
"Eigentlich wissen wir nur, dass das Paket nicht angekommen ist." Diese Erkenntnis stand am Ende einer Verhandlung vor dem Amtsgericht in Kitzingen. Ein 35-jähriger Paketzusteller saß wegen der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie Diebstahls auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Der derzeit arbeitslose Mann soll für das Verschwinden eines Pakets mit fünf iPads im Wert von 4300 Euro verantwortlich sein. Zu beweisen war das aber nicht.
Dass die Ermittlungsergebnisse für eine Verurteilung nicht reichen, darüber waren sich am Ende Staatsanwaltschaft, Verteidiger und schließlich auch Richterin Ingrid Johann einig. Auch wenn bei der Zustellung einiges "dubios" gelaufen ist, wie es der Staatsanwalt sagte: "Die Indizien reichen nicht für ein Urteil." Klar war am Ende nur, dass das Paket mit dem wertvollen Inhalt verschwunden ist. Wo, wohin, wann und durch wen, blieb aber in der Verhandlung offen.
Die Anklage war davon ausgegangen, dass der Zusteller das Paket im September 2023 verschwinden ließ. Dafür gab es Indizien wie unkorrekte Angaben auf dem Scanner, einen falschen Zustellungstermin oder ein beim Angeklagten gefundenes Paket mit Elektroteilen, das allerdings niemand vermisste. Dazu kamen zwei Vorstrafen auf dem Konto des Beschuldigten. Das reichte offenbar für die Anklage.
Betrieb quittiert die Zustellung, doch das Paket taucht nirgendwo auf
In der Verhandlung zeigte sich allerdings schnell, dass der Nachweis schwierig würde, zumal plötzlich auch noch ein zweiter Fahrer auftauchte, der bei der Fahrt dabei gewesen sein soll. Deutlich wurde, dass die Zustellung an einen Betrieb in Wiesentheid nicht "normal" gelaufen ist. Der Zusteller konnte oder wollte sich zwar an den Vorgang nicht erinnern. "Ich stelle täglich 100 und mehr Pakete zu", sagte er. Die "besonderen Umstände" fielen ihm dann aber doch wieder ein.
Er hatte offenbar "vergessen", sich die Übergabe per Unterschrift bestätigen zu lassen. Der Transportmanager des Kurierdienstes machte den Mann darauf aufmerksam und informierte gleichzeitig den Wiesentheider Betrieb über die fehlende Unterschrift. Ein Tag später holte der Fahrer die Unterschrift beim Wareneingang des Betriebs ab.
Der zuständige Mitarbeiter unterschrieb allerdings, obwohl er das Paket nie gesehen hatte. "Sehr gutgläubig", nannte das ein Zeuge. Die Unterschrift wurde ins System des Paketdienstes übernommen. Damit war das Paket formell zugestellt. Später stellte die Firma fest, dass die iPads gar nicht aufzufinden waren.
Die Spur führte also zurück zu dem Fahrer, der von den Vorwürfen nichts wissen wollte. Etwas anderes war nicht nachzuweisen. "Wir kommen nicht weiter", fasste der Staatsanwalt den Verlauf der Verhandlung zusammen: "Ein sicherer Tatnachweis ist nicht zu führen." Die Folge: Freispruch auf Kosten der Staatskasse.