"So langsam bekomme ich Boden unter den Füßen", sagt Eußenheims neuer Bürgermeister Achim Höfling. "In den ersten zwei Monaten war es doch eine enorme Umstellung." Nach einigen Jahren als Lehrer in China kehrte Höfling im Juli 2019 nach Deutschland zurück, wurde unerwarteter Bürgermeisterkandidat der Freien Wähler und im März zum neuen Ortsoberhaupt gewählt. Seit Mai ist er im Amt.
"Vom Lehrer zum Bürgermeister zu werden, ist eine größere Umstellung, als von Deutschland nach China zu ziehen", hat er festgestellt. Denn auch wenn in Asien vieles neu war, beruflich wusste Höfling, was zu tun war: Unterricht vorbereiten, unterrichten, Schüler kennenlernen, unterstützen und benoten. Als Bürgermeister aber komme eine kaum überschaubare Fülle an völlig neuen Themen und Aufgaben auf ihn zu.
Kurse, Bücher und Rat vom Vorgänger
Normalerweise erhalten frisch ins Amt gewählte Bürgermeister einen dreitägigen Crashkurs, veranstaltet vom Bayerischen Gemeindetag, in denen Verwaltungsexperten Einblick in verschiedene Sachgebiete geben. "In der Regel findet dieses Seminar zwischen Wahl und Amtsantritt statt", sagt Höfling. Wegen Corona war das in diesem Jahr nicht möglich. Höfling wird den Kurs von 14. bis 16. Juli in Bad Windsheim besuchen.
Gut möglich, dass dann viele Themen angesprochen werden, in die sich Höfling schon eingelesen hat. "Ich habe mir Bücher zu Kommunalrecht und Haushaltsführung besorgt, mich mit Rechnungsprüfung und Baurecht befasst, die Gemeindeordnung gelesen." Der Bürgermeister ist fleißig. Schon vor der Amtsübernahme traf er sich mehrfach mit seinem Vorgänger Dieter Schneider. Auch in den ersten Wochen nach der Vereidigung zum Bürgermeister holte sich Höfling Rat von Schneider ein. "Er hatte als Vorsitzender des Wasserzweckverbands und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags noch im Rathaus zu tun. Da habe ich viel mit ihm gesprochen."
Kollegen in der Verwaltung und anderen Gemeinden
Im Rathaus sind Geschäftsstellenleiter Sebastian Heun, Chefsekretärin Anna-Lena Raub und die langjährige Kämmerin Petra Möhres seine ersten Ansprechpartner. "Sie kennen sich aus und sind mir eine große Hilfe." Mit allen Verwaltungsmitarbeitern ist Höfling per Du. "Wir sind hier auf dem Dorf, wir kennen uns", sagt der Bürgermeister. Dass er der Chef des Ganzen ist, ist neu für ihn.
"Als ich draußen vor dem Bauhof geparkt habe, sagte der Leiter zu mir, ich dürfe gern auf den Hof fahren, ich sei ja der Chef", erzählt Höfling mit einem Schmunzeln. Bei Treffen der Integrierten Ländlichen Entwicklung oder des Mittelschulverbunds trifft Achim Höfling auf andere Rathaus-Chefs. "Arnsteins Bürgermeister Franz Josef Sauer ist sicher der Amtskollege, mit dem ich mich am meisten austausche." Glasfaserausbau, Forst, Jugendarbeit – das seien Themen, bei denen Eußenheim mit der Nachbarstadt kooperieren könne.
Viele Teller, viele Themen
So langsam arbeitet Höfling sich ein. Das wichtige Thema des Schulneubaus in Aschfeld geht voran, die Pläne zur Umgestaltung der früheren Gaststätte "Zur Linde" in Eußenheim liegen wegen der durch Corona angespannten Finanzlage erstmal auf Eis. Doch ein Bürgermeister hat sich nicht nur mit Großaufgaben zu fassen. "Die Fülle verschiedener Anfragen und Themen, die auf einen einprasseln, ist gewaltig", so Höfling.
"Ich komme mir vor wie einer dieser Zirkusartisten, die eine Vielzahl von Tellern jonglieren. Und ständig kommen neue hinzu", sagt der Bürgermeister. Manche Aufgaben müssen zügig erledigt werden, manche lassen sich delegieren oder zurückstellen, manche haben einen größeren Zeitrahmen. "Aber ich darf keinen Teller und kein Thema aus dem Blick lassen." Kleine Dinge zu regeln, beispielsweise die Erneuerung des Zauns um den Feuerwehrteich, sind Amtsaufgaben, die "mit der Zeit sicher zur Routine werden". Entscheidungen über Geldbeträge bis 12 500 Euro darf der Bürgermeister ohne Rücksprache mit dem Gemeinderat treffen.
Demnächst steht eine Premiere an, vor der Achim Höfling Respekt hat. "Diese Woche habe ich im Landratsamt einen Kurs für neu bestellte Standesbeamte und am nächsten Tag führe ich meine erste Trauung durch", erzählt er. "Wahrscheinlich werde ich nicht weniger nervös sein als das Brautpaar." Wenn dabei ein Teller runterfällt, wird's zu verkraften sein: Scherben bringen Glück.