie blieben die Sänger miteinander in Kontakt, indem sie sich gegenseitig Briefe schrieben. Eingefädelt wurde das ganze vom Dirigent.
Seit Ende 2023 ist es der Gruppe wieder möglich, einmal wöchentlich im Sängerheim gemeinsam zu proben. Im Nebenraum stehen reichlich Getränke zur Verfügung, denn es sei "wichtig, beim Singen genug zu trinken", so Schneider. Nach der Probe gibt es manchmal auch Häppchen. Die Gelegenheit, nach dem Ende der Probe noch länger zu bleiben und sich zu unterhalten, wird gerne genutzt.
Die Langenprozeltener waren "noch niemals in New York"
"Es ist wichtig, mit einem Ziel in jede Probe zu gehen", erzählt der Dirigent. "Jeden Montagabend schreibe ich den Sängern eine Nachricht auf WhatsApp, in der ich den Ablauf für die anstehende Probe bekannt gebe. Das schätzen sie sehr." Doch bevor die zu probenden Lieder geübt werden können, beginnt jedes Treffen mit einer ungefähr zehnminütigen Runde zum Aufwärmen. Er steht vor der Gruppe und macht Übungen zur Lockerung und zur Stimmbildung vor. Es werden Atmung und die Artikulation von Vokalen und Konsonanten trainiert. Bei der Übung, bei der der Konsonant "ta" wiederholt wird, ermahnt Schneider mit einem Augenzwinkern: "Kein fränkisches 't'".
Der nächste Tagesordnungspunkt ist das Lied "Happy Birthday". Das kennen die Sänger schon und heute wird das Gelernte wiederholt. Der Dirigent lässt sowohl die Bässe als auch die Tenöre gruppenweise singen, bis es perfekt klingt und jeder sich an das richtige Tempo hält. Nach einer Interpretation von "Conquest of Paradise" geht es an ein Lieblingsstück der Sänger. "Wir singen viel Udo Jürgens", erzählt Schneider. Stück für Stück wird "Ich war noch niemals in New York" geübt, wenn es sein muss, werden Stellen auch mehrmals wiederholt. Irgendwann klingt das Ganze dann stimmig, und um Punkt 20.15 Uhr wird eine Lüftungspause eingelegt. Während der Pandemie hat die Gruppe damit angefangen und das Ritual beibehalten.

Vom Singen für den guten Zweck bis zu Iwan Rebroff
Alle zwei Jahre veranstaltet der Verein in der Weihnachtszeit ein geistliches Konzert, durch die schon viele Spenden gesammelt werden konnten. "Es müssten über die Jahre um die 40.000 Euro zusammengekommen sein", erzählt Schneider stolz. Ein besonderes Highlight der Chorgeschichte war im Januar 1991, als in der Langenprozeltener Pfarrkirche St. Wendelin der bekannte Bass Iwan Rebroff die Sänger für ein Konzert unterstützte. "Er rief mich kurz vor Beginn des Konzerts an und fragte, was wir überhaupt singen würden", schmunzelt Schneider. "Sein Auftritt war aber toll. Im Anschluss sind wir dann alle zusammen ins Sängerheim gegangen".
Zurzeit probt der Männerchor für den 16. März, wo der Ehrungstag des Maintalsängerbundes in der Alten Turnhalle in Lohr stattfindet. Bis es so weit ist, werden noch einige spannende Proben stattfinden. Die Sänger sind sich einig: Es wäre eine Schande, würde der Chor zugrunde gehen, weil keine jüngeren Sänger nachkommen. Sie freuen sich über jegliche Unterstützung für ihre Konzerte dieses Jahr und alles, was danach kommt.