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Karlstadt
9-Euro-Ticket und Pfingstwochenende: Am Karlstadter Bahnhof war am Samstag die Hölle los
Verspätungen, überfüllte Züge, Panikattacken wegen der Enge und Hitze im Wagon – zum Start des 9-Euro-Tickets machten Reisende am Karlstadter Bahnhof nicht nur positive Erfahrungen.
Eine Fahrt in vollen Zügen, selbst Stehplätze im Zwischengang waren in der Regionalbahn ab Karlstadt belegt.
Foto: Günter Roth | Eine Fahrt in vollen Zügen, selbst Stehplätze im Zwischengang waren in der Regionalbahn ab Karlstadt belegt.
Günter Roth
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:10 Uhr

Es war durchaus ein Tag für Leute, die spontane Entschlüsse lieben, Zeit und Geduld haben, mit Frustrationen umgehen können, aber auch die hautenge Nähe zu ihren Mitmenschen lieben. Der Auftakt zum Pfingstwochenende machte am Samstagmorgen zusammen mit der Einführung des 9-Euro-Tickets im Bahn- und Busverkehr auch den Karlstadter Bahnhof zum touristischen Hotspot.

Da kam beispielsweise ein Ehepaar aus Werneck mit dem Auto angereist, um dann von Karlstadt aus mit dem Regionalexpress nach Frankfurt weiter zufahren. Es war ein spontaner Entschluss und Karlstadt bot sich schon wegen der günstigen Parksituation am Bahnhof an. In Frankfurt, so hatte sich das Paar vorgenommen, wollte man bummeln, shoppen und vielleicht auch mal im Zoo vorbeischauen.

Absolut spontan waren auch die vier jungen Leute, die ja eigentlich eine halbe Stunde später ebenfalls nach Frankfurt wollten, aber dann doch von den arg beengten Verhältnissen in den Waggons abgeschreckt wurden. Kurzerhand nahm die Gruppe einfach den Gegenzug nach Bamberg: "Mal schauen, was der Tag so bringt".

Spontaneität war auf dem Karlstadter Bahnohf gefragt. Weil diese jungen Leute keinen Platz mehr im Zug nach Frankfurt gefunden hatten, wechselten sie kurzerhand das Ziel in Richtung Bamberg.
Foto: Günter Roth | Spontaneität war auf dem Karlstadter Bahnohf gefragt. Weil diese jungen Leute keinen Platz mehr im Zug nach Frankfurt gefunden hatten, wechselten sie kurzerhand das Ziel in Richtung Bamberg.

Nur in der ersten Klasse waren noch Plätze frei

Geduld musste man in der Tat mitbringen und die Freude an der Enge einer Sardinenbüchse. Das musste eine Schar junger Männer aus Karlburg erfahren. Mit zwei Bierkästen ausgerüstet wollten sie die Bergkirchweih in Erlangen besuchen. Die Stimmung war bestens – jedenfalls so lange, bis der Zug nach einer zwanzigminütigen Verspätung einfuhr. Doch der war so voll, dass die Fahrgäste bereits dicht gedrängt im Eingangsbereich stehen mussten.

Für das fidele Dutzend und seine beiden Bierkästen war beim besten Willen kein Platz mehr. Also warten und auf den nächsten Zug hoffen. Die Stimmung war jetzt durchaus etwas gedämpft. Zusätzlicher Unmut kam auf, als man bemerkte, dass oben im zweigeschossigen Waggon nur wenige Plätze belegt waren. Doch diese waren offensichtlich für die erste Klasse reserviert.

Ein Trio junger Männer hatte Fußball im Sinn: Es sollte nach Bayreuth gehen, weil dort Freunde an einem Relegationsspiel zum Aufstieg in die Dritte Liga teilgenommen haben.

Zugfahrt nach Würzburg ist günstiger als das Parkticket

Mehrere Personen auf dem Karlstadter Bahnsteig wollten jedoch nicht so weit. Ein Seniorenpaar plante eine kleine Einkaufstour in Würzburg. Angesichts der dort hohen Parkkosten und der wenigen Stellplätze war das 9-Euro-Ticket ein echtes Angebot. Auch eine kleine Gruppe von Teenagern nahm die Gelegenheit für einen Trip in die Mainmetropole wahr.

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Wesentlich lockerer nahm eine Gruppe von Gössenheimern in Dirndl und Lederhosen die Situation an. Auch ihr Ziel war die Erlanger Bergkirchweih. Für neun Euro pro Person nahmen die fünf in Feierlaune schon einmal die Wartezeit, das einmalige Umsteigen und die Enge in Kauf. Am Abend jedenfalls sollte es dann wieder heim nach Gössenheim gehen. Letztendlich fand die kleine Gruppe noch Platz im Zug.

In Würzburg durfte niemand mehr zusteigen – der Zug war zu schwer

Einen Tag später erzählen die Kirchweihreisenden aus Gössenheim auf Nachfrage der Redaktion von ihren Erlebnissen: "Es war das totale Chaos", sagte eine Teilnehmerin. Im Gegensatz zu den Karlburger Jungs konnte ihre Gruppe zumindest dichtgedrängt bis Würzburg einen Stehplatz ergattern.

Dort wollten noch mehr Leute einsteigen. Daraufhin wurde keiner mehr zugelassen. Nicht nur wegen der Menge, der Zug war einfach zu schwer für das zulässige Gesamtgewicht. In Bamberg dann dasselbe Spiel, alle Fahrgäste wurden aufgefordert, den Zug zu verlassen und Ersatzfahrzeuge zu benutzen – was aber kaum einer befolgte.

Im Regionalexpress ist kaum noch Platz. Eine Fahrt in vollen Zügen.
Foto: Günter Roth | Im Regionalexpress ist kaum noch Platz. Eine Fahrt in vollen Zügen.

Auch die Rückfahrt am späten Abend war nicht viel besser, in der Hitze, bei unzureichender Klimatisierung musste eine Person wegen einer Panikattacke versorgt werden. "Das war's für mich erstmal mit dem 9-Euro-Ticket", so das Fazit der Gössenheimerin. Aber wenigstens war die Zeit bei der Bergkirchweih in Erlangen so richtig schön.

Ob das Ticket nach dem Start mit Hindernissen doch noch zum Erfolg wird, muss die kommende Zeit weisen. Diesmal kamen schließlich der Ferienbeginn, das lange Wochenende und die Neugier zusammen. Bis zum Ende des Sommers wird sich wohl die Situation entspannen und die Bahn könnte auch ihr Platzangebot erweitern.

 
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  • A. F.
    Warum fährt man mit dem Auto von Werneck nach Karlstadt ???
    In 2km Entfernung in Waigolshausen ist auch ein Bahnhof. Da fahre ich mit der RB nach Wzbg.
    Dort steige ich dann in den RE der über Karlstadt nach Frankfurt fährt. Ich bin mir 100% sicher das ich dann Wzbg für diesen Zug noch ein vernünftigen Platz bekomme.
    Verstehe nicht was manche Menschen für Gedankengänge haben.
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  • U. S.
    🤔 wir sind am Pfingstsonntag um halb fünf zu fünft aufs Weindorf nach Würzburg gefahren, um halb elf wieder zurück. Beide Male für uns alle einen Sitzplatz bekommen, völlig unproblematisch. Vor Corona sind wir mit dem Bayern-Ticket gefahren und die Züge waren genauso voll 🤷🏼‍♀️
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  • D. P.
    Komisch, an den langen Wochenenden sind IMMER die Autobahnen und Öffis dicht - seit Jahren. Was hat das mit dem 9€-Ticket zu tun? Selbst wenn es dadurch zu einem erhöhten Reiseaufkommen gekommen ist, ist das kein Argument gegen, sondern für das Ticket. Vielleicht sollte man mal den ÖPNV subventionieren und Strecken ausbauen, statt abzubauen. Dann sind die Züge auch nicht mehr so voll. Dummerweise hat man aber die Bahn privatisiert und die Strecken auf maximale Wirtschaftlichkeit optimiert. Das Resultat dieser Politik kann man zu Stoßzeiten wie an langen Wochenenden bewundern.
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  • M. W.
    Auch wenn man es immer wieder liest: Die Bahn ist kein freies Unternehmen. Anteilseigner an der Bahn AG ist noch immer zu 100% der Staat. Richtig ist, dass sie in den letzten 20-30 Jahren kaputt gespart wurde zugunsten der Straße. Die Bahn ist inzwischen so unattraktiv, dass nur noch treue Fans Zug fahren, die noch dazu ziemlich schmerzfrei sind. Oder wenn es mal (fast) nix kostet, so wie momentan mit dem 9 Euro Ticket. Kann man ja schön in dem Artikel nachlesen, welche „Freibiergesichter“ da teilweise zusteigen.
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  • D. P.
    Wo behaupte ich denn, dass die Bahn ein freies Unternehmen ist? Und wo ist das Problem, den ÖPNV so zu subventionieren, dass er attraktiver wird? Das ist doch genau das, was von ÖPNV-Gegnern immer wieder kritisiert wird. Nun ist so eine Förderung mal da, trotzdem sind Ihnen die Nasen in der Bahn nicht recht. Dass nur „Fans“ die Bahn nutzen, ist auch ein interessante These.
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  • M. W.
    @Meinungsvertreter: Sie schrieben „Dummerweise hat man aber die Bahn privatisiert und die Strecken auf maximale Wirtschaftlichkeit optimiert.“ Der Satz legt m.E. nahe, die Ursache der Probleme sei vor allem in der Privatisierung zu suchen. Es sind aber verschiedene Ursachen. Der Staat hat in den letzten Jahrzehnten die Bahn am langen Arm verhungern lassen. Es wäre z.B. Sache der Politik (und nicht die Entscheidung eines Privatunternehmens) gewesen, ordentlich Steuermittel in den infrastrukturellen Ausbau des ÖPNV zu investieren. Einen „Knüller“ wie das 9-Euro-Ticket zum jetzigen Zeitpunkt zu zünden ist in etwa so, wie wenn man ausgehungert und halb verdurstet einen Marathon bestreiten wollte. Das System kollabiert.
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  • D. P.
    Da bin ich voll und ganz bei Ihnen. Es liegt nicht nur an der Privatisierung und der damit verbundenen Gewinnerzielungsabsicht, sondern auch an der Politik. Bestes Beispiel Verkehrsminister Wissing, der nur noch 2 Milliarden in Ausbau und Neubau des Schienennetzes investieren möchte, obwohl der Bedarf deutlich höher ist. Wissing und die FDP nennen das Verkehrswende. Für mich ist das ein Witz. Es muss viel mehr in den ÖPNV investiert und subventioniert werden. Das 9€-Ticket ist für mich dennoch kein Rohrkrepierer, da es ein Anreiz ist und Lenkwirkung hat. Leider macht es auch die Schwächen im System Bahn sichtbar. Die haben wir aber auch ohne dieses Ticket.
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  • H. S.
    Willkommen in der 3. Klasse (Stehplatz) für 9 Euro im Bummelzug quer durch Deutschland grinsen
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  • M. K.
    So wie im Sommer, wenn es hunderte Kilometer Stau gibt, weil "alle" gleichzeitig los wollen.
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  • H. S.
    Das war doch sowas von klar das die Züge übervoll werden. Aber der FDP wird das egal sein, ihr Klientel fährt eh Porsche und Mercedes statt Regionalexpress.
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  • B. G.
    Das 9€ Ticket ist als Anregung, z.B. für Pendler, gedacht, mal die öffentlichen Verkehrsmittel auszuprobieren. Wenn jetzt gelangweilte Leute meinen sinnlos mit dem Ticket in der Gegend herumzureisen zu müssen, sind die Züge halt überbelegt.
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  • E. H.
    Wozu braucht man 2 Kästen Bier wenn man zur Erlanger Bergkirchweih will?

    Dort gibt es genug (gutes und gekühltes) Bier zu kaufen.....
    ist vielleicht nicht so billig wie im Supermarkt . Dafür ist es dort sehr schön, man trifft andere Menschen und hat eine schöne Zeit. Können das mache nur noch im Alkoholrausch genießen?

    Ob
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  • B. L.
    Ein Bekannter hat mir gesagt, einmal und nie wieder.
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  • R. E.
    9-Euro-Ticket, Tankrabatt: beides lediglich Ansätze der Politik, gute Laune bei den Menschen zu schaffen. Das wird aber sehr schnell ein Ende haben. Die Geiz-ist-geil-ÖPNV-Aktion wird zusätzlich die zurück ins Auto bringen, die regulär dort vertreten sind. Und der Tankrabatt wir - jetzt schon - mit Begeisterung von den Mineralölkonzernen genutzt.
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  • H. A.
    Wir waren früher auch oft und gerne feiern, aber mit Bierkisten zu einer Kirchweih zu fahren nur weil man eigentlich nichts bezahlen möchte, sowas wäre uns nicht mal im Traum eingefallen. Es scheint aber so zu sein das unsere Politiker nicht einmal eins und eins zusammenrechnen können, denn jeder hat gewusst was passieren wird, nur die Politik war wie immer Beratungsresident. Das 9 € Ticket hätte nie eingeleitet werden dürfen denn eine Verkehrswende wird damit nicht eingeleitet. Einige Verbände streben sogar eine Klage an damit es wieder wegkommt. Den Mehraufwand im ÖPNV die Fahrzeuge zu reinigen und auch zu reparieren ersetzt den Unternehmen niemand, auch nicht wenn mehr Personal etc. benötigt wird. Sollten die 3 Monate so durchgezogen werden ist der ÖPNV anschließend ein Sanierungsfall, von den wütenden abspringenden jahrelangen Abo Kunden, die jetzt gar keinen Platz mehr bekommen, wollen wir erst gar nicht reden.
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  • C. M.
    Sie scheinen nicht zu verstehen, dass das Bier für die Zugfahrt war
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  • H. S.
    Je mehr in den Zügen, desto mehr Platz auf den Straßen…..einfach schön 🥰
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  • c. k.
    Weshalb kommt Unmut auf wen die Plätze der 1.Klasse nicht voll besetzt sind?

    Es gibt eine 1. und eine 2. Klasse ..die 1. kostet mehr und wer den Aufpreis zahlt darf dann auch in der 1.Klasse fahren..ist wie im Flugzeug da muss sich der Fluggast auch in die Klasse setzen die er bezahlt hat..

    Ebenso habe ich wenig Mitleid mit Senioren die Wochentags zuhause sind und dann Samstags zum shoppen nach Würzburg wollen..ja jeder soll selbst entscheiden wann er fährt.. aber sich dann bitte nicht über rappelvolle Züge beschweren..

    Dann hoffen wir Berufspendler doch mal daß möglichst viele bald die Lust am Billigticket verlieren .. grinsen
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Ist doch alles vorhersehbar gewesen ...
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  • M. W.
    „Bis zum Ende des Sommers wird sich wohl die Situation entspannen und die Bahn könnte auch ihr Platzangebot erweitern.“

    Als Stammkunde der Bahn und Berufspendler kann ich nur hoffen, dass sich diese chaotischen Zustände herumsprechen, die Leute abgeschreckt werden und sich die Situation dadurch schnell entspannt.

    Auf eine Erweiterung des Platzangebots durch die Bahn werden wir dagegen vergeblich warten, dessen bin ich mir heute schon sicher. Bereits seit Monaten fährt die Bahn im Regionalverkehr mit reduziertem Platzangebot und lässt sogar ganze Züge ausfallen. Offenbar kommt man mit der Reparatur der Zuggarnituren nicht hinterher. Dazu kommt die Sanierung der ICE-Strecke Würzburg-Fulda, weswegen in den kommenden Monaten vermehrt ICEs auf die alte Strecke umgeleitet werden. In einem anderen Main-Post-Artikel vom 2.6.2022 wird darüber berichtet. Die Folge: Etliche Regionalzüge zwischen Karlstadt und Würzburg werden in der Zeit ersatzlos gestrichen.
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