
Ende Mai war die Freude groß: Vor dem Eingangstor am Alten Friedhof in Kitzingen versammelten sich Bürgermeisterin Astrid Glos und Sebastian Därr von der Aplawia, um eine Lücke zu füllen. Diese war entstanden, weil ein morscher Baum hatte weichen müssen, an dem sich ein öffentlicher Bücherschrank befunden hatte. Ersatz für den Schrank musste her, was Astrid Glos auf den Plan rief.
Die Bürgermeisterin ist so etwas wie die Bücherschrank-Beauftragte. Ende Mai präsentierte sie dann "eine schöne Alternative": Ein Schrank, den die Aplawia gespendet bekommen hatte. Die gemeinnützige Kitzinger Organisation gab den Schrank dann ihrerseits an die Stadt weiter – um eben die Bücherschrank-Lücke zu füllen.
Die frohe Kunde darüber fand als Pressemitteilung den Weg in die Öffentlichkeit. In dem Beitrag hieß es, dass man den Schrank "wetterfest gemacht" habe und er zudem "in Kürze noch ein Schutzdach und ein Plexiglas-Fenster erhält".
Die Tür lässt sich nicht schließen
Kaum war das Bild von der "schönen Alternative" in den sozialen Netzwerken zu sehen, hagelte es Kritik. Moniert wurde, dass der Schrank schon beim Aufstellen eher windschief daherkomme. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Tür lasse sich nicht schließen. Sie stehe immerzu "komplett offen", hieß es da beispielsweise. Es sei deshalb nur eine Frage der Zeit, bis sich "der Schrank verzieht", schlug ein Kommentator in die gleiche Kerbe.
Moniert wurde zudem, dass der Schrank nicht "vor der Witterung und vor Vandalismus geschützt" sei. Was zu dem Vorschlag führte, dass man die Bücherschränke doch am besten "in öffentlichen Gebäuden wie Landratsamt oder Rathaus unterbringen" solle.

Astrid Glos fand die Kritik unangemessen. Der Schrank sei mit Bootslack versehen und könne so Wind und Wetter trotzen. Außerdem seien Nachbesserungen geplant: An der Tür werde "noch ein Magnetschnapper angebracht", zudem sei ein Dach in Planung. Von den sechs bestehenden Schränken, so der Hinweis von Glos, seien fünf aus Holz. Man habe hier "seit Jahren keine Probleme". Und wenn das Holz doch eines Tages schwächeln sollte, könne man jederzeit einen Austausch vornehmen, so die Mutter der Kitzinger Bücherschränke.
Glos: Nicht alles ist eine Punktlandung
Auch darüber hinaus verteidigte sie das Konzept: In öffentlichen Gebäuden machten Bücherschränke keinen Sinn, weil sie dann "nur zu den jeweiligen Öffnungszeiten zugänglich sind", was gerade "nicht Sinn und Zweck" sei. Man habe sich für das schnelle und unfertige Aufstellen entschieden, weil "die Nachfrage keinen Aufschub erlaubt" habe. Es sei eben "nicht alles eine Punktlandung", entgegnete Glos ihren Kritikern.
Das alles passierte, bevor der sintflutartige Regen samt entsetzlichem Hochwasser die Stadt heimsuchte. Danach war es auch um den noch dachlosen Bücherschrank geschehen: Der Starkregen sorgte dafür, dass der Schrank am Ende fast auseinanderfiel und nicht mehr zu retten war.
Das Ende vom Lied: Am Dienstag wurde der Schrank von Mitarbeitern der Stadt abgeholt und entsorgt. Dass der kaputte Nachfolger wieder einen Nachfolger bekommen wird, steht für Glos außer Frage. Wobei es diesmal eine Punktlandung werden soll.
