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HIMMELSTADT
15-Jährige nach 49 Tagen wieder aufgetaucht
Sieben Wochen lang war die 15-jährige Sandra aus Berlin verschwunden. Dann wurde sie gefunden – ausgerechnet in Himmelstadt, dessen Weihnachts-Postamt Ziel vieler Wünsche ist.
Die vermisste 15-Jährige aus Berlin wurde nach 49 Tagen im unterfränkischen Himmelstadt gefunden.
Foto: Polizei Berlin | Die vermisste 15-Jährige aus Berlin wurde nach 49 Tagen im unterfränkischen Himmelstadt gefunden.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 19.01.2017 12:24 Uhr

Sieben Wochen lang fürchtete man für die verschwundene Sandra L. aus Berlin das Schlimmste. Nun wurde für die Eltern der 15-Jährigen ihre Hoffnung wahr – ausgerechnet in Himmelstadt (Lkr. Main-Spessart), dessen Weihnachts-Postamt alljährlich Ziel vieler Wünsche ist, wie diese Redaktion erfuhr: Sandra war hier bei einem Bekannten untergeschlupft, den sie offenbar aus dem Internet kannte.

Bei der Suche nach vermissten Kindern ist die Anteilnahme der Bevölkerung immer groß. In Fällen wie diesem wird Ermittlern mit jedem Tag unwohler, an denen ein Kind nicht wieder auftaucht; In Deutschland werden pro Jahr etwa 100.000 vermisst gemeldet. Die meisten sind nach wenigen Tagen wieder da – Sandra blieb 49 Tage verschwunden.

Sandras Mutter auf Facebook: „Es geht ihr soweit gut“

Erst am Sonntag war die Ungewissheit zu Ende: Sie „lebt, es geht ihr soweit gut,“ jubelte Mutter Anja D. auf Facebook. „ Jetzt brauchen wir erst einmal Zeit alles aufzuarbeiten und vor allem zu verarbeiten,“ schreibt die Mutter von Sandra (Name geändert). Mit ihr und Vater Thomas L. freuten sich viele, die um Sandra gebangt hatten.

Das Mädchen hatte weder bei der Mutter in Pirna noch beim Vater und seiner neuen Lebensgefährtin in Berlin gewohnt. Der freute sich auf ein gerade geborenes Baby. Die 15-Jährige zog in eine betreute Mädchen-WG. „Es sollte nur ein Wohnen auf Zeit sein“, versicherte der Papa dem Berliner „Kurier“. Ende Oktober sollte sie wieder nach Hause ziehen.

Am Nachmittag ihres Verschwindens besuchte Sandra den Kleinen fütterte und wickelte ihn. Dann traf sie ihren Freund, sagte, sie müsse „noch etwas am Hauptbahnhof erledigen“. Am Bahnhof erwarteten die Betreuer sie um 20 Uhr – vergeblich. Falsche Fährte nach Österreich?

Immer wieder Handynummer in Bayern gewählt

Aber sie muss dort gewesen sein. Von der Polizei erfuhr Thomas L. , dass seine Tochter dort gegen 22 Uhr ihr Handy benutzte. „Sie wählte eine Nummer in Österreich, auf die sich niemand einen Reim machen kann. Laut Polizei verläuft die Spur im Sand,“ erzählte der Maler Reportern. Dann schaltete Sandra das Gerät aus.

Sandra wurde vermisst gemeldet. Nach drei Wochen setzte die Berliner Polizei auf Öffentlichkeitsfahndung mit einem Foto des Mädchens mit dem schmalen Gesicht, der orangefarbenen Brille und langen braunen Haaren. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo sie stecken könnte, wen ich nach ihrem Aufenthaltsort fragen könnte?“ klagte der Vater in den Medien.

Aber schon vor etwa drei Wochen wusste die Berliner Polizei, dass die 15-Jährige vor ihrem Verschwinden immer wieder eine Handynummer im 500 Kilometer entfernten Bayern gewählt hatte – offenbar eine Chatbekanntschaft. Fahnder wollten den Mann vernehmen. „Er hat abgestritten, dass er zurzeit Kontakt zu ihr hat“, sagte Kriminaloberkommissar Heiner Prötzig von der Vermisstenstelle Anfang November einem Fernsehsender.

Man wollte seine Wohnung durchsuchen, er weigerte sich. „Da keine Kindesentziehung vorliegt, die nur bis zum Alter von 13 Jahren gilt, sind uns die Hände gebunden“, so der Ermittler damals. Man gehe nicht davon aus, dass das Mädchen mit Gewalt festgehalten wird.

Doch nach sieben Wochen hatte die Berliner Polizei genug: Mit Kollegen aus Unterfranken klingelte sie am Sonntag um 11 Uhr beim 31-jährigen Mieter einer Wohnung in Himmelstadt – und fand Sandra. Ihr Vater holte Sandra am Montag ab.

Keine Ermittlung gegen Gastgeber

„Das Mädchen und der Mann scheinen sich gekannt zu haben“, sagt am Montag ein Berliner Polizeisprecher. „Aber wo sie ihn kennengelernt hat, warum sie bei ihm war, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.“ Offenbar hegte der Mann, der Sandra beherbergt hatte, keine finsteren Absichten. Er „wurde zwar zunächst vorläufig festgenommen,“ berichtet Michael Zimmer vom Polizeipräsidium Unterfranken. „Er kam im Anschluss an die Vernehmungen wieder auf freien Fuß, weil nach derzeitigem Ermittlungsstand keine strafbare Handlung erkennbar ist.“

Also war Sandra freiwillig bei ihm. Warum die 15-Jährige zu ihm kam, wie lange sie sich dort aufhielt, bleibt unklar. „Bei uns gibt es jetzt keine weiteren Ermittlungen,“ sagte jetzt die Berliner Polizeisprecherin Valeska Jakubowski auf Nachfrage. „Um das Mädchen kümmert sich jetzt das Jugendamt weiter.“

 
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