
Die Eheleute Christa und Eugen Feser aus Wernfeld haben den Tod des Fußballidols Uwe Seeler mit großer Bestürzung aufgenommen. Ihr Eugen habe Tränen vergossen, sagt Christa Feser. Der Grund für die große Trauer war ein Besuch bei Uwe Seeler vor 54 Jahren in Hamburg. "Wir haben ihn seitdem sehr verehrt", sagt die 79-Jährige. Irgendwo müsse es auch ein gemeinsames Bild mit Seeler geben. Sie hätten auch extra das Haus auf den Kopf gestellt, aber einstweilen ist es verschwunden. Das einzige, was sie von dem Treffen mit Seeler vorweisen können, ist ein an den kleinen Schnürsenkeln zusammengebundenes Paar Miniatur-Fußballschuhe. Unten, kaum mehr zu entziffern, steht auf dem einen "Freundlichst Uwe Seeler", auf dem anderen das Datum "3.3.68" sowie etwas Unleserliches.
Der Grund, warum die Fesers bei Uwe Seeler zu Hause Kaffee und Kuchen bekommen haben, war ein Gewinnspiel im "Kicker". Als Postbote hatte Eugen Feser, sagen wir mal so, guten Zugang zu der Fußballzeitschrift. Darin wurde dazu aufgerufen, Seeler außergewöhnliche Fragen zu stellen. Eugen Feser wollte Folgendes wissen: "Welche Gefühle haben Sie, wenn das Publikum 'Uwe, Uwe' ruft, spornt Sie das an?" Die Frage gefiel den Kickers-Redakteuren offenbar so gut, dass die Fesers den ersten Preis gewannen: eine Reise nach Hamburg, inklusive Treffen mit Uwe Seeler und Besuch eines Fußballspiels des HSV gegen die Bayern.
Im Schlafwagen fuhr das Ehepaar am 2. März 1968 nach Hamburg. Um ihre beiden kleinen Kinder, damals drei und vier, kümmerten sich Christas Eltern. "Die waren nicht so begeistert", erinnert sie sich. Aber wohl oder übel mussten sie auf die Kinder aufpassen. Am Bahnhof in Hamburg wurden die Wernfelder von zwei Kicker-Leuten abgeholt. Während Eugen bei einer Stadtrundfahrt mitmachte, ließ Christa erst einmal ihre von der Nacht etwas in Mitleidenschaft gezogenen Haare richten, erzählen sie.
Hamburg-Besuch macht die Fesers zu HSV-Fans
Und nachmittags ging es für das Bundesligaduell HSV gegen Bayern München ins Volksparkstadion – der erste und einzige Besuch in einem Fußballstadion für die beiden, und noch dazu gleich auf der Ehrentribüne. Hamburg gewann damals 2:1 gegen die Beckenbauer-Elf, Uwe Seeler erzielte sein 11. Saisontor. Die Atmosphäre machte einen tiefen Eindruck auf sie. Das Heimpublikum habe damals schon gesungen: "Zieht den Bayern die Lederhose aus." Seither waren sie HSV-Fans, was sie auch an ihren Sohn weitergaben, der später häufig zu Spielen nach Hamburg fuhr. Abends wurden sie von zwei Kicker-Leuten durch die Herbertstraße gezogen, die zur Prostitution genutzt wird, und wo weibliche Besucher ungern gesehen werden. Von den Frauen habe es Buhrufe gegeben, als sie sie gesehen hätten, erinnert sich Christa Feser.
Am Sonntagmorgen ging es auf den Fischmarkt, wo sie einen Strauß Nelken für Seelers Frau Ilka kauften. "Ich weiß noch genau, was ich bei der Hafenrundfahrt anhatte: einen dunkelblauen Mantel mit Nerzkrägele und eine Pelzmütze", entsinnt sich Christa Feser. Zu Kaffee und Kuchen schauten sie dann bei den Seelers vorbei. Zu ihrer Enttäuschung war aber nur Uwe da und nicht seine Frau. Das Haus in Norderstedt hatten die Seelers 1959 bezogen. "Das war ein ganz natürlicher Mann", erinnert sich Eugen Feser. Auf seine Frage habe Seeler geantwortet, dass die "Uwe, Uwe"-Rufe ihn freuten und anspornten. Da Seeler Generalvertreter für Adidas war und Christas Eltern in Wernfeld ein Schuhgeschäft führten, tauschten sie sich auch über Schuhe aus. Am Montagfrüh ging es wieder zurück nach Wernfeld.
Seither verfolgten sie die Berichterstattung über Uwe Seeler sehr genau. Der Ausflug nach Hamburg machte sie außerdem nicht nur zu Seeler- und HSV-Fans, sondern auch zu Fans von Nord- und Ostsee. Mehrmals machten sie seither Urlaub im Norden und kamen auch zurück nach Hamburg. Beim letzten Mal im Jahr 2014 war der Abstecher nach Hamburg aber ein Versehen, erzählen sie. Eigentlich wollten sie nach Büsum, aber weil sie die Abfahrt verpassten, fuhren sie – man stelle sich vor! – plötzlich mitten durch Hamburg. Irgendwann standen sie plötzlich vor der Speicherstadt und fuhren auch an der Herbertstraße vorbei.
Zwei Jugendlieben: Die Seelers und die Fesers
Mit den beiden Kindern bei den Schwiegereltern lief es damals so mäßig gut, erzählen die Fesers. Am Samstagabend hätten die vor dem Fernseher gesessen, weil sie gehofft haben, Mama und Papa dort zu sehen. Dabei habe sich die Tochter ein Legosteinchen in die Nase gesteckt und nicht wieder herausbekommen. Von ihrem Opa habe sie obendrein noch eine Ohrfeige bekommen, weil sie beim Versuch, es wieder herauszubekommen, nicht still gehalten habe.
Dass sie Ilka Seeler nicht getroffen haben, fanden Christa und Eugen Feser auch deshalb schade, weil Ilka die Jugendliebe Uwe Seelers war. Bei den Fesers sei es auch so gewesen, sie waren Nachbarskinder und kamen zusammen, als sie erst 15 war.