
Die Zahl der Scheidungen in Deutschland geht immer weiter zurück. Das hat kürzlich das Statistische Bundesamt mitgeteilt. Bei der Kitzinger Erziehungsberatungsstelle ist davon nichts zu spüren, im Gegenteil: "Wir haben einen deutlichen Zuwachs von Menschen, die sich wegen Problemen vor, während und nach einer Trennung bei uns anmelden", sagt Fritz Zeltner.
Der 59-Jährige ist seit kurzem Leiter der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und damit Nachfolger von Andreas Laurien, der sich beruflich neu orientiert hat. Zeltner ist Etwashäuser und bereits seit 1996 Mitglied des Teams. Als die Stelle an der Spitze vakant wurde, sei ihm schnell klar geworden, dass er nun gefragt sei, sagt der Diplom-Sozialpädagoge (FH). Familie und Team hätten ihn ermuntert, zumal Kontinuität bei der Arbeit in der Erziehungsberatung eine große Rolle spiele, so Zeltner.
"Unsere wichtigste Aufgabe ist es, Familien, Eltern, Kinder und Jugendliche in persönlicher Beratung zu unterstützen und Lösungen für die Probleme zu entwickeln", sagt der neue Leiter. Die Beratungsstelle arbeitet auch mit Kitas, Schulen und anderen Akteuren zusammen. "Wir beraten die Familien, begleiten sie in schwierigen Situation, stärken Kinder und Jugendliche und versuchen, ihnen Sicherheit zu vermitteln", sagt Zeltner. Die Ratsuchenden sollen dabei immer merken, dass sie Situationen nicht hilflos ausgeliefert sind, auch schwierigen nicht.
Großer Andrang
Trennungen und Scheidungen sind solche schwierigen Situationen. "Der Andrang der Menschen, die dann zu uns kommen, ist groß", berichtet der Sozialpädagoge. Die Gründe für Trennungen sind vielfältig, die Ehen unterschiedlich lang, die Kinder unterschiedlich alt. Häufig, so hat Zeltner beobachtet, kriselt die Partnerschaft nach dem Hausbau oder wenn die Kinder größer werden.
Einen weiteren Grund für den erhöhten Beratungsbedarf sieht Zeltner in den veränderten gesetzlichen Regelungen. Das Wechselmodell beispielsweise, bei dem beide Elternteile die Kinder gleichermaßen betreuen, erfordert von den getrennt lebenden Eltern deutlich mehr Kommunikation als die früher oft vorherrschenden strikteren Regelungen. Viele Paare hätten Probleme, eine Lösung für die Kinder zu finden, mit der alle gleichermaßen gut leben können. Von heute auf morgen gehe das aber auch mit Hilfe der Beratungsstelle nicht. "Diese Lösung zu finden, kann länger dauern."
Vermehrte Anfragen von Kindergärten
Gestiegen sind auch die Beratungsanfragen von Kindergärten, die vermehrt von schwierigen Kindern berichten. "Zum einen Kinder, die sich zurückziehen, zum anderen Kinder, die noch nicht in den Institutionen angekommen sind oder aggressiv reagieren", berichtet Zeltner. Wie viele seiner Kollegen beobachtet er Auswirkungen der Corona-Beschränkungen, insbesondere auf das Sozialverhalten und Miteinander. "Opposition, Trotz und Aggressivität der Kinder sind ein Schwerpunkt geworden." Außerdem gebe es vermehrt Kinder mit Schulangst, die Schule werde öfter als früher ganz verweigert.
"Je frühzeitiger man sich an uns wendet, desto besser können wir helfen", macht der Leiter der Beratungsstelle deutlich. Allerdings sind aufgrund der vielen Nachfragen und der bisher noch nicht erfolgten Nachbesetzung der Psychologen-Stelle von Andreas Laurien die Wartezeiten länger geworden. Zudem könnten derzeit manche Angebote, wie Pflegeeltern im Dialog und die Vätergruppe nicht durchgeführt werden.