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Kitzingen
Von der Elfenbeinküste nach Kitzingen: Lehramtsstudent unterrichtet hier an Gymnasien
Kouadio Samuel N’dri hat von Kindesbeinen an Deutsch gelernt und will in seinem Heimatland Deutschlehrer werden. Dazu nimmt er an einem Austauschprogramm teil, das ihn nach Kitzingen und Marktbreit führt.
Samuel N'dri gefällt es in seiner neuen Wohnung mit Blick auf Etwashausen gut. Hier trägt er das Shirt der Fußball-Nationalmannschaft der Elfenbeinküste.
Foto: Jutta Schwegler | Samuel N'dri gefällt es in seiner neuen Wohnung mit Blick auf Etwashausen gut. Hier trägt er das Shirt der Fußball-Nationalmannschaft der Elfenbeinküste.
Jutta Schwegler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:31 Uhr

Als Kouadio Samuel N’dri im September in Frankfurt am Flughafen ankam, hatte er nach eigener Aussage zunächst ein sehr seltsames Erlebnis: "Um mich herum waren außer afrikanischen Freunden aus Stuttgart ausschließlich Menschen mit weißer Hautfarbe, das hab ich noch nie so gesehen!" Bisher war er aus seinem Heimatland Côte d’Ivoire, der Elfenbeinküste, nur ein Mal in ein Nachbarland gekommen, als er mit dem Hochschulchor auf Konzertreisen war. Doch auch in manch anderer Hinsicht war der Wechsel ein regelrechter Kulturschock. 

Samuel N’dri kommt aus dem mittleren Westen seines Landes oberhalb des Äquators, er gehört zu der Sprachgruppe der Baoulé, ist 27 Jahre alt und Student für das Lehramt in Deutsch an der Universität von Abidjan. Seine Eltern sind Bauern und bearbeiten eine Plantage mit Kakao, Bananen, Yamswurzeln und Hevea, einer Gummibaumart. Samuel ist der Jüngste von vier Kindern, hat zwei Brüder und eine Schwester, welche weit weg geheiratet hat. Die Familie wohnt im Dorf Ania-Assikassa bei Daoukro (s. Karte).

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Samuel N’dri hat genauso wie sein älterer Bruder Abitur gemacht. Während dieser keine Arbeit gefunden hat und nun auf der Plantage mitarbeitet, strebt Samuel eine Laufbahn als verbeamteter Lehrer für Deutsch im Schulwesen der Elfenbeinküste an: "Lehrer haben bei uns eine hohe Reputation und verdienen gut", sagt er. Seine Familie spricht das Baoulé, eine von 77 Sprachen der Elfenbeinküste. Dazu die Amtssprache Französisch, die dem Land nach 77 Jahren blieb, auch nach der Unabhängigkeitserklärung von 1960.

Ehemalige französische Kolonie war für ihr Elfenbein bekannt

Die Ernte auf den Feldern in Samuel N'dris Heimat ist mühselig. Hier kniet seine Nichte zwischen Erdnusspflanzen.
Foto: Samuel N'dri | Die Ernte auf den Feldern in Samuel N'dris Heimat ist mühselig. Hier kniet seine Nichte zwischen Erdnusspflanzen.

Von 1893 an war das Land lange Zeit französische Kolonie. Seinen Namen hat es von den Elefanten, die früher wegen des Elfenbeins stark bejagt wurden, mittlerweile sind sie sehr selten geworden. Heute findet man dort noch Leoparden, Hyänen, Schakale, Flusspferde und Antilopen, insgesamt 80 verschiedene Arten von Säugetieren.

Das Fach Deutsch wurde in seinem Gymnasium in Daoukro ab der 7. Klasse unterrichtet. Und warum wollte Samuel N'dri Deutsch studieren? "Ich war sehr gut in Deutsch und die Sprache gefällt mir, deshalb wollte ich es studieren und später auch an die Schüler weitergeben", sagt er. Seit 1960 wird die deutsche Sprache an Schulen der Elfenbeinküste unterrichtet. Samuel spricht neben Deutsch noch Englisch, Französisch und Baoulé.

Mit 19 Jahren zog er 2014 zum Studium nach Abidjan, welches im Süden am Atlantik liegt. Seine Freundin dort studiert übrigens ebenfalls Deutsch. Inzwischen hat er den Bachelor schon abgelegt, der Master soll folgen. Im Rahmen des Deutschstudiums lesen die Studenten dort auch Werke von Goethe und Schiller. Als der DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) ein Stipendium in Deutschland anbot, bewarb er sich und wurde nach einem Auswahlverfahren genommen.

Sprachkenntnisse verbessern und Kultur kennenlernen 

Im Unterricht unterstützt Kouadio Samuel N’dri die jeweiligen Lehrer.
Foto: Jutta Schwegler | Im Unterricht unterstützt Kouadio Samuel N’dri die jeweiligen Lehrer.

Aber zunächst ist Samuel N’dri in Deutschland, um die Sprache besser sprechen zu lernen und sich in die Kultur zu vertiefen. Zu Beginn standen fünf Tage Einführungskurs in Bamberg durch den DAAD, wo er auch andere Fremdsprachenassistenten kennen lernte. "Es ist sehr wichtig für mich, zu anderen Fremdsprachenassistenten Kontakt zu haben. Man tauscht seine Erfahrungen aus, man trifft sich ab und zu", erzählt er.

Das ist im digitalen Zeitalter leichter als früher. Seit Schuljahresanfang hat er sich dann langsam in die ungewohnten Abläufe eingearbeitet. Sehr viel Glück hatte er bei der Suche nach einer Wohnung. Zunächst nahm ihn die Fachbetreuerin für Französisch am AKG, Antje Pöllot, auf. Durch einen Aufruf in der Schule meldeten sich sofort Schülereltern und boten ihm eine Ferienwohnung in der Kitzinger Siedlung an, die er seit vier Wochen bewohnt.

Nun betreut Samuel N’dri als Fremdsprachenassistent das Armin-Knab-Gymnasium in Kitzingen und das Gymnasium in Marktbreit. In Kitzingen ist er in drei Klassen dabei, in Marktbreit in vier. Er teilt sich die Stunde mit der Hauptlehrkraft, stellt sein Land vor, vermittelt Details der Landeskunde, bespricht französische und afrikanische Lieder mit den Schülern. Berührungsängste bestehen nicht.

"Die Schüler sind sehr offen, sind neugierig, stellen auch viele Fragen zu meinem Land", sagt er. Auch die Kollegen seien sehr freundlich und hilfsbereit . Wenn er an die Tafel schreibt, können sich die Schüler gleich an die französische Schreibweise gewöhnen, die sich von unserer Art zu schreiben, etwas unterscheidet.

Austausch-Student schätzt deutsche Exaktheit, aber hat Probleme mit dem Essen

Frauen der Elfenbeinküste beim Kochen auf dem Lande.
Foto: Samuel N'dri | Frauen der Elfenbeinküste beim Kochen auf dem Lande.

Samuel N’dri fühlt sich bisher wohl in Deutschland: "Es ist alles so exakt hier, zum Beispiel die Straßen, die Fahrpläne." Das einzige, was ihm im wahrsten Sinne des Wortes etwas Magenschmerzen verursacht, ist das Essen. Seine Lieblingsgerichte zuhause sind Foutou (Klöße aus Maniok oder Yamswurzel) mit unterschiedlichen Soßen aus Bananen, Erdnüssen oder Auberginen.

Gerne isst er verschiedene Ragouts von Fleisch oder Fisch mit Soßen. Da war das Essen im Einführungskurs mit Sauerkraut und Würstchen, Pommes frites und Pizza schon gewöhnungsbedürftig. Aber er hat sich mittlerweile schon selbst mit dem Nötigsten aus der afrikanischen Küche versorgt.

Und neue Kleider mussten auch her, schon längst friert er, hat sich schon mit einer langen, gefütterten Winterjacke eingedeckt. Bekannte versorgten ihn mit Schals, Mützen, Pullovern und Skiunterwäsche, denn: Minustemperaturen hat Samuel noch nie erlebt, geschweige denn Schnee. Und auf den freut er sich wie ein Kind.

Elfenbeinküste

Côte d'Ivoire, französisch für Elfenbeinküste, liegt im Westen Zentralafrikas zwischen Liberia und Ghana. Abidjan im Süden an der Küste ist wirtschaftliches und politisches Zentrum mit Universitäten.
Größe: 322.462 Quadratkilometer, fast so groß wie Deutschland, bei 30 Millionen Einwohnern.
Hauptstadt: Yamoussoukro in der Mitte des Landes.
Politik: Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich seit 1960, präsidentielles Regierungssystem.
Landschaft: weite Ebenen, im Westen auch Berge mit bis zu 1000 Metern Höhe.
Vegetation: Savannen im Norden, Regenwaldgebiete im Süden.
Klima: Temperaturen: von 14° bis über 30° Celsius, hohe Luftfeuchtigkeit, Regen- und Trockenzeiten.
Sprache: Amtssprache Französisch und 77 verschiedene afrikanische Sprachen.
Quelle: jut
 
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