
Die Leidenschaft zum Rebensaft wurde den beiden Frauen, die quasi zwischen Weinfässern aufgewachsen sind, in die Wiege gelegt. Dass sie jetzt an der Spitze ihres Betriebs stehen, ist jedoch nicht selbstverständlich: Nur elf Prozent aller landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland werden laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung von Frauen geführt.
Carolin Meyer und Tanja Voll machen vor wie's geht: Mit viel Entschlossenheit und eigenen Visionen für ihren Betrieb zeigen sie der männerdominierten Branche, wo der Barthel den Most holt.
Carolin Meyer übernimmt mit 24 Jahren den Weinbaubetrieb in Greuth bei Castell

17 Jahre alt war Carolin Meyer, da hatte sie ihre eigene Weinkreation entwickelt. Als sie 24 Jahre alt ist, übernimmt sie den Betrieb ihrer Eltern: den Weinbau & Edelbrände Meyer Greuth aus Castell. "Für mich war klar, dass ich das machen werde", sagt die 29-Jährige. Die Frage nach dem Berufswunsch stellte sich nicht: Zu groß ist ihre Leidenschaft zum Handwerk.
Winzerin durch und durch: Als Kleinkind schon zwischen den Reben gespielt
Kein Wunder: Meyer hüpfte schon als Kleinkind in den Weinbergen herum. Mama und Papa mussten als Betreiber des Familienunternehmens viel arbeiten und sie konnte nicht alleine zuhause bleiben. "Also haben mich meine Eltern mit zur Arbeit genommen. Ich habe zwischen den Reben gespielt", erzählt sie. So "wächst man eben rein in die Abläufe und lernt, was wichtig ist".
Nach dem Schulabschluss macht Meyer eine Lehre zur Winzerin, lebt anschließend ein Jahr lang auf einem Hof in Südtirol und macht ihre Technikerin für Weinbau und Önologie. Eine recht gradlinige und übliche Vita auf dem Weg zur Winzerin, erklärt sie.

"Es war ein fließender Übergang", beschreibt Meyer. Stück für Stück überträgt ihr Vater ihr Verantwortung. Entscheidungen trifft sie immer öfter alleine. Schließlich nimmt sich ihr Vater komplett raus. "Mir redet da keiner rein!", sagt Meyer. Als sie 2021 Geschäftsführerin und 2023 Inhaberin wurde, "fühlte es sich nicht sehr anders an".
Nicht jeder kann sich eine Frau an der Spitze vorstellen
Was für sie so selbstverständlich ist, ist nicht für jeden vorstellbar. Das bekam sie das erste Mal zu hören, als sie im Alter von 14 Jahren mit ihren Eltern in einem Lokal auf einen Bekannten der Familie trifft.
"Oh je, ihr habt nur ein Mädel. Was macht ihr denn später mit dem Betrieb?", habe er ihre Eltern gefragt. Meyer war irritiert. Und verstand "das erste Mal, wie andere darauf blicken, wenn man als Frau einen Weinbetrieb übernimmt."
"Wo ist denn der Chef?" Diese Frage begegnete Meyer auch des Öfteren, wenn Vertreter von Zulieferern in den Betrieb gekommen seien. Böse aufgefasst habe sie das aber nicht. Es gäbe nur einfach mehr Winzer als Winzerinnen, sagt sie. In der Berufsschule seien sie und eine andere Auszubildende 23 jungen Männern gegenüber gestanden.
Frauen schauen im Weinbaubetrieb über den Tellerrand
"Ich habe mir schon in der Schule schon viele Gedanken in Richtung Marketing und Kommunikation gemacht. Das wurde etwas belächelt", berichte sie. Aber gerade Frauen würden sich in dieser Branche mehr wagen, über den Tellerrand zu blicken, meint sie.
Das Netzwerken, besonders in Frauenkreisen, helfe ihr dabei ungemein. Nicht nur sei der "Austausch leichter", man "steht sich näher" und "besetzt gleichen Themen". Auch grundsätzlich sagt Meyer: "Ich fühle mich in Netzwerken mit Frauen wohler als mit Männern."
Tanja Voll ist stolz: Sie modernisierte als Chefin das Weingut in Escherndorf

"Es war mein Wunsch: Ich wollte Winzerin lernen", sagt Tanja Voll. Die älteste von vier Geschwistern übernahm mit 41 Jahren das Weingut ihrer Eltern, die an ihrer Stelle eigentlich ihren Bruder gesehen hätten. Doch der hatte kein Interesse. "Es war früher einfach so, dass Männer die Nachfolge übernehmen", sagt sie. Vor allem in der Landwirtschaft.
Auch in der Schule gab es Gegenwind: In der neunten Klasse gab Voll an, Winzerin sei ihr Traumberuf. Ihre Lehrerin war irritiert über ihren Berufswunsch. "Ist das dein Ernst?", entgegnete sie ihr. Doch Voll ließ sich davon nicht verunsichern. Und entgegnete: "Na freilich!"
Jetzt – einige Jahrzehnte später – führt die 53-Jährige mit Bravour den Winzerbetrieb. "Man muss sich nur sicher sein und es wirklich wollen", betont sie. "Dann klappt auch alles."
Auch sie startete ihre Karriere mit der Ausbildung zur Winzerin und der anschließenden Fortbildung zur Weinbautechnikerin. Der Frauenanteil war dort eher bescheiden: unter den 20 Azubis waren gerade einmal vier Frauen, in der Technikausbildung sah das ähnlich aus.
Von den Männern um sie herum ist sie immer unterstützt worden
"Unsere Männer haben uns immer wertgeschätzt", sagt die 53-Jährige rückblickend. Sprüche oder fehlender Respekt, dafür war kein Platz. Im Gegenteil, betont sie: "Sie haben uns immer unterstützt, vor allem bei körperlichen Aufgaben – zum Beispiel beim Schmieden." Viele ihrer Mit-Azubis sehe sie auch heute noch mit großer Freude und regelmäßig.
Zuletzt traf sie beim "Unterfränkischen Unternehmerinnen-Frühstück" auf eine ganze Reihe Frauen in Führungsposition. Das habe für sie doch nochmal eine andere Note, denn: "Was Männer nicht so gerne besprechen, sind Aspekte, die außerhalb des eigentlichen Betriebs liegen", so ihre Erfahrung. Sie meint damit die Kundenansprache oder Dekoration. Männer hätten das nicht so auf dem Schirm, sagt sie mit einem Augenzwinkern. "Da geht es eher um die Maschinen."

Die Kundenansprache in den Fokus zu nehmen, ist auch heute ihre größte Errungenschaft. Mächtig stolz ist die 53-Jährige auf den grundlegenden Umbau, dem sie den Hof unterzogen hat. Wo vorher Kundinnen und Kunden im Keller auf Bierbänken oder in der Halle Weinsorten des Weinguts verköstigt haben, stehen jetzt "große, neue Räume mit modernem Antlitz" zur Verfügung.
"Das war wichtig", um mit dem sich wandelnden Zeitgeist zu gehen und Kundinnen und Kunden besser anzusprechen, sagt die Winzerin. "Die Zeit der Bierbänke war vorbei."
Ich zitiere. „ Auch geringe Mengen Alkohol sind demnach schädlich. Alkohol ist nicht gesund - auch nicht in Maßen. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihrem neuen Positionspapier "Alkohol ist eine psychoaktive Droge".
Auf jeder Zigarettenschachtel wird in großen Buchstaben auf die Gefährlichkeit von Nikotin hingewiesen. Warum nicht auf Wein- bier- und Schnapsflaschen?
Zumindest der Hinweis, dass Alkohol eine der gefährlichsten Drogen ist und jedes Jahr alleine in der Bundesrepublik 10.000ente Menschen an der Alkoholsucht sterben, wäre angebracht