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Gemünden
72-Jährige um ihr Geld gebracht: 75-Jähriger aus dem Raum Gemünden als Betrüger aufgeflogen
Der Mann gab an Geld für Medikamente zu brauchen und versprach einer anderen Frau einen Computer, auf den sie bis heute wartet. Einsicht zeigte er vor Gericht keine.
Symbolbild: Geld / Finanzen
Foto: dragana991 (iStockphoto) | Symbolbild: Geld / Finanzen
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:59 Uhr

Ein Anflug von Mitgefühl umhüllt den Betrachter, der den 75-jährigen Rollstuhlfahrer sieht, der von seiner Betreuerin in den Saal am Amtsgericht Gemünden geschoben wurde. Dass dieser Mann, der angab früher als Maschinenbau-Ingenieur für Raumfahrtechnik und Nukleares bei Siemens gearbeitet zu haben, es mehr als faustdick hinter den Ohren hat, ist schwer vorstellbar. Doch sehr schnell wurde klar, dass er lange Zeit als Betrüger unterwegs war.

"Gut situierter 70-Jähriger hat alles, was man braucht, um gut zu leben", mit dieser Bekanntschaftsanzeige hatte der 75-Jährige eine neue Partnerin gesucht. Ziemlich schnell meldete sich auch eine 72 Jahre alte, verheiratete Frau bei ihm. Doch als sie sich mit dem Mann an seinem Wohnort im Raum Gemünden getroffen hatte, war ihr schnell klar, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben. Das ließ sie den Mann auch wissen. Allerdings verstand dieser es, die Dame hinzuhalten und so doch eine lockere Verbindung beizubehalten.

So erfuhr er auch, dass ihr PC daheim Probleme macht. Großzügig bot er ihr an, immer noch gute Verbindungen zur Firma Siemens zu haben und ihr einen gebrauchten PC günstig zu beschaffen. Am 24. August 2021 forderte er die Dame auf, 211,33 Euro an einen Mann, der zufällig den gleichen Nachnamen hatte wie er, zu überweisen. Der PC wäre schon bei ihm im Auto. Freudig kam die Frau dem nach, überwies die Summe und wartet bis heute noch auf den Computer.

Bekannte nach 3200 Euro für Medikamente gefragt

Noch dreister trieb es der Angeklagte einen Monat später. Da berichtete er seiner Bekannten am Telefon, dass er dringend ein Medikament benötigt, das es nur in den USA gibt und etwa 75.000 Euro kostet. Drei Ampullen habe er bereits erhalten, allerdings ohne den gewünschten Erfolg. Jetzt sollte ein Medikament nachgeschoben werden, das ebenfalls aus den Staaten kommt und noch einmal 3200 Euro kostet. Er wäre jetzt stationär in der Uni-Klinik in Würzburg und müsste die 3200 Euro schnellstens bar im Sekretariat einzahlen. Da es dringend erschien, machte sich die Frau selbst auf den Weg zur Klinik, wo sie erfuhr, dass es dort keinen Patienten mit diesem Namen und dem Medikament gibt und auch nie gegeben hat.

Statt nach Hause zu fahren, begab sich die Frau zum Wohnort des Mannes, wo sie ihn und einen Taxifahrer antraf. Vor Ort händigte sie dem Mann die 3200 Euro aus, was dem Taxifahrer seltsam vorkam. Er bot sich der Frau als Zeuge an, sollte es einmal Probleme geben. "Ich war einfach blöd", meinte die Frau jetzt im Nachhinein als Zeugin in der Verhandlung. Irgendwann, sagte sie weiter aus, habe sie gemerkt, dass da etwas nicht stimmt, mit ihrem "Freund". Auf ihre Rückzahlungsforderungen ging er zunächst nicht ein, meinte dann später, wenn er aus dem Krankenhaus und einer anschließenden Reha käme, würde er das Geld zurückzahlen.

Angeklagter machte verwirrende Aussagen

Da hätte sie aber bis zum Sankt Nimmerleinstag warten können, hätte sie nicht die Idee gehabt, den Mann bei der Polizei anzuzeigen. Insgesamt 3500 Euro überwies er innerhalb von zwei Monaten. "Ich hab schon nicht mehr damit gerechnet, dass ich mein Geld wieder bekomme", meinte die Rentnerin aus dem Kreis Gerolzhofen.

Zur Aufklärung des gesamten Geschehens trug der Angeklagte in der Verhandlung nur sehr wenig bei. Er sorgte durch seine Aussagen mehr für Verwirrung statt Klarstellung. Sehr detailliert schilderte er seinen angeschlagenen Gesundheitszustand, berichtete über Krankenhausaufenthalte, die er aber nicht nachweisen konnte und strapazierte so die Geduld von Strafrichterin Maryam Neumann, der Staatsanwältin und seinem Pflichtverteidiger.

Bewährung kommt laut Richterin nicht in Frage

Seine Gesichtszüge änderten sich, als die Richterin den Auszug aus dem Bundeszentralregister für den Angeklagten verließ: Zwölf Einträge, von 1989 bis 2018. Der Großteil waren Betrügereien, außerdem Diebstahl, Unterschlagung und Urkundenfälschung. "Eine ganz schöne Leistung", empfand die Richterin. Mehrmals wurden die Verfehlungen mit Freiheitsstrafen geahndet.

Jetzt fügt sich eine weitere an: Für ein Jahr und vier Monate wird er in naher Zukunft absitzen, wenn das Urteil rechtskräftig wird. "Über eine Bewährung braucht man hier nicht nachdenken", meinte Richterin Neumann, da sich der Mann auch nicht einsichtig zeigte.

 
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