
Beate Krämer, Jahrgang 1968, ist verheiratet und hat drei Kinder. Rund 20 Jahre war sie als Kirchenmusikerin und als Journalistin für Lokalzeitungen, "Sonntagsblatt" und den Evangelischen Pressedienst (epd) tätig. Ab 2011 war sie Vikarin in Uffenheim, ab 2013 Pfarrerin in Abtswind. Vor Kurzem ist sie mit der Familie nach Obernbreit gezogen. Sie wird dort neue Seelsorger-Aufgaben übernehmen und sich in der Erwachsenenbildung im Dekanat Kitzingen engagieren. Im Interview spricht sie über die Ängste von Menschen, verkrustete Strukturen und ihren sehnlichsten Wunsch.
Beate Krämer: Mich persönlich hat jeder einzelne Austritt in den vergangenen Jahren traurig gemacht, auch wenn ich oft die Gründe ahnte oder sogar offen besprechen und nachvollziehen konnte. Für die Kirche bedeutet die kleiner werdende Basis natürlich Einschränkungen bei der Finanzierung und auch beim Personal, weil sich weniger junge Menschen für einen geistlichen Beruf entscheiden. Das verstärkt Ängste und Unsicherheit bei denen, die bleiben.

Krämer: Man kann reagieren, indem man von früheren Zeiten träumt, in denen zumindest in der Erinnerung alles besser war. Oder wir können nach Chancen in den neuen Entwicklungen suchen. Wenn wir weniger werden, müssen wir besser zusammenarbeiten. Ich begrüße es, wenn wir Hauptamtlichen Teams bilden, wenn wir gabenorientiert arbeiten können, statt als Einzelkämpfer alles selbst tun zu müssen.
Krämer: Am liebsten würde ich in der Schule beginnen mit kooperativem Religionsunterricht. Gerade habe ich mit einer Mutter telefoniert, deren Erstklass-Kind es nur schwer verstehen kann, warum es in Religion mit einem weiteren Kind aus dem Klassenverband gerissen wird, nur weil es katholisch ist. In der Corona-Zeit ging es ja auch, Kinder beider Konfessionen im Klassenverband in gegenseitiger Absprache zu unterrichten.
Krämer: Das kommt darauf an, wie man diese gemeinsamen Wurzeln definiert. In wichtigen strittigen theologischen Fragen aus der Reformationszeit konnte ja inzwischen Einheit in versöhnter Verschiedenheit erreicht werden. Leider haben sich neue Hindernisse aufgetan, seitdem in der evangelischen Kirche auch Frauen ordiniert werden.
Krämer: Es ist besonders deutlich geworden, dass das sogenannte Amtsverständnis beider Kirchen sich grundlegend unterscheidet. Daran hängt auch die Frage, die viele Menschen bewegt: ob und wann Katholiken und Protestanten gemeinsam Abendmahl feiern können. Bis es soweit ist, finde ich es wichtig, an der Basis im Gespräch zu bleiben, die Gemeinsamkeiten zu betonen und Unterschiede als Bereicherung zu verstehen. Ich habe mich in den vergangenen Jahren sehr mit der leiblichen Dimension der katholischen Glaubenspraxis angefreundet: sich bekreuzigen, knien bei der Eucharistie, Weihwasser. Das hilft mir, bewusster mitzufeiern.
Krämer: Auch wenn es etwas pathetisch klingt, gab es einfach Momente in meinem Leben, in denen ich deutlich gespürt habe: Das ist jetzt mein Weg. Ich nenne es Berufung. Das war so am Ende der Schulzeit, als die Entscheidung fürs Theologiestudium fiel. Das war so zur Halbzeit meines praktischen Jahrs in der Zeitungsredaktion, als ich mich entschieden habe, die journalistische Ausbildung fortzusetzen. Dann wieder am Ende meines Studiums, als ich die Möglichkeit bekam, freiberuflich in die evangelische Publizistik einzusteigen. Vielleicht habe ich den lauten Ruf vor 14 Jahren gebraucht, um dann doch noch die Kurve ins Pfarramt zu nehmen. Aber im Rückblick war keine Wegstrecke überflüssig. Ich habe sie alle gebraucht, um die Pfarrerin zu werden, die ich heute bin.

Krämer: Da ist zum einen natürlich das, was ich oben als Berufung beschrieben habe. Ich habe das deutliche Gefühl, dass ich mir meinen Platz nicht selbst gesucht habe, sondern dass Gott mich dorthin gestellt hat. Dann sind es Kollegen und Kolleginnen beider Konfessionen, mit denen ich mich austauschen kann. Wir teilen die Leiden an unseren jeweiligen Kirchen. Aber vor allem versuchen wir, die Gemeinsamkeiten zur Geltung zu bringen, gemeinsam zu feiern und uns zu unterstützen. Und ohne unsere Ehrenamtlichen könnten wir ja gar nichts bewirken. Sie machen das Leben in unseren Gemeinden erst vielfältig und bunt mit ihren Gaben. Ich hoffe sehr, dass sich in beiden Konfessionen genügend Menschen finden für die Gremien, die in diesem Jahr gewählt werden, und für die vielen Aufgaben, die anstehen.
Krämer: Es kommt gerade eine rasante Entwicklung in Gang, die eine Vorhersage schwieriger macht als noch vor wenigen Jahren. Ich denke, wir werden mehr Zusammenschlüsse und größere Einheiten sehen. Wichtig wäre mir dabei aber, dass es für die Menschen vor Ort feste Bezugspersonen gibt. Glauben ist ein Beziehungsgeschehen, einmal im Hinblick auf Gott, aber auch untereinander. Feste hauptamtliche Ansprechpartner und-partnerinnen helfen den Menschen, diese Beziehungen zu leben. Ich bin zuversichtlich, dass Menschen weiter Sehnsucht haben nach der Tiefendimension des Lebens, die ich nur im Glauben finde. Ich wünsche mir, dass wir das noch stärker gemeinsam tun, ökumenisch, aber auch zusammen mit Angehörigen anderer Religionen, dass wir Glaubens- und Lebensgeschichten teilen.
Krämer: ...dann würde ich gerne noch zu meinen Lebzeiten mit einer römisch-katholischen Kollegin gemeinsam und gleichberechtigt Abendmahl feiern.