Es kommt einiges zusammen: Duschen und Baden 45 Liter. Toilettenspülung 32 Liter. Waschmaschine 17 Liter. Spülmaschine acht Liter. Macht pro Person im Schnitt 122 Liter am Tag. Martin Prühl, Betriebsleiter der Dettelbacher Kläranlage und städtischer Abwassermeister, weiß also ganz genau, was da pro Tag aus der Stadt und ihren Stadtteilen mit den knapp 7300 Einwohnern auf ihn zukommt. Der gebürtige Berliner macht gerade eine spannende Zeit durch: Die Transformation einer in die Jahre gekommenen Kläranlage zu einem Umweltbetrieb.
Prühl, 1989 geboren und in Suhl aufgewachsen, begeisterte sich schon früh für die Abwasserbehandlung. Nach einer entsprechenden Ausbildung in Thüringen machte er 2015 in Sachsen seinen Meister und war für den Betrieb von zwei Kläranlagen verantwortlich. Seit 2018 ist er bei der Stadt Dettelbach als Abwassermeister angestellt. Und das mit ganzer Kraft: Kaum da, halbierte er die zu entsorgende Menge an Klärschlamm. Und dass erstmals in der Dettelbacher Kläranlage ein Azubi ausgebildet wurde, hängt ebenfalls mit seinem Engagement zusammen.
So gesehen kann sich die Stadt Dettelbach sicher sein: Alle in den nächsten Jahren anstehenden Veränderungen an ihrer 1981 in Betrieb genommenen Kläranlage sind in den besten Händen. Das Projekt ist bereits angelaufen: Zunächst wurde eine neue Halle gebaut, in die aktuell eine moderne Rechen- und Sandfanganlage eingebaut wird. Nach der Erneuerung der mechanischen Abwasserreinigung soll ein Faulturm errichtet werden, danach ein zweites Kombibecken, das die Belebungs- und Nachklärbecken zusammenfasst.
Runderneuerung alles 25 Jahre
Ein Klärwerk ist so etwas wie ein immerwährendes Generationenprojekt: Alle 25 Jahre muss, so eine Faustformel, investiert und runderneuert werden. In Dettelbach ist dieser Zeitpunkt jetzt gekommen: Bis 2026 soll alles fertig sein, am Ende dürfte das Auf-Vordermann-bringen der Kläranlage um die sieben bis neun Millionen Euro gekostet haben.
Viel Geld, das meist unauffällig verschwindet. Klärwerke sind einfach da, Gedanken machen sich darüber die wenigsten. Eine kommunale Pflichtaufgabe, die meist am Rande der Stadt liegt und ziemlich müffelt. Dabei ist eine Kläranlage ein kleines Wunderwerk: Dreckiges Wasser läuft rein, sauberes Wasser kommt raus. In einer kommunalen Kläranlage wie der Dettelbacher kommt häusliches und industrielles Abwasser an, das gereinigt und der Natur wieder zur Verfügung gestellt wird. Dazwischen geht es komplex zu. Ein ausgeklügelter Kreislauf. In Empfang nehmen das Wasser in Dettelbach drei Pumpen, um es aus dem Kanal ins Klärwerk und damit auf den Reinigungsweg zu bringen.
Wie's funktioniert eine Kläranlage?
Und das funktioniert so: Zunächst startet die mechanische Reinigung. Da wartet die Rechenanlage. Ein System aus feinen und groben Rechen entfernt Abfälle, wie Toilettenpapier und andere Grobstoffe aus dem Abwasser. Alles Greifbare, was da nicht hineingehört, wird herausgefischt, als Schmutzstoff entwässert, in Spezialcontainern gesammelt und zur Müllverbrennung gebracht.
Danach folgt die Trennung des Sandes, den das Abwasser mit angespült hat. Der Sandfang besteht aus langen Rinnen. Bei einer Strömungsgeschwindigkeit von etwa 30 Zentimeter pro Sekunde setzen sich Sand, Kies und Steine am Boden ab. Auch diese mineralischen Stoffe werden entwässert und anschließend entsorgt.
Dann durchläuft das Wasser mehrere Klärphasen: Im Vorklärbecken wird der gröbste Schmutz herausgefiltert, Schlammteilchen werden vom Wasser getrennt. Während sich die Schlammteilchen am Beckenboden absetzen und in einen Schlammtrichter geschoben wird, sammeln sich die schwimmfähigen Teilchen an der Wasseroberfläche. Diese Schwimmstoffe bestehen größtenteils aus Fett und werden von der Oberfläche entfernt und verwertet.
Danach geht's für das Wasser ins Belebungsbecken. Dort warte die eigentliche Arbeit samt der besten Mitarbeiter: Bakterien und Mikroorganismen machen das Wasser wieder richtig sauber. Eine biologische Reinigungsanlage, die im Abwasser gelöste organische Stoffe sowie Phosphate und Stickstoffverbindungen abbaut. Zum Schluss wartet das Nachklärbecken, das den letzten verbliebenen Schlamm noch vom Wasser trennt.
49 Liter pro Sekunde
Der Vorgang dauert bis zu vier Tage. Danach wird das saubere Wasser zurückgegeben: Es landet im Main und ist, vereinfach gesagt, sogar sauberer als der Fluss. Im Dettelbacher Klärwerk kommen pro Sekunden im Schnitt 49 Liter Abwasser an – und geht gereinigt in der gleichen Menge wieder hinaus. Die maximale Aufnahmemenge – etwa bei Regen – liegt bei 94 Liter. Die neue Anlage kann künftig 120 Liter aufnehmen. Die maximale Menge, die hier gereinigt werden kann, beträgt 8122 Kubikmeter, künftig werden es 10.368 Kubikmeter sein.
Die Anlieferung erfolgt über ein Kanalnetz, das sich über 75 Kilometer erstreckt und es auf 3249 Einstiegsschächte bringt. Das Abwasser ist dabei unterschiedlich lange unterwegs: Wenn in Neusetz oder auch Neuses am Berg die Klospülung gedrückt wird, beginnt eine siebenstündige Reise bis zur Kläranlage. In Mainsondheim sorgt ein Pumpwerk dafür, dass die Reisezeit maximal eine Stunde beträgt.
Wer sich mit Martin Prühl über die Reise des Dettelbacher Klärwerks unterhält, landet schnell bei dem Begriff "Umweltfabrik". Was vor allem eines bedeutet: geschlossene Kreisläufe sowie ein geringer Verbrauch von Ressourcen wie Strom und Chemikalien. Ein gutes Beispiel eines geschlossenen Stroffkreislaufes ist die neue Sandfang- und Rechenanlage. Sie ist in der Lage, den sogenannten Kanalsand zu waschen und alle organischen Verunreinigungen aus dem Sand zu entfernen. Der gewaschene Sand ist nun kein Abfall mehr, sondern kann als Material im Straßenbau eingesetzt werden. Die Verunreinigen wiederum werden in der Kläranlage dann im Belebungsbecken abgebaut.
Beim Rechengut, also dem Herausfiltern von Fremdstoffen, hat sich ebenfalls etwas getan: Durch eine Waschpresse reduziert sich die zu entsorgende Menge – etwa Tampons, Feuchttücher oder FFP2 Masken – um etwa 30 Prozent. Das gewaschene Rechengut wird dann in der Verbrennungsanlage entsorgt.
Die neuen Anlagen sind allerdings nur der erste Teil der Sanierung: Die Kosten für die noch ausstehende Abwasserreinigung werden auf drei bis vier Millionen Euro und für die Schlammbehandlung auf zwei bis drei Millionen Euro geschätzt. Dazu soll sich noch ein Faulturm gesellen. In dem werden sich Schlamm und Bakterien etwa 25 Tage bei angenehmen 37 Grad tummeln. Die Faulgase erzeugen Wärme. Das soll es der Dettelbacher Kläranlage – in Zeiten von gestiegenen Stromkosten und steigender Preise für die Klärschlammentsorgung – möglich machen, Kosten zu sparen. "Am Ende der Sanierung wird die Kläranlage energieautark sein", verspricht der Kläranlagen-Chef.
Ursprünglich hätte die Endphase der Sanierung schon starten sollen. Probleme machte allerdings die dafür nötige Ist-Analyse. Das Ingenieurbüro traf auf Daten aus früheren Jahren, die für eine Zukunftsplanung unbrauchbar waren. Also gab es eine neue Datenerhebung ab 2020, die aber auch ein Problem beinhaltete: Was sagen Werte aus, die in Corona-Zeiten erhoben werden?
Spielraum für Erweiterungen
Die Ist-Studie wird somit erst in diesem Sommer fertig werden. Danach wird noch einmal genau geplant, dann muss alles noch genehmigt werden. Fest steht aber jetzt schon: Alles soll etwas größer werden, um etwa ein Drittel Luft nach oben zu haben. Das ist dann der Spielraum für künftige Entwicklungen in den nächsten 25 Jahren. Etwa für neue Baugebiete, erweiterte Industriegebiete oder einfach für die 200 Grundstücke, die derzeit noch unbebaut sind.
Dabei hat es die Kläranlage wegen der eingeschränkten Platzverhältnisse nicht ganz einfach: Auf der einen Seite der Main, auf der anderen die Straße und Weinberge – in die Breite geht da nichts mehr. Also bleiben Länge und Höhe. Die beiden Rechen-Sandfang-Kompaktanlagen befinden sich deshalb auch in einer länglichen Stahlhalle.
Nichts geändert hat sich an den Bürogebäuden. Im ersten Stock befindet sich das technische Herz der Kläranlage. Martin Prühl kann an der Kläranlagen-Steuerung alle Werte ablesen. Und er kann direkt auf den Main schauen: Dort also, wo das geklärte Dettelbacher Wasser sauberer als der Main nach getaner Arbeit in den Fluss strömen darf.
Mehr dazu auf unserer Homepage: www.umweltschutzverein.de unter AK Klärschlamm