Antreten, um die Strafe abzuholen – das war, wenn man so will, der Tagesbefehl für einen Bundeswehrsoldaten. Der war vergangenen April in der Volkacher Disco verhaltensauffällig geworden. Sturzbetrunken legte er sich erst mit Security-Mitarbeitern und später dann sogar noch mit der herbeigerufenen Polizei an. Für den Mann ging es am Kitzinger Amtsgericht darum, ob ihm eine mögliche Vorstrafe auf dem weiteren Berufsweg einen großen Stein in den Weg legen würde.
Es ist Anfang April 2023, als sich der 25-jährige Zeitsoldat mit einem Kameraden ins Volkacher Nachtleben stürzt. In der Disco wird ziemlich schnell ziemlich viel Alkohol getrunken. Über 1,6 Promille sind es am Ende bei dem Angeklagten. Bald kippt die Stimmung: Die beiden Männer rempeln gerne, verhalten sich zunehmend aggressiv. Die Türsteher beobachten dies schon geraume Zeit. Kurz nach Mitternacht setzen sie die Soldaten schließlich vor die Tür.
Ansage an die Türsteher: "In Dortmund würde man euch abstechen"
Wenig später sind die beiden Männer wieder da: Sie werden erneut hereingelassen, zahlen an der Kasse sogar noch einmal Eintritt. Auch diesmal bleibt es nicht friedlich: Der 25-Jährige und sein Kumpel zetteln eine verbale Auseinandersetzung mit einer anderen Gruppe an. Wieder greifen die Türsteher ein. Diesmal aber lassen sich die Unruhestifter nicht so leicht zur Ausgangstür schieben. Es kommt zum Gerangel. Der Angeklagte versetzt einem der Türsteher einen Faustschlag ins Gesicht und zerreißt zudem dessen Jacke und Shirt.
Damit nicht genug: Der verletzte Türsteher wird auch bedroht. Er könne froh sein, dass er auf dem Land arbeite und nicht in einer Großstadt, lässt der Soldat die Security-Mitarbeiter wissen. Denn: "In Dortmund würde man euch abstechen!"
Zu Ende ist der Vorfall damit noch nicht. Die Szenerie hat sich inzwischen vor die Tür verlagert, wo man auf die herbeigerufene Polizei wartet. Die ist gerade eingetroffen, als Teil zwei der Auseinandersetzung beginnt. Die anstehende Personenkontrolle ist dem 25-Jährigen ein Dorn im Auge. Er geht die Beamten an und führt sich derart auf, dass er zu Boden gebracht und fixiert werden muss. Dazu lässt er Beleidigungen vom Stapel. Es habe "Verständigungsprobleme" gegeben, wird später der Verteidiger dazu sagen.
Ein Faustschlag als Reflex: eine Schutzbehauptung
Vor Gericht versucht der Angeklagte, der inzwischen nicht mehr in Volkach stationiert ist, seine Rolle herunterzuspielen: Der Dortmund-Hinweis sei keine Drohung, sondern lediglich eine Information gewesen. Bei dem Schlag habe es sich um "einen Reflex" gehandelt, weil er zuerst geschlagen worden sei. Beides stellt sich jedoch ziemlich schnell als falsch heraus.
Aber es gibt auch jede Menge Einsichten bei dem Angeklagten: Weil eine Kamera das Geschehen vor der Disco aufzeichnet, konnte der 25-Jährige genau sehen, wie er in jener Nacht unterwegs war: "Ich habe mich selbst nicht wiedererkannt", gesteht er der Richterin. Er trinke deshalb seither nur noch "ganz selten Alkohol". Und mit Schnaps sei es seiner Aussage zufolge nach der damaligen Tequila-Nacht inzwischen ganz vorbei.
Die beiden als Zeugen befragten Türsteher haben auch fast ein Jahr später noch gute Erinnerungen an den Randale-Soldaten, der seit 2019 beim Bund und inzwischen Oberstabsgefreiter ist. Er sei "sehr betrunken, sehr aufgebracht und sehr aggressiv" gewesen. Gerade in Verbindung mit einem Soldaten habe man "so etwas noch nicht gehabt", betont einer der Türsteher. Der Faustschlag sei jedenfalls ein ziemlicher Treffer gewesen: "Da kam der Soldat durch!", bewertet der Zeuge die Qualität des Schlages.
Entschuldigung bei der Polizistin per Handschlag
Klar ist aber auch: Auf der Anklagebank sitzt "eigentlich ein feiner Kerl", wie es eine Polizistin zusammenfasste, nachdem sich der 25-Jährige bei ihr für die damaligen Beleidigungen im Sitzungssaal per Handschlag entschuldigt hatte. Das Herumteufeln und schnelle Volllaufen-Lassen hatte letztlich wohl auch damit zu tun, dass seine Freundin seinerzeit mit ihm Schluss gemacht hatte. Ansonsten habe man es hier mit einem "grundsoliden Leben" zu tun, wie auch Strafrichterin Ilka Matthes feststellt.
Für den nicht vorbestraften Mann geht es nun darum, ob sein Weg weiterhin grundsolide verläuft: Er hat noch zweieinhalb Bundeswehr-Jahre abzuleisten und würde danach gerne Polizist werden – was die Frage nach der Vorstrafe in den Mittelpunkt rückt. Das entsprechende Gesetzt sieht so aus: Vorbestraft ist, wer zu einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen oder aber zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde.
Während die Staatsanwaltschaft eine Vorstrafe für nötig hält und 110 Tagessätze zu je 80 Euro fordert, setzt das Gericht in seinem Urteil auf mehr Wohlwollen: Die denkwürdige Nacht kostet den Soldaten 90 Tagessätze zu je 80 Euro, also 7200 Euro. Es dürfte einer der teuersten Disco-Besuche gewesen sein, die Volkach je erlebt hat.