Siegfried Wilke, ehemals Bürgermeister der Stadt Kitzingen während des NS-Regimes, ist laut neuester Geschichtsforschung kein unbedarfter Mitläufer gewesen, sondern hat in seiner Amtszeit Unrecht begangen, teils in vorauseilendem Gehorsam und ohne Druck von NS-Staat oder NSDAP. Ihm wird aktuell von einem Verwandten Kitzinger Juden vorgeworfen, indirekt Mitschuld am Tod eines Verwandten gehabt zu haben, weil Wilke ihn in "Schutzhaft" habe nehmen lassen.
Die Stadt Kitzingen hat daraufhin ein ausführliches Archivstudium in Auftrag gegeben und kommt zu dem Schluss, dass Wilke "Unterstützer und Erfüllungsgehilfe des NS-Unrechtsstaates" gewesen sei. Deshalb soll der Stadtrat eine nach ihm benannte Straße umbenennen. Darüber entscheidet das Gremium am Donnerstag, 23. September, ab 18 Uhr treffenderweise in der Alten Synagoge, dem aktuellen Sitzungsort für Stadtratssitzungen. Dass Wilke zudem als Ehrenbürger der Stadt noch heute auf den städtischen Internetseiten aufgeführt wird, wird in der Sitzungsvorlage nicht thematisiert.
Was wird aus der Ehrenbürgerwürde?
Aber auch diese Ehrenbürgerwürde des Verstorbenen könnte in der Diskussion eine Rolle spielen. Schließlich geht es um die grundsätzliche Frage, ob Wilke aufgrund seiner Nazi-Vergangenheit als Vorbild in Kitzingen dienen kann oder nicht. Anderen Ehrenbürgern aus der NS-Zeit hatte die Stadt ihre Ehrenbürgerwürde nachträglich ausdrücklich aberkannt.
Die geplante Umbenennung der Siegfried-Wilke-Straße in Kitzingen hat die Leserinnen und Leser auf unseren Internetseiten zu Kommentaren gereizt. Während ein Teil von ihnen es gut findet, einen überzeugten Nazi nicht länger als Vorbild für die Stadt hinzustellen, sprechen sich andere für einen Schlussstrich unter die Geschichte aus. Eine Zusammenfassung der Diskussion:
"purer-luxus" schreibt: Ich kann das bald nicht mehr hören und lesen. Warum überhaupt benennt man Straßen und Plätze überhaupt nach Personen? Muss das sein? Angesichts der vielen Umbenennungen in den letzten Jahren sicherlich nicht.
"meefisch": Nach dem Krieg wurden Viele aus der Verwaltung etc. von den Besatzern wieder in ihre Ämter gesetzt, um den Laden in Gang zu bringen. Man hat "Persilscheine" ausgestellt und dann musste es ja auch wieder weitergehen.
"Arcus": Umbenennung der Straße und Entzug der Ehrenbürgerwürde und das so schnell als möglich.
"Griller": Prof. Dr. Jochen Oppenheimer aus Lissabon verlangt eine Umbenennung. So ein Schmarren; es kann doch nicht sein, dass vom Ausland aus bei uns bestimmt wird, was zu tun und zu lassen ist. Es ist jetzt einfach einmal an der Zeit, damit Schluss zu machen.
"traumfrau": Wer vor ca. 85 Jahren die falsche Entscheidung in seinem Leben getroffen hat, wird HEUTE verurteilt? Was war mit den vielen NSDAP- Mitgliedern, denen teils hohe Würden und Ämter zuteil wurden?
Kommentare der Online-User
"delago": Ich denke, irgendwann sollte einmal Schluss sein. Sonst gehen uns noch die Straßennamen aus. Ich frage mich, wieso es in Deutschland Namen wie "Julius-Caesaer-Straße" oder "Napoleonstraße" gibt und sich niemand daran stört. Das waren doch Schwerverbrecher. Andere Länder haben ein weniger verkrampftes Verhältnis zu ihrer Vergangenheit.
"christel2": Sehr gute Idee, die Straße nach Dagmar Voßkühler zu benennen.
Gibt es da nicht noch die Otto-Selzer-Straße zum Umbenennen?
"roxy@": Irgendwann sollte Schluss sein, denn die Umbenennungen sind ein Fass ohne Boden.
"Lutterbeck": Liebe Stadträte, Sie sollten sich die Frage stellen: Was hat der Kitzinger Bürger davon? Das sollte im Focus Ihrer Politik liegen, nicht Ihre Ideologie. Vorschlag: Machen Sie eine Abstimmung aller Kitzinger Bürger dazu.