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Rüdenhausen
Kirche zu verkaufen! Warum das Rüdenhäuser Gotteshaus jetzt stillgelegt wird und was daraus werden könnte
Kaum noch Gläubige da: Am 15. März wird die erste Kirche im Raum Kitzingen profaniert, also der kirchlichen Nutzung entrissen. Ideen, was daraus entstehen könnte, gibt es schon.
Von Dornen umrankt und schon ein bisschen eingewachsen: Die katholische Kirche 'Maria Hilf' in Rüdenhausen liegt im Dornröschenschlaf.
Foto: Diana Fuchs | Von Dornen umrankt und schon ein bisschen eingewachsen: Die katholische Kirche "Maria Hilf" in Rüdenhausen liegt im Dornröschenschlaf.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:34 Uhr

Wilde Rosen und Ranken vorm Eingang, ein paar Spinnweben überm Portal: Die Kirche "Maria – Hilfe der Christen" am Ortsausgang Richtung Abtswind liegt seit drei Jahren im  Dornröschenschlaf. Matthias Eller muss sie auflösen – auch wenn ihm das widerstrebt.

Der Pfarrer im Pastoralen Raum Schwarzach am Main – St. Benedikt ist seit zweieinhalb Jahren auch für die katholische Kirchengemeinde in Rüdenhausen zuständig. "Allerdings existiert diese quasi nicht mehr", wie Eller sagt. Die Konsequenz formuliert er so: "Wenn eine Kirche de facto nicht mehr genutzt wird, ist es auch unsere Aufgabe, das Areal der Allgemeinheit wieder zur Verfügung zu stellen."

Nachdenkliche Gesichter machen Kirchenpfleger Paul Schug (links) und Pfarrer Matthias Eller. Ihnen obliegt die  eher undankbare Aufgabe, eine Folgenutzung für das verwaiste Gotteshaus 'Maria Hilf' in Rüdenhausen zu finden.
Foto: Diana Fuchs | Nachdenkliche Gesichter machen Kirchenpfleger Paul Schug (links) und Pfarrer Matthias Eller. Ihnen obliegt die  eher undankbare Aufgabe, eine Folgenutzung für das verwaiste Gotteshaus "Maria Hilf" in Rüdenhausen ...

1954 erbaut und geweiht, diente "Maria Hilf" der katholischen Gemeinde, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg im traditionell evangelischen Rüdenhausen angesiedelt hatte, jahrzehntelang als Ort des Glaubens. Zwar gibt es noch immer rund 200 Katholiken im Ort – "auf dem Papier", wie Kirchenpfleger Paul Schug sagt –, aber keine zusammengehörige Gemeinde mehr. 

Was geschieht mit einer Kirche ohne Gläubige?

"Alle, für die 'Maria Hilf' eine Herzensangelegenheit war, sind entweder verstorben oder hochbetagt", sagt Pfarrer Eller. "Auch sonst fragt kaum einer nach." Seit dem Jahr 2020 finden in Rüdenhausen keine regelmäßigen Gottesdienste mehr statt. Was passiert mit einer Kirche ohne Gläubige?

Die Antwort formuliert Paul Schug so: "Wir geben sie nur schwer her. Aber was sollen wir sonst machen? Vom Winterdienst angefangen bis hin zur Heizung haben wir laufende Kosten, aber keine Einnahmen." Seit einigen Jahren finde sich niemand mehr aus dem Dorf, der sich um die Kirche kümmere.

Mit den verbliebenen Gemeindemitgliedern habe man nach einem mehrjährigen Meinungsbildungsprozess entschieden, die Kirche zu entwidmen und anderweitig zu nutzen, erklärt Pfarrer Eller. "Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir eine lebendige Gemeinde für die Kirche wünschen. Doch die Realität ist eine andere."

Knochensplitter von Heiligen werden dem Bischof in Würzburg zurückgegeben

Bundesweit sind in den vergangenen fünf Jahren 131 katholische Kirchen geschlossen worden. 126 von diesen wurden auch profaniert, wie die Deutsche Presseagentur Ende 2023 unter Berufung auf die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte. Jetzt trifft es zum ersten Mal in jüngster Zeit ein Gotteshaus im Raum Kitzingen.

Von dieser Warte blickte der katholische Pfarrer einst auf seine 140 bis 150 Gläubige fassende Kirche. Längst sind die Bänke jedoch verwaist.
Foto: Diana Fuchs | Von dieser Warte blickte der katholische Pfarrer einst auf seine 140 bis 150 Gläubige fassende Kirche. Längst sind die Bänke jedoch verwaist.

Die Rüdenhäuser Kirche samt Nebengebäuden und dem freistehenden Glockenturm soll profaniert und dann verkauft oder in Erbpacht vergeben werden.  Profaniert bedeutet, dass bestimmte Objekte aus dem Kirchenraum entfernt werden: Neben dem Allerheiligsten, den Hostien, die bereits im November 2020 aus dem Tabernakel geholt wurden, sind das in Rüdenhausen die im Altar beigesetzten Reliquien der drei Heiligen Prudentius, Bonifatius und Burkard.

"Es handelt sich um kleine Knochensplitter", erklärt Pfarrer Eller. "Solche Reliquien in katholischen Kirchen sollen symbolisieren, dass die Kirche auf Zeugen des Glaubens aufbaut."

Dieses in den Altarstein eingelassene Reliquienfach beherbergt Knochensplitter der Heiligen Bonifatius, Prudentius und Burkard, die dem Bischofshaus nach der Profanierung zurückgegeben werden.
Foto: Diana Fuchs | Dieses in den Altarstein eingelassene Reliquienfach beherbergt Knochensplitter der Heiligen Bonifatius, Prudentius und Burkard, die dem Bischofshaus nach der Profanierung zurückgegeben werden.

Die sterblichen Überreste der Heiligen werden aus dem steinernen Altarfach herausgenommen und Bischof Franz Jung in Würzburg zurückgegeben. Eine Ikone aus dem Kirchenraum will die katholische Kirche dem evangelischen Ortspfarrer Martin Fromm und seiner Gemeinde schenken – "als Dank für die immer gute Zusammenarbeit und das Angebot, künftig Taufen oder Beerdigungen in der evangelischen Kirche zu ermöglichen", so Eller.

Die Nutzungsideen reichen vom Café bis zum Bürogebäude

Es habe Ideen gegeben, "Maria Hilf" zu einer Urnen-Begräbnisstätte oder einer Themenkirche umzuwidmen, sagt Pfarrer Eller. Diese hätten sich aber aus dem gleichen Grund zerschlagen wie eine soziale Weiternutzung durch die politische Gemeinde, denn: All das wäre mit enormen Kosten für die jeweiligen Träger verbunden.

Dennoch haben Eller und Schug die Hoffnung auf eine Weiternutzung durch kulturelle oder soziale Einrichtungen noch nicht aufgegeben. "Die Bausubstanz der Kirche ist gut", sagt Schug. "Man kann sich hier so einiges vorstellen." Eine Option sei natürlich auch die Umgestaltung zu Wohn- oder Geschäftsräumen. Ein Gutachter habe den Sachwert der Gebäude bestimmt. 

Blick vom Eingang der Kirche Richtung Altar.
Foto: Diana Fuchs | Blick vom Eingang der Kirche Richtung Altar.

Sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche ist die Auflösung von Kirchen nach bislang noch kein Riesenthema, betonen die jeweiligen Pressesprecher – auch wenn die vermehrten Kirchenaustritte natürlich zu Problemen führen. Kirchenrat Johannes Minkus, Pressesprecher der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern, hat in den vergangenen acht Jahren 14 Profanierungen in Bayern gezählt, die nähesten in Coburg, Nürnberg und Aschaffenburg. Manche Gotteshäuser wurden umgenutzt zu Gemeindehäusern oder Wohnungen, vier wurden abgerissen. 

Ähnlich äußert sich sein katholischer Amtskollege Bernhard Schweßinger, Pressesprecher der Diözese Würzburg. "Ganz wenige Kirchen", darunter ein kleineres Gotteshaus in Sommerhausen, seien in den vergangenen Jahren profaniert worden.  Abgerissen wurden Kirchen in Sailauf (Kreis Aschaffenburg) und Himmelstadt (Main-Spessart), so Schweßinger. Denn in den weiter im Ort bestehenden Kirchen "reicht für die Gottesdienstbesucher der Platz aus".

Das apokalyptische  Altarbild des zwölfköpfigen Drachens (rechts) und der Engel (links), die Maria und das Jesuskind umgeben,  soll nicht zerstört werden.
Foto: Diana Fuchs | Das apokalyptische Altarbild des zwölfköpfigen Drachens (rechts) und der Engel (links), die Maria und das Jesuskind umgeben, soll nicht zerstört werden.

Die Geschichte der Rüdenhäuser Kirche

Kirchenbau: 1954 errichtet, umfasst der Kirchenraum von "Maria - Hilfe der Christen" rund 170 Quadratmeter, das gesamte Grundstück gut 1000 Quadratmeter. Das Gotteshaus in der Rüdenhäuser Jahnstraße 20 mit dem Altarfresko "Apokalypse" (Maria umringt von Engeln und einem zwölfköpfigen Drachen) und Nebengebäuden wurde 1985 innen renoviert. 1995 kam der markante, freistehende Glockenturm mit vier Glocken (Michaels-, Mauritius-, Barbara- und Marienglocke) dazu.
Letzter Gottesdienst: Mit einem schlichten Abendgebet am Freitag, 15. März, wird die Kirche profaniert, das heißt: Der gottesdienstliche Betrieb wird eingestellt. Die Reliquien der drei Heiligen Prudentius, Bonifatius und Burkard, die sich im Altar befinden, werden entnommen, das Kerzenlicht gelöscht und "die Kirche in Stille verlassen", kündigt Pfarrer Matthias Eller an.  
Versteigerung: Nach der Profanierung wird ein neuer Eigentümer für Kirche, Grundstück und Glocken gesucht. Jeder Interessent könne ein Gebot bei der Katholischen Kirchenstiftung St. Mauritius in Wiesentheid abgeben, sagt Eller. Eine Preisvorstellung möchte er nicht nennen. Er wünscht sich eine soziale oder kulturelle Nutzung.
Quelle: ldk
 
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