
Es ist Abend in Kitzingen. Auf dem Camper-Parkplatz am Bleichwasen: nichts als gähnende Leere und ein wenig Frost auf den Stellflächen für Wohnmobile. Dann kommt plötzlich ein Haus auf Rädern angerollt. Stecker in die Steckdose, ein kurzer Schnack mit dem Platzwart, schon hat man sich etabliert.
Mit dem Wohnmobil im Winter in Urlaub fahren? Das klingt auf den ersten Blick nicht attraktiv. Am Main verweilen bei Minusgraden? Schon gleich gar nicht. Wir wollten wissen: Wer sind die Camper am Main und warum kommen sie Kitzingen auch in der kalten Jahreszeit besuchen?
Siegfried (70) und Marita (65) Pötz aus Düren: "Man kann morgens, nachmittags, nachts ankommen"

Seit 25 Jahren verreisen Siegfried und Marita Pötz schon mit dem eigenen Wohnmobil, 14 Jahre davon mit ihrem großen Gefährt, in dessen integrierter Garage sogar ein Quad samt zwei Fahrrädern Platz findet. "Haus auf Rädern" ist in diesem Fall keine Übertreibung.
Am Frühstückstisch am Fenster sitzend, erinnert sich Siegfried Pötz: "Am Anfang haben wir auch einen Bus ausgebaut, wie es die jungen Leute heute machen. Dann brauchten wir aber mehr Platz." Im jetzigen Mobil lässt es sich auch mit Hündin und Enkelkindern nicht nur platztechnisch gut verreisen, sondern auch im Winter gemütlich aushalten.

"Normalerweise können wir von März bis Dezember fahren, bis der erste Schnee auf der Solaranlage auf dem Dach liegt, und brauchen keine Steckdose", erklärt Marita Pötz. Für kleines Geld könne das Paar sein Gefährt aber schnell und unkompliziert an den Strom anstecken, wie dieses Mal, und "gut ist". Die beiden sind auf der Heimreise aus dem Süden: Bad Schönborn, Oberstdorf und Grainau haben sie abgeklappert. Eine Nacht bleiben sie diesmal in Kitzingen. Nach dem Kaffee wird die Fahrt fortgesetzt.
In Kitzingen sind sie nicht das erste Mal: Einmal im Sommer und einmal im Winter kommen sie auf ihren Reisen in die Große Kreisstadt. Ein großer Vorteil des unkomplizierten und offenen Kitzinger Stellplatzes: "Man kann morgens, nachmittags, nachts ankommen – das ist das Tolle", findet Marita Pötz.
"Außerdem gibt es eine supergünstige Verkehrsanbindung zur Autobahn, ob A7 oder A3. Sie haben das Städtchen zu Fuß über die Brücke in ein paar Minuten erreicht. Es gibt ein paar nette Lokale", meint ihr Mann.
Im Sommer hat das Ehepaar auch immer die Räder mit dabei, denn "Fahrradfahren kann man hier schön", sagt Marita Pötz. "Außerdem gehen wir auch immer zu einem ortsansässigen Designer. Wir haben uns vor 20 Jahren in Düsseldorf auf der Modemesse kennengelernt. Wenn ich hier bin, bekomme ich immer meine neuen Jeans – mit Glitzersteinen. Nicht so jedermanns Sache, aber ich liebe das Bling-Bling."
Siegfried Pötz hingegen hat das Kulturelle und die Veranstaltungen im Blick: Besonders entzückend sei es, wenn ein Händler an der Brücke stünde und eine Weinprobe anbiete. "Da wird was gequatscht", sagt er lachend. "Darum wird Kitzingen gut angenommen", betont Siegfried. "Der Platzwart ist nett, der Blick aufs Wasser ebenso. Was will man Schöneres?"
Bernd Lautz (67) und Monika Nöll (67) aus Siegen: "Traditionell essen wir immer Schäufele"

"Wir sind hier auf der Durchreise von Oberstdorf aus dem Winterurlaub", erzählt Bernd Lautz. Am Abend seien sie angereist, haben den Wohnwagen abgestellt und jetzt, am frühen Morgen, geht es schon wieder weiter in Richtung Norden – nach Hause. Gestartet haben er und Monika Nöll ihre Reise in Siegen in Nordrhein-Westfalen.
"Traditionell essen wir Schäufele im 'Bayerischen Hof', wenn wir in Kitzingen sind", sagt Lautz und zeigt mit dem Finger in Richtung Mainbrücke. "Eigentlich immer, nur gestern war es so kalt und wir waren lange unterwegs – da nicht."
Den Wohnwagen allein stehenzulassen, gefalle ihm außerdem nicht, meint er und blickt auf das Wohnmobil hinter sich. "Die Anschaffung ist eine Hürde. Aber wenn man es einmal geschafft hat, kostet die Übernachtung nicht mehr viel. Hier sind das um die elf Euro", sagt Lautz. Doch nicht nur die günstige Übernachtung reize an Kitzingen.
"Uns gefällt der Main und das Städtchen bis zum 'Bayerischen Hof'." Drumherum würden sie sich kaum aufhalten. "Aber hier am Ufer entlang", sagt Lautz, "das ist richtig toll. Im Sommer Fahrrad fahren oder am Wasser entlang joggen." Und er schwärmt von den Weinfesten und den Weinprinzessinnen.
Nöll fügt nickend hinzu: "Wir kommen gerne. Kitzingen ist immer ein schöner Anlaufpunkt. Wir empfehlen die Stadt auch weiter an Freunde." Anscheinend mit Erfolg. Denn im Sommer sei schon mal jeder Stellplatz belegt, meinen die beiden. Manche blieben länger; viele seien ebenso auf der Durchreise.

Genau das mache eine gute Mischung aus, sagt Lautz: "Jeder Stellplatz hat sein eigenes Publikum. Auf manchen Plätzen hat man wenig Kontakt mit den anderen – hier aber schon eher. Und den Platzwart kennen wir jetzt auch schon länger", meint Lautz. "Wir haben immer viel Spaß!"
Lautz und Nöll erzählen, dass sie am liebsten durch ganz Deutschland reisen, "Norden und Süden". Die beiden Renter hätten "jetzt die Zeit dafür."
Vom Reisen mit dem Wohnmobil sind sie überzeugt: "Da gibt's immer so kleine Örtchen, die man sonst nie sehen würde", findet Lautz. "Da würde man kein Zimmer buchen, aber mit dem Wohnmobil ist man so flexibel und mobil, dass man eben da hinfährt, wo es einem gefällt, und auch wieder fährt, wenn es einem nicht gefällt – das ist das Schöne." Kitzingen jedenfalls scheint ihnen zu gefallen.