Manchmal können Berechnungen richtig weh tun. So wie bei der Dettelbacher Kläranlage, die gerade für die nächsten Jahrzehnte fit gemacht wird. Fragt man sich nun, welcher Bedarf in Zukunft wohl besteht, kann es schnell unübersichtlich und vielleicht sogar ein wenig verrückt werden: Einwohnerzahl, Industrie, Touristen und Winzerbetriebe fließen in die Rechnung ein, die am Ende noch mit dem Faktor 1,3 – einem Erfahrungswert zur Sicherheit – multipliziert wird.
Und dann kommt, in einer 8000-Einwohner-Stadt, plötzlich eine Kläranlagen-Leistung heraus, die mal eben für umgerechnet 50.000 Einwohner ausgelegt und entsprechend kostspielig ist. Wobei man in diesem Zusammenhang durchaus von einer Kläranlage mit gewaltiger Blähung sprechen könnte.
Und so hatte es der erste Punkt in der ersten Stadtratssitzung des Jahres gleich in sich. Hörte sich der Titel der Machbarkeitsstudie mit "Bedarfsorientierte Sanierung und Weiterentwicklung der Kläranlage" eher etwas müde an, waren in Anbetracht der Zahlen alle Ratsmitglieder schnell hellwach. Dass die Zahl nach oben schießt, liegt nicht zuletzt an einer Besonderheit: dem Weinbau. Zwar spielt er für die Kläranlage nur ein paar Wochen im Jahr eine Rolle, aber diese Wochen haben es in sich. In der Erntezeit ist allein durch den Weinbau plötzlich ein Kläranlage-Bedarf da, der für 22.000 Einwohner reichen würde.
Eine Kläranlage mit "großer Spreizung"
Ohne Wein geht die Rechnung so: 8000 Einwohner plus Gewerbe plus Tourismus ergibt einen 14.000-Einwohner-Bedarf. "Eine große Spreizung" sei das, wies das beratende Büro auf die Besonderheit für Weinbaugemeinden hin. In Dettelbach kommt noch eine weitere hinzu: Der Mainfrankenpark, der aktuell noch an die Biebelrieder Kläranlage angeschlossen ist, soll abwassertechnisch an die Stadt angegliedert werden, zu der er gehört. Was umgerechnet noch einmal dem Bedarf von 3000 Einwohnern entspricht.
Das alles mal 1,3 – schon blinkt die Zahl 50.000 auf. Um die Weinkampagne und das entsprechende Abwasser wieder aus der Gleichung nehmen zu können und zu einigermaßen bezahlbaren Preisen zu kommen, gibt es nun diese Idee: Dettelbach will ein Hol- und Bringsystem für die Winzer einführen. Bedeutet: Das zu klärende Wasser landet nicht einfach im Kanal, sondern wird erst in Behältern gesammelt und dann zur Kläranlage gebracht. Dort kann es, wenn die Anlage gerade weniger ausgelastet ist, nach und nach gereinigt werden, also ohne die Kapazitätsgrenze auf einmal zu sprengen.
Diese mengenmäßig abgespeckte Variante ist immer noch teuer genug: Zwischen 11,7 Millionen und 12,5 Millionen Euro muss die Stadt investieren, um die Kläranlage auf Vordermann zu bringen. Wobei die nicht so teure Variante einige Nachteile hat und sehr viel mehr Platz an der Kläranlage benötigt würde. Bei der 12,5-Millionen-Variante, auf die alles hinausläuft und die vom Fachbüro Hoßfeld & Fischer (Bad Kissingen) empfohlen wurde, würde ein Faulturm dafür sorgen, dass auf einige Klärbecken verzichtet werden könnte. Nachdem zuletzt bereits rund drei Millionen Euro in die Kläranlage – beispielsweise in eine neu Rechen- und Sandfanganlage – gesteckt wurden, läuft es am Ende damit auf rund 15,5 Millionen Euro hinaus.
Bis zu zwei Jahre Bauzeit
Der weitere Zeitplan sieht nun so aus: Nach dem Ende der Planungen soll es so schnell wie möglich zu den Ämtern gehen, um sich Zuschüsse und Genehmigungen zu holen. An einen Baubeginn sei frühestens Ende 2025 zu denken, so das Planungsbüro. Der Bau selber würde dann bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Dass die Kläranlage am Ende doch wieder um einiges größer werden könnte, liegt daran, dass in Mainstockheim überlegt wird, sich an die Dettelbacher Kläranlage anzuschließen. Die Stadt hält hier die Tür für den möglichen "Abwassergast" noch offen, der dann allerdings auch die entsprechenden Kosten zu tragen hätte.