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Kitzingen
Wahlausschuss bringt keine Klarheit über die Gültigkeit der OB-Wahl
Nach mehreren Pannen bei der Briefwahl in Kitzingen stellte der Wahlausschuss am Montag das endgültige Wahlergebnis fest. Ob es rechtlich halten wird, ist völlig offen.
Das historische Rathaus in Kitzingen mit dem Marktturm.
Foto: Andreas Brachs | Das historische Rathaus in Kitzingen mit dem Marktturm.
Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 10.04.2020 02:10 Uhr

Nach der Briefwahlpanne zur Kitzinger OB-Stichwahl hatten viele Bürger vom Wahlausschuss Aufklärung erhofft: Was ist schief gelaufen? Wie ist das Ergebnis rechtlich zu bewerten? Was passiert, wenn jemand die Wahl anficht? Hat Kitzingen dann noch einen OB? Und wenn ja, wen?

All diese Fragen tauchten am Montagmorgen zwar in der Sitzung des Wahlausschusses auf, doch auf keine konnte der eine befriedigende Antwort geben. Das mag auch daran gelegen haben, dass die Stadt darauf verzichtet hatte, einen Rechtsbeistand in die Sitzung zu entsenden. In manchen Fragen wäre das sicher hilfreich gewesen.

Apropos Anwesenheit: Obwohl der Ausschuss öffentlich im Rathaus tagte, waren alle Eingänge versperrt und es fand sich nirgends an den Eingangstüren ein Hinweis darauf, wie interessierte Bürger an der Sitzung hätten teilnehmen können. Selbst Vertreter der Presse und des Landratsamtes mussten sich erst Zugang verschaffen.

Viele Fragen waren und bleiben offen

Dass den Mitgliedern im Ausschuss unter der Leitung der städtischen Mitarbeiterin Astrid Haaf nicht ganz wohl in ihrer Haut war, konnte man merken. Zu viele Fragen waren und blieben offen.

So kann die Stadtverwaltung bis heute nicht sagen, wie viele Bürger keine Briefwahlunterlagen für die Oberbürgermeister-Stichwahl am 29. März erhalten haben. Nachdem die Stadt in drei Presseveröffentlichungen dazu aufgerufen hatte, sich zu melden, wenn die Wahlunterlagen fehlen sollten, kamen 150 Bürger auf die Stadt zu.

Daraus lässt sich ableiten, dass in den Wohngebieten Marshall Heights, Talstraße und Am Kalkofen keine Wahlscheine zugestellt worden waren. Zumindest in großen Teilen nicht. Eine exakte Übersicht über nicht belieferte Wähler gibt es aber nicht. Es könnten mehrere hundert sein, hat die Redaktion überschlagen.

Die Stadt konnte bisher auch nicht klären, ob es sich um ein Versäumnis der Stadtverwaltung oder der Post handelt. Die Version der Stadt: Sie habe am Montag vor der Wahl alle Briefwahlunterlagen an die Post übergeben. Die Antwort der Post: Was sie erhalten habe, habe sie auch zugestellt. 

Außerdem ist die hohe Zahl fehlender Wahlunterlagen zwar der eklatanteste Verstoß, aber längst nicht der einzige Mangel. So erhielten zum Teil Angehörige einer Familie unter ihrem Namen die Unterlagen eines anderen Familienmitglieds. Oder Bürger bekamen doppelt und dreifach Post. In einem der Redaktion bekannten Fall erhielt ein Wähler sogar viermal seine Wahlscheine.

Alles "mit heißer Nadel gestrickt"

Das alles lässt auf mangelnde Sorgfalt in der Stadtverwaltung schließen. Ausschussleiterin Astrid Haaf sagte zu den Mängeln in der Sitzung: "Wir wissen nicht, wer alles keine Unterlagen bekommen hat." Mit Blick auf die Durchführung der OB-Wahl als reine Stichwahl ergänzte sie: "Wir haben mit sehr heißer Nadel gestrickt und alle möglichen Leute im Hause aktiviert", um die Briefwahlunterlagen zu sortieren und in Umschläge zu stecken.

Auch habe die Verwaltung – wie andere Kommunen auch – mit einem "sehr komplizierten, neuen Programm" zu kämpfen gehabt, für das überdies noch bis kurz vor der Wahl Updates gekommen seien und zu verarbeiten waren.

Fragen der vier weiteren Ausschussmitglieder zur Bedeutung der Pannen für die Wahl konnte Haaf nicht beantworten. An der Sitzung nahmen Heinz Herrenschmidt (CSU), Carmen Reisenleiter (UsW), Erika Möhres-Moser (SPD) und Sabine Failer-Hermann (Freie Wähler) teil. Sie vertraten die vier größten Fraktionen des Stadtrats und waren von ihnen für den Wahlausschuss vorgeschlagen worden. 

Eine offene Frage des Ausschusses konnte die Redaktion über das Landratsamt klären: Nach Feststellung des Wahlergebnisses wird der gewählte Oberbürgermeister Stefan Güntner wie vorgesehen zum 1. Mai sein Amt antreten. Das gilt auch für den Fall, dass jemand die Wahl anfechten sollte. 

Das offizielle Ergebnis der OB-Stichwahl

Mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses hat nun jeder Kitzinger Wähler das Recht, die Wahl beim Landratsamt schriftlich anzufechten. Eine E-Mail reicht dazu allerdings nicht.

Das offizielle Ergebnis der OB-Stichwahl in Kitzingen: 16 682 Stimmberechtigte, abgegebene Stimmen:  8296, gültige Stimmen: 8253. Stefan Güntner (CSU) erhielt 4854 Stimmen, Manfred Paul (SPD) 3399. Damit ist Stefan Güntner mit einem Vorsprung von 1455 Stimmen zum neuen OB gewählt.

 
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Kommentare
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  • M. K.
    Das Versäumnis wird wohl bei der Stadt liegen, denn wenn schon Wahlunterlagen mehrmals zugestellt werden und jetzt im Nachhinein keinerlei Interesse gezeigt wird, den Sachverhalt zu klären, dann wohl doch nur, um die eigenen Fehler zu vertuschen.
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