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Kitzingen
Ukraine-Hilfe liegt vorerst auf Eis: Warum die Stadt Kitzingen mit einer 100 000-Euro-Spende zögert
Die Stadt will Geld für Ukraine-Flüchtlinge an ihre polnische Partnerstadt geben. Aber ist das erlaubt? Im Stadtrat ist man sich unsicher. Das Innenministerium hat dazu eine klare Position.
Flagge für die Ukraine zeigten am Dienstag bei einer Mahnwache etwa 250 Menschen am Kitzinger Marktplatz. Die Stadt will nun mit einer Spende ihre Solidarität demonstrieren.
Foto: Daniela Röllinger | Flagge für die Ukraine zeigten am Dienstag bei einer Mahnwache etwa 250 Menschen am Kitzinger Marktplatz. Die Stadt will nun mit einer Spende ihre Solidarität demonstrieren.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:59 Uhr

Der Krieg in der Ukraine stellt vor allem die Nachbarländer vor große Herausforderungen. Verängstigte Menschen, in der Regel Frauen und Kinder, fliehen gerade zu Zehntausenden aus dem Kriegsgebiet Richtung Westen. Erster Fluchtpunkt: Polen. Im Westen Polens, etwa drei Autostunden von Warschau entfernt, liegt die Kleinstadt Trebnitz, 13 300 Einwohner, Ende des Zweiten Weltkriegs von sowjetischen Soldaten geplündert. Seit 2009 pflegt Trebnitz eine Partnerschaft mit der Großen Kreisstadt Kitzingen. Von dort kommt jetzt auch ein Hilfsangebot: eine Spende von 100 000 Euro für humanitäre Zwecke. Doch so einfach wie gedacht ist es nicht.

Kitzingens Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) telefonierte in diesen schweren Stunden mit seinem Kollegen in Trebnitz und versicherte ihm seine Solidarität. So stellte es Güntner am Dienstag im Stadtrat dar. Offenbar gibt es auf sozialen Netzwerken in Polen Meldungen, wonach die 100 000 Euro bereits genehmigt sind. Dem ist jedoch nicht so. Fakt ist: Der Kitzinger Stadtrat zeigte sich offen für die angedachte Finanzhilfe – wenn auch nicht für den angedachten Zweck. Aus Trebnitz lag eine Liste vor mit Gegenständen, die mit am dringendsten benötigt werden: Helme, Splitterschutzwesten, Nachtsichtgeräte, Kriegsgerät also für die Partner der Polen in der Ukraine. Nicht nur Güntner äußerte Skepsis mit Blick auf diese Objekte. „Wir wollen etwas tun, was die Lage in Trebnitz verbessert“, sagte er.

Die Rechtsdirektorin sieht bei Ukraine-Hilfe kein Problem

Aus dem Stadtrat kam viel Zuspruch für die Solidarität mit der Partnerstadt. Jens Pauluhn (ÖDP) sprach von einem „Signal“ und sagte: „Partnerschaft bedeutet auch, dass man sich als Partner zeigt.“ Zugleich kamen heikle Fragen aus dem Gremium, etwa die, ob es nicht „rechtlich bedenklich“ sei, deutsche Steuergelder ins Ausland zu schicken. Die in der Sitzung anwesende Rechtsdirektorin Susanne Schmöger erklärte: „Wenn alle Formalitäten eingehalten werden, wüsste ich nicht, vor welchem Hintergrund das nicht zulässig sein sollte.“ Wichtig sei, zu klären und genau zu definieren, wofür die Hilfsgelder in Trebnitz verwendet werden. „Flüchtlingshilfe“ als Verwendungszweck reiche nicht.

Klaus Christof (KIK) erinnerte an einen Fall vor Jahren, als die Stadt für ein vom Hochwasser getroffenes Katastrophengebiet spenden wollte. „Das wurde vom Ministerium untersagt.“ Wie das im aktuellen Fall aussieht, soll bis zur nächsten Sitzung des Stadtrats am 24. März von der Verwaltung geprüft werden. Der vormalige Oberbürgermeister Siegfried Müller (UsW) schlug vor, dass die Stadt das Geld dem Kitzinger „Freundeskreis der Partnerstädte“ überweist. Dieser „eingetragene Verein“ könnte es dann nach Trebnitz weiterleiten. „Das wäre ein gangbarer Weg“, so Müller.

Das bayerische Innenministerium sieht die Sache weit weniger kritisch. Dort vertritt man die Auffassung, eine „Verschenkung von Gemeindevermögen“ sei dann zulässig, wenn sie „in Erfüllung von Gemeindeaufgaben oder herkömmlichen Anstandspflichten erfolgt“. Zu diesen Gemeindeaufgaben könnten Auslandsbeziehungen im Rahmen kommunaler Partnerschaften gehören, heißt es auf eine Anfrage der Redaktion. „Die finanzielle Unterstützung kann zu den kommunalen Aufgaben gerechnet werden, wenn (…) ein gemeinsamer Wille zur solidarischen Hilfeleistung zum Ausdruck gebracht wird.“ Dabei, so heißt es aus München, sei zu berücksichtigen, dass die durch Kriege, Naturkatastrophen oder andere Unglücksfälle ausgelösten „humanitären Katastrophen“ die kommunalen Angelegenheiten nicht unberührt ließen.

Das Innenministerium spricht von der "Eine-Welt-Idee"

Das Ministerium sieht hinter der Aufnahme von Flüchtlingen und dem Solidaritätsgedanken in unserer „vernetzten und zunehmend globalisierten Welt“ eine „Eine-Welt-Idee“. Fördert eine Kommune das davon ausgehende Engagement der Bevölkerung, sei daran nichts auszusetzen. Zu achten sei aber „auf ein angemessenes Verhältnis der Spende zur finanziellen Situation der jeweiligen Kommune“. Das Innenministerium verweist auf eine „vergleichbare Position“ bei der unentgeltlichen Überlassung von Ausrüstungsgegenständen, etwa der Feuerwehr, an Hilfsorganisationen in Kriegs- oder Krisengebieten oder im Zusammenhang mit Spenden zur Bewältigung von Naturkatastrophen. „Vor diesem Hintergrund halten wir die Einschaltung eines Partnerschaftsvereins nicht für erforderlich, aber auch nicht für unzulässig.“

Die Hilfsbereitschaft für Geflüchtete aus dem ukrainischen Kriegsgebiet ist auch in der Stadt Kitzingen groß. Allerdings ist man laut der Integrationsbeauftragten Astrid Glos weiterhin auf der Suche nach Wohnraum – Häuser oder einzelne Zimmer – sowie nach Übersetzern und Alltagshelferinnen. Auch Sachspenden würden benötigt; allerdings empfahl Glos, hier noch zu warten. „Wir wissen noch gar nicht, was alles benötigt wird.“ Die aktuelle Situation, so Glos, erinnere sie stark an die Jahre 2014/15, als hierzulande etwa anderthalb Millionen Geflüchtete nach Schutz suchten.

 
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    Ich habe zwei Zimmer bereits vor über einer Woche ans Landratsamt gemeldet und eine Bestätigungsmail am 4.3. erhalten. Das war's. Mehr ist bisher nicht passiert.
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