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Etwashausen
Ursel Döllinger: Die Grande Dame der Ebshäuser Kerm und ihr Abschied nach 65 Jahren
Sie galt als Seele der Kirchweih in Etwashausen: Ursel Döllinger verabschiedete sich heuer aus der Mitverantwortung und legte ihre Arbeit in jüngere Hände.
Das historische Bild zeigt Ursel Döllinger (rechts) zusammen mit ihrer Schwester Elke Hein beim Tragen von Bändern.
Foto: Archiv Ursel Döllinger | Das historische Bild zeigt Ursel Döllinger (rechts) zusammen mit ihrer Schwester Elke Hein beim Tragen von Bändern.
Hartmut Hess
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Die Ebshäuser Kerm in Kitzingens Gärtnervorstadt Etwashausen und Ursel Döllinger – beides gehörte in den vergangenen 65 Jahren untrennbar zusammen. 1957 lief sie als kleines Mädchen erstmals im Umzug mit – seitdem war sie nicht mehr wegzudenken. Die heute 72-Jährige galt als Seele der Kerm. Die Grande Dame hat sich heuer aus der Mitverantwortung verabschiedet und beendete ihre organisatorische Arbeit rund um die Kerm und dem Kirchweihkomitee.

Wann kam Ursel Döllinger zur Kerm und wie verlief die frühe Phase ihre Kirchweih-Laufbahn?

Ursel Döllinger war sieben Jahre als sie 1957 als kleines Mädchen erstmals mit einem Körbchen neben dem Gansträger an der Zugspitze mitlief. Dass ihr Vater Günther Simon alljährlich an der Gestaltung der Kerm mitgewirkt hatte, hatte sie als Mädchen inspiriert. Fortan war sie in festlichen Gewändern als Blumenmädchen zu sehen und 1967 erlebte sie den vorzeitigen Höhepunkt ihrer Laufbahn. Denn sie durfte aus den Händen ihrer Vorgängerin Wilma Reuther die Krone der Gärtnerkönigin übernehmen. Die Blondine genoss die Huldigung ihrer Untertanen und ihr Amtsjahr sehr.

Lange Jahre steuerte Ursel Döllinger (unten rechts) das Cabrio mit dem Kirchweihpräsidenten Markus Volbers (unten links) sowie Oberbürgermeister Siegfried Müller (oben rechts) und mit der Gärtnerkönigin das Jahres 2009, Tina Starkmann.
Foto: Hartmut Hess | Lange Jahre steuerte Ursel Döllinger (unten rechts) das Cabrio mit dem Kirchweihpräsidenten Markus Volbers (unten links) sowie Oberbürgermeister Siegfried Müller (oben rechts) und mit der Gärtnerkönigin das Jahres ...

Wie kamen ihr Organisationstalent und ihrer Tatkraft ans Tageslicht?

1968 machte Ursel Döllinger ihr Gesellenstück und Meisterarbeit in einem. Damals hatte es großen Zwist und böses Blut zwischen den Etwashäuser Handballern und der Stadt Kitzingen mit Oberbürgermeister Oskar Klemmert an der Spitze gegeben. Plötzlich streikten die Gärtner wegen der Kirchweih-Ausrichtung und als 18-Jährige avancierte sie zur Retterin der Kerm. Von Haus zu Haus gehend, lief sie sich die Füße wund und putzte unzählige Türklinken und schaffte es tatsächlich, junge Gärtner für die Kerm zu gewinnen. Unter dem Motto "Mit verstärkter Kraft" wurde dann die Kerm des Jahres 1969 angegangen und der Kraftakt schweiße die Etwashäuser zusammen. Ihre Tatkraft stellte sie auch unter Beweis als sie zusammen mit Wilma Reuther und Brigitte Hartner 1984 die Marktweiber ins Leben rief. Die Marktweiber traten fortab bei Jubiläen auf, gratulierten zu runden Geburtstagen innerhalb der Gärtnerschaft und sind mit einem Wagen im Umzug beteiligt. 

Ursel Döllinger war sich für keine Arbeit zu schade, auch beim Schmücken der Kirchweihwagen legte sie immer Hand mit an.
Foto: Hartmut Hess | Ursel Döllinger war sich für keine Arbeit zu schade, auch beim Schmücken der Kirchweihwagen legte sie immer Hand mit an.

Welchen Männern hat sie am meisten und in welcher Form gedient?

Für alle Kirchweihpräsidenten und Burschenschafts-Vorsitzenden war Ursel Döllinger ein Segen. Schon als junge Frau packte sie die Arbeit an und war in ihrem Element, wenn es darum ging, für die die Kerm aktiv zu werden. Sie besorgte für den Umzug Blumenmädchen, engagierte Pferdekutscher, verpflichtete Musikkapellen, kümmerte sich um Beiträge und Anzeigen für den Kirchweih-Generaler, organisierte den Burschenball, sorgte sich um den Ablauf des Schubkarrenrennens, war eine koordiniere Kraft beim Schmücken der Kirchweihwagen und war ein weiblicher Tausendsassa in Sachen Kerm. Der heutige Kirchweihpräsident Markus Volbers weiß ihr Engagement zu schätzen und viel mehr noch dessen Vorgänger Adam Straßberger. Denn in dessen 30-jähriger Amtszeit hielt die Grande Dame der Kirchweih ihm den Rücken frei. Seit 1997 steuerte sie im Umzug das Cabrio mit dem Kirchweihpräsidenten, der Gärtnerkönigin und dem Oberbürgermeister.

Der Höhepunkt für Ursel Döllinger in ihrer Kirchweih-Karriere war das 1967, als sie die Krone der Gärtnerkönigin tragen durfte.
Foto: Archiv Ursel Döllinger | Der Höhepunkt für Ursel Döllinger in ihrer Kirchweih-Karriere war das 1967, als sie die Krone der Gärtnerkönigin tragen durfte.

Für welchen OB hegte sie die meiste Sympathie?

In der zeitlichen Reihenfolge erlebte sie in der Kerm die Oberbürgermeister Oskar Klemmert, Rudolf Schardt, Erwin Rumpel, Bernd Moser, Siegfried Müller und Stefan Güntner. "Die größte Sympathie habe ich gegenüber Siegfried Müller verspürt", verriet sie jetzt.

Ursel Döllinger mit einer Foto-Collage, die ihr im Jahr 2007 für ihr besonderes Kirchweih-Engagement überreicht wurde.
Foto: Hartmut Hess | Ursel Döllinger mit einer Foto-Collage, die ihr im Jahr 2007 für ihr besonderes Kirchweih-Engagement überreicht wurde.

Was war ihr schönstes Erlebnis?

Besonders stolz war sie natürlich 1968/69 über ihre erfolgreiche Kírchweih-Rettungsaktion. Gefragt nach dem schönsten Erlebnis antwortet sie pragmatisch: "Für mich war es jedes Jahr schön, wenn es auf die Kerm zuging."

Was war das traurigste Kirchweih-Erlebnis?

Ein großer Schock brachte die Kirchweih 1999 für Ursel Döllinger mit sich. Denn damals ereignete sich in den Kirchweihtagen ein tragischer Unfall eines Kirchweihburschen, der zwischen einem Bulldog und einem Anhänger tödlich verletzt worden war.

Welche Gedanken hegt sie zum Abschied?

"Es war eine sehr lange und schöne Zeit für mich, die Kerm war ein Lebensinhalt für mich", meint Ursel Döllinger. Nachdem sie im vergangenen Jahr beruflich in den Ruhestand gegangen war, überlegte sie auch, bei der Kerm für jüngere Leute Platz zu machen. "Ich habe mich schwer getan loszulassen", bekennt sie. Künftig nimmt sie im Umzug in der Seniorenkutsche Platz – und wird die Kerm immer fest in ihrem Herzen behalten.

Ursel Döllinger war sich für keine Arbeit zu schade, auch beim Schmücken der Kirchweihwagen legte sie Hand mit an.
Foto: Archiv Ursel Döllinger | Ursel Döllinger war sich für keine Arbeit zu schade, auch beim Schmücken der Kirchweihwagen legte sie Hand mit an.
 
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