Der unheilvollste Tag in der Geschichte Kitzingens – die Bombardierung der Stadt – jährt sich in diesem Jahr zum 75. Mal. Wir haben uns auf die Suche nach weiteren Zeitzeugen gemacht und fanden in Kitzinger Altenheimen drei bewegende Schicksale.
"Jedes Jahr am 23. Februar kommen die Ereignisse wieder hoch", sagt Ingeborg Dümmler. Die heute 91-Jährige wohnte damals mit ihrer Familie in der Skagerrakstraße in der Siedlung. Ihre Arbeitsstelle war im Büro der Firma Arauner. "Als der Fliegeralarm losging, sollten alle in den Keller, doch wir jungen Mädchen sind im Büro geblieben und haben Blödsinn gemacht", berichtet die damals 16-Jährige.
"Nach der ersten Bombe sind wir panisch in den alten Gewölbekeller gesprungen. Es war ein umglaublicher Krach, das Dröhnen kann man nicht erklären, die Wände haben gezittert", erzählt. "Bei jeder Detonation haben die Leute geschrien." Ihre Hände zittern, als sie berichtet, dass die Villa ihres Chefs, Paul Arauner, bei der ersten Bombenwelle zerstört wurde. Nach den Angriffen sei sie nach Hause gelaufen, wo ihre Mutter und ihr Bruder glücklicherweise unverletzt ausharrten. "Der Lärm, die Erschütterungen und Vibrationen – so etwas habe ich zum Glück danach nie wieder erlebt", sagt Ingeborg Dümmler.
Der 83-jährige Erich Kreuser kann über den schwärzesten Tag der Kitzinger Geschichte berichten, als wäre es gestern gewesen. Er lebte mit seiner Familie im Neuen Weg. Sein Vater hatte an diesem Freitag frei und ist um 6 Uhr morgens mit seinem Bruder in den Klingen-Wald aufgebrochen, um Holz zu schlagen. Der damals Achtjährige sollte an diesem Tag erst gegen 11 Uhr in die Schule. "Als die Bombenangriffe losgingen, spielten wir gerade Karten", berichtet Kreuser.
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Als in Kitzingen das Inferno ausbrach
Eigentlich sollten sich alle in den sogenannten Schwarzen Keller im Neuen Weg flüchten, doch alle Kinder und Nachbarn blieben beieinander. "Zum Glück, denn im Schwarzen Keller sind über 40 Leute gestorben", erzählt Kreuser bewegt. Sein Bruder und Vater seien am Abend aufgrund der zerstörten Brücken ohne Wagen und ohne Holz, aber unverletzt nach Hause gekommen. "Weil unser Haus schwer beschädigt war, sind wir in der Nacht nach Buchbrunn zu Freunden. An der Feldscheune, an der wir vorbeilaufen mussten, haben wir die ganzen aufgebahrten Toten gesehen." Auch viele seiner Schulkameraden seien laut Kreuser unglücklicherweise an diesem Tag umgekommen.
Die damals 19-jährige Luise Werner erzählt davon, dass sie an diesem 23. Februar 1945 Flieger gesehen habe, die den Himmel mit Rauchwolken absteckten. "Da wusste man, dass jetzt Kitzingen dran ist", schildert die heute 94-Jährige betroffen. Die Familie war im Besitz des Waffengeschäftes in der Luitpoldstraße, in diesem Haus haben sie auch gewohnt. "Man hat vorher schon die Keller zu anderen Häusern durchgebrochen, dass man von einem in den anderen kommt. Beim Angriff haben sich dann alle Nachbarn dort unten getroffen", berichtet sie. "Unser Dach wurde durch den Druck abgedeckt", berichtet die 94-Jährige. Im nahe gelegenen Kindergarten sind laut Luise Werner über 30 Kinder verschüttet worden, die man bis heute nicht gefunden hat. Sie sagt bewegt: "Die halbe Stadt lag in Schutt und Asche, so etwas will man nie wieder erleben."