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Landkreis Kitzingen
Wie der Ukraine-Krieg auf den Arbeitsmarkt und die Schulen im Landkreis Kitzingen durchschlägt
Durch die Ukraine-Flüchtlinge strebt die Zahl der Hartz-IV-Empfänger einem Höchstwert entgegen. Auch das Schulsystem steht mit 500 geflüchteten Kindern und Jugendliche vor großen Herausforderungen.
Millionen von Ukrainern befinden sich derzeit wegen des russischen Angriffs auf der Flucht. Die Auswirkungen sind enorm – auch für den Landkreis Kitzingen.
Foto: Bernat Armangue, dpa | Millionen von Ukrainern befinden sich derzeit wegen des russischen Angriffs auf der Flucht. Die Auswirkungen sind enorm – auch für den Landkreis Kitzingen.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 12.11.2022 02:39 Uhr

Es war klar, dass Gerhard Waigandt keine guten Nachrichten aus dem Kitzinger Jobcenter dabei haben würde. Der Jobcenter-Chef deutete in seinem Bericht vor dem Sozialausschuss des Landkreises an, dass man bei Hartz IV womöglich vor neuen Höchstwerten stehe. Gut ablesen lässt sich das an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften: Die hatten zuletzt 2016 – auf dem Höhepunkt der damaligen Flüchtlingswelle – einen Wert von 1226 erreicht und waren dann bis 2021 auf 839 gesunken. 

Vergangenen Monat nun lag die Zahl bei 1129 Gemeinschaften mit 2254 Menschen. Die Tendenz sei weiter steigend und werde wohl die 1300er-Marke reißen, prophezeite Waigandt. Ein Großteil des Anstiegs hänge dabei mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zusammen: Aktuell beziehen 620 Ukrainerinnen und Ukrainer Hartz IV im Landkreis Kitzingen. Davon sind 380 erwerbsfähige Leistungsberechtigte sowie 240 Kinder unter 15 Jahren. 

In diesem Zusammenhang stellten sich gleich mehrere Probleme. Die Integrationskurse sind ausgebucht, die Warteliste ist lang. Auch laufe die Vermittlung in Arbeit alles andere als gut: Von den 380 ukrainischen Erwerbsfähigen konnten bisher gerade einmal 15 in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden. Warum das so ist – darüber konnte auch in dem Gremium nur spekuliert werden. Ein Erklärungsansatz: Nicht wenige sitzen auf gepackten Koffern und möchten nach Möglichkeit so schnell es geht zurück in ihre Heimat.

Ein weiteres Problem, so wurde in diesem Zusammenhang deutlich, ist das Thema Rente. In der Ukraine liege das Eintrittsalter bei 57 Jahren. Die glatten zehn Jahre Unterschied zum deutschen Eintrittsalter muss im Moment der Landkreis auffangen, der die Rente derzeit als Sozialleistung bezahlt. Wie viele Ukrainer das betrifft, welche Summen hier im Raum stehen und auf die Landkreiskasse zukommen, war zumindest in der Sitzung am Montagnachmittag noch eine völlig offene Frage und soll nun geklärt werden.

500 ukrainische Kinder und Jugendliche

Einen Blick auf die geflüchteten ukrainischen Schulkinder warf Florian Viering. Der Schulrat am Schulamt des Landkreises informierte das Sozial-Gremium über die Arbeit der "Steuerungsgruppe schulische Integration Ukraine".  In Unterfranken gebe es aktuell um die 5800 geflüchtete Minderjährige, im Landkreis Kitzingen sind es rund 500. Davon sind gut 100 zwischen sechs und zehn Jahren sowie gut 140 zehn bis 15 Jahre alt. 

Zum Ende des vergangenen Schuljahrs habe es an elf Schulen 13 "Willkommensgruppen" gegeben. Dafür sei auch Personal eingestellt worden, so genannte Willkommenskräfte. Im aktuellen Schuljahr gibt es 74 ukrainische Kinder an 13 Grundschulen. Die meisten Kinder (17) gehen in die Kitzinger Siedlungsschule, gefolgt von Wiesentheid (elf) und Kleinlangheim (zehn). In den Grundschulen sind die Kinder auf normale Regelklassen verteilt. Dort finde der Spracherwerb überwiegend "im Sprachbad" statt – gemeint ist damit die deutsch sprechende Umgebung.

Acht "Brückenklassen" im Landkreis

96 ukrainische Kinder und Jugendliche wurden zudem an Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien in acht so genannten Brückenklassen zusammengefasst. Dort gebe es einen eigens angepassten Stundenplan, dessen oberstes Ziel ebenfalls der Spracherwerb sei. Ende des Schuljahres soll dann neu sortiert werden, dann gebe es eine Schullaufbahnempfehlung. 22 Kinder und Jugendliche konnten bereits in Regelklassen untergebracht werden: elf an Gymnasien, acht in der Berufsschule, zwei an der Mittelschule und einer an der Realschule.

Dass auch dort große Anstrengungen nötig seien, deutete zumindest Freie-Wähler-Kreisrat Stefan Wolbert an. Der Leiter der Dettelbacher Realschule betonte, dass die Herausforderung mitunter darin bestehe, dass es bei den geflüchteten Kindern "disziplinarisch sehr unterschiedlich" zugehe.

 
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