Es war durchaus ein Tag für Leute, die spontane Entschlüsse lieben, Zeit und Geduld haben, mit Frustrationen umgehen können, aber auch die hautenge Nähe zu ihren Mitmenschen lieben. Der Auftakt zum Pfingstwochenende machte am Samstagmorgen zusammen mit der Einführung des 9-Euro-Tickets im Bahn- und Busverkehr auch den Karlstadter Bahnhof zum touristischen Hotspot.
Da kam beispielsweise ein Ehepaar aus Werneck mit dem Auto angereist, um dann von Karlstadt aus mit dem Regionalexpress nach Frankfurt weiter zufahren. Es war ein spontaner Entschluss und Karlstadt bot sich schon wegen der günstigen Parksituation am Bahnhof an. In Frankfurt, so hatte sich das Paar vorgenommen, wollte man bummeln, shoppen und vielleicht auch mal im Zoo vorbeischauen.
Absolut spontan waren auch die vier jungen Leute, die ja eigentlich eine halbe Stunde später ebenfalls nach Frankfurt wollten, aber dann doch von den arg beengten Verhältnissen in den Waggons abgeschreckt wurden. Kurzerhand nahm die Gruppe einfach den Gegenzug nach Bamberg: "Mal schauen, was der Tag so bringt".
Nur in der ersten Klasse waren noch Plätze frei
Geduld musste man in der Tat mitbringen und die Freude an der Enge einer Sardinenbüchse. Das musste eine Schar junger Männer aus Karlburg erfahren. Mit zwei Bierkästen ausgerüstet wollten sie die Bergkirchweih in Erlangen besuchen. Die Stimmung war bestens – jedenfalls so lange, bis der Zug nach einer zwanzigminütigen Verspätung einfuhr. Doch der war so voll, dass die Fahrgäste bereits dicht gedrängt im Eingangsbereich stehen mussten.
Für das fidele Dutzend und seine beiden Bierkästen war beim besten Willen kein Platz mehr. Also warten und auf den nächsten Zug hoffen. Die Stimmung war jetzt durchaus etwas gedämpft. Zusätzlicher Unmut kam auf, als man bemerkte, dass oben im zweigeschossigen Waggon nur wenige Plätze belegt waren. Doch diese waren offensichtlich für die erste Klasse reserviert.
Ein Trio junger Männer hatte Fußball im Sinn: Es sollte nach Bayreuth gehen, weil dort Freunde an einem Relegationsspiel zum Aufstieg in die Dritte Liga teilgenommen haben.
Zugfahrt nach Würzburg ist günstiger als das Parkticket
Mehrere Personen auf dem Karlstadter Bahnsteig wollten jedoch nicht so weit. Ein Seniorenpaar plante eine kleine Einkaufstour in Würzburg. Angesichts der dort hohen Parkkosten und der wenigen Stellplätze war das 9-Euro-Ticket ein echtes Angebot. Auch eine kleine Gruppe von Teenagern nahm die Gelegenheit für einen Trip in die Mainmetropole wahr.
Wesentlich lockerer nahm eine Gruppe von Gössenheimern in Dirndl und Lederhosen die Situation an. Auch ihr Ziel war die Erlanger Bergkirchweih. Für neun Euro pro Person nahmen die fünf in Feierlaune schon einmal die Wartezeit, das einmalige Umsteigen und die Enge in Kauf. Am Abend jedenfalls sollte es dann wieder heim nach Gössenheim gehen. Letztendlich fand die kleine Gruppe noch Platz im Zug.
In Würzburg durfte niemand mehr zusteigen – der Zug war zu schwer
Einen Tag später erzählen die Kirchweihreisenden aus Gössenheim auf Nachfrage der Redaktion von ihren Erlebnissen: "Es war das totale Chaos", sagte eine Teilnehmerin. Im Gegensatz zu den Karlburger Jungs konnte ihre Gruppe zumindest dichtgedrängt bis Würzburg einen Stehplatz ergattern.
Dort wollten noch mehr Leute einsteigen. Daraufhin wurde keiner mehr zugelassen. Nicht nur wegen der Menge, der Zug war einfach zu schwer für das zulässige Gesamtgewicht. In Bamberg dann dasselbe Spiel, alle Fahrgäste wurden aufgefordert, den Zug zu verlassen und Ersatzfahrzeuge zu benutzen – was aber kaum einer befolgte.
Auch die Rückfahrt am späten Abend war nicht viel besser, in der Hitze, bei unzureichender Klimatisierung musste eine Person wegen einer Panikattacke versorgt werden. "Das war's für mich erstmal mit dem 9-Euro-Ticket", so das Fazit der Gössenheimerin. Aber wenigstens war die Zeit bei der Bergkirchweih in Erlangen so richtig schön.
Ob das Ticket nach dem Start mit Hindernissen doch noch zum Erfolg wird, muss die kommende Zeit weisen. Diesmal kamen schließlich der Ferienbeginn, das lange Wochenende und die Neugier zusammen. Bis zum Ende des Sommers wird sich wohl die Situation entspannen und die Bahn könnte auch ihr Platzangebot erweitern.
In 2km Entfernung in Waigolshausen ist auch ein Bahnhof. Da fahre ich mit der RB nach Wzbg.
Dort steige ich dann in den RE der über Karlstadt nach Frankfurt fährt. Ich bin mir 100% sicher das ich dann Wzbg für diesen Zug noch ein vernünftigen Platz bekomme.
Verstehe nicht was manche Menschen für Gedankengänge haben.
Dort gibt es genug (gutes und gekühltes) Bier zu kaufen.....
ist vielleicht nicht so billig wie im Supermarkt . Dafür ist es dort sehr schön, man trifft andere Menschen und hat eine schöne Zeit. Können das mache nur noch im Alkoholrausch genießen?
Ob
Es gibt eine 1. und eine 2. Klasse ..die 1. kostet mehr und wer den Aufpreis zahlt darf dann auch in der 1.Klasse fahren..ist wie im Flugzeug da muss sich der Fluggast auch in die Klasse setzen die er bezahlt hat..
Ebenso habe ich wenig Mitleid mit Senioren die Wochentags zuhause sind und dann Samstags zum shoppen nach Würzburg wollen..ja jeder soll selbst entscheiden wann er fährt.. aber sich dann bitte nicht über rappelvolle Züge beschweren..
Dann hoffen wir Berufspendler doch mal daß möglichst viele bald die Lust am Billigticket verlieren ..
Als Stammkunde der Bahn und Berufspendler kann ich nur hoffen, dass sich diese chaotischen Zustände herumsprechen, die Leute abgeschreckt werden und sich die Situation dadurch schnell entspannt.
Auf eine Erweiterung des Platzangebots durch die Bahn werden wir dagegen vergeblich warten, dessen bin ich mir heute schon sicher. Bereits seit Monaten fährt die Bahn im Regionalverkehr mit reduziertem Platzangebot und lässt sogar ganze Züge ausfallen. Offenbar kommt man mit der Reparatur der Zuggarnituren nicht hinterher. Dazu kommt die Sanierung der ICE-Strecke Würzburg-Fulda, weswegen in den kommenden Monaten vermehrt ICEs auf die alte Strecke umgeleitet werden. In einem anderen Main-Post-Artikel vom 2.6.2022 wird darüber berichtet. Die Folge: Etliche Regionalzüge zwischen Karlstadt und Würzburg werden in der Zeit ersatzlos gestrichen.