
Weil sie die Touren nicht schaffte, ließt eine Kurierfahrerin 46 Pakete in ihrem Keller verschwinden. Dabei blieb es aber nicht. Sie öffnete einen Teil der Pakete und nutzte den Inhalt: Spielzeug ebenso wie Wäsche und ein Handy. Zudem hat sie 22 Mal die Unterschriften auf dem Display des Scanners gefälscht, mit der die Kunden den Empfang der Pakete bestätigen. Jetzt hat die 34-Jährige die Rechnung bekommen.
Unter dem Vorsitz von Patricia Finkenberger verurteilte das Schöffengericht in Kitzingen die mehrfach wegen Betrugs vorbestrafte dreifache Mutter zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe –wegen Unterschlagung und Veruntreuung, des Bruchs des Post- und Fernmeldegeheimnisses und der "Fälschung beweiserheblicher Daten".
Dabei hatte die hoch verschuldete und kurz vor der Privatinsolvenz stehende Frau noch Glück. Sie steht unter offener Bewährung. Nur zwei Tage nach der Verurteilung wegen Betrugs zu vier Monaten auf Bewährung hat 2018 die Serie der Unterschlagungen begonnen. "Eine enorme Rückfallgeschwindigkeit", sagte dazu die Staatsanwältin. Das hätte die Angeklagte auch wegen der Vielzahl der Straftaten und der Höhe des Schadens (je nach Einschätzung zwischen 2300 und 6000 Euro) hinter Gitter bringen können.
Noch einmal Strafe zur Bewährung
Dass sie noch einmal mit Bewährung davon kam, lag an ihrem Geständnis und auch daran, dass die Sache inzwischen zweieinhalb Jahre her ist. Seither ist nichts mehr passiert und das rechnete das Gericht der Frau ebenso an wie die Tatsache, dass sie inzwischen in "geregelten Verhältnissen" lebt und einen Arbeitsplatz hat.
Den hatte sie im Herbst 2018 gesucht und am 29. November bei einem Kurierdienst gefunden. Mitten im Weihnachtsgeschäft wurde sie nach kurzer Einweisung auf die Touren geschickt. Damit aber war die Frau überfordert. "Ich habe das unterschätzt", sagte sie dem Gericht. Weil sie "mehr Retouren hatte als alle anderen Fahrer zusammen", wie es einer ihrer Chefs als Zeuge sagte, gab es deutliche Worte. Auf Tour geschickt wurde sie dennoch weiter. Weil sie das Pensum trotz vieler Überstunden nicht schaffte, fälschte sie Unterschriften der Kunden und nahm nicht zustellbare Pakate mit heim. "Ich wollte die notfalls auch am Sonntag ausfahren", sagte sie, aber: "Es wurden immer mehr." Warum sie die Pakete nicht nur gebunkert, sondern einen Teil geöffnet und den Inhalt verwendet hat, konnte oder wollte sie nicht erklären. "Ich weiß, dass das blöd war", sagte sie nur.
Polizei kam der Wahrheit auf die Spur
Aufgeflogen ist alles, als ein Kunde auf der Suche nach seinem angeblich zugestellten Paket die Polizei einschaltete. Für die war es ein Leichtes, über die Daten des Kurierdienstes die Zustellerin zu ermitteln. Nach einer Hausdurchsuchung war alles klar. "Überall im Haus waren Pakete oder Teile davon zu finden", sagte ein Polizist als Zeuge. Der Rest war Routine. Die Pakete wurden – soweit möglich – noch ausgeliefert, die restlichen Waren gingen ans Rote Kreuz und die Frau hatte ihr Verfahren am Hals.
Das war beim ersten Versuch vertagt worden, weil ein Gutachten die Schuldfähigkeit der Frau klären sollte. Das lag im zweiten Anlauf vor und kam zu dem Ergebnis: Es gibt trotz einiger psychischer Probleme keinen Grund, eine Schulunfähigkeit anzunehmen. Damit muss die Frau für ihre Taten geradestehen. Das heißt: Elf Monate Freiheitsstrafe, drei Jahre Bewährung plus Bewährungshelfer, Rückzahlung des Schadens in Höhe von 2300 Euro in Raten und die Kosten des Verfahrens.