Nachdem, wie berichtet, der Prichsenstädter Stadtrat in der Märzsitzung es mehrheitlich abgelehnt hatte, einem Stromliefervertrag mit der ÜZ Mainfranken zuzustimmen, hatte Bürgermeister René Schlehr die Rechtsaufsicht des Landratsamtes eingeschaltet. Schlehr hatte den Beschluss beanstandet und aus seiner Sicht für rechtswidrig erklärt.
Wie nun weiter in einem solchen Fall entschieden wird, darüber gibt es unterschiedliche Kommentarmeinungen zur Bayerischen Gemeindeordnung. Die Stadtverwaltung stützt sich auf den Kommentar Widtmann/Grasser/Glaser, nachdem die Rechtsaufsicht nach erfolgter Beanstandung eines Beschlusses nach der Anzeige durch den Bürgermeister direkt zur Prüfung übergehen soll. Das Landratsamt indes zieht den Kommentar Wachsmut heran, wonach unter der Berücksichtigung der Fakten, die zum Aussetzen des Beschlusses durch den Bürgermeister geführt hatten, der Stadtrat erneut beraten und beschließen soll.
So kam das Thema erneut auf die Tagesordnung der jüngsten Stadtratssitzung. Hintergrund der Misere war, dass die Sitzung des Stadtrats nach Angaben der Verwaltung am 2. Februar mangels vorliegender Themen entfallen war. Ladungsfrist für diese Sitzung wäre der 24. Januar gewesen, das Schreiben der ÜZ Mainfranken zum Stromliefervertrag sei aber erst am 27. Januar eingegangen, informierte Schlehr.
Bürgermeister hatte keinen Zweifel, dass Kooperation mit der ÜZ fortgesetzt würde
Die nächste Sitzung wäre laut Sitzungsplan am 23. Februar gewesen. Laut Schlehr noch rechtzeitig, da die ÜZ erst bis 24. Februar eine Rückantwort haben wollte. Doch diese Sitzung fiel mangels Beschlussfähigkeit des Rates aus. Um die Gefahr einer mangelnden Stromversorgung für die Kommune ab 1. Januar 2024 für die Liegenschaften der Stadt, die Kläranlage, Straßenbeleuchtung oder Sirenen abzuwenden, hatte Schlehr die Vereinbarung mit der ÜZ, deren Genossenschaftsmitglied die Stadt seit 1972 ist, unterschrieben. In dem Wissen, dass die Stadt laut Genossenschaftsvertrag mindestens eine Abnahmestelle haben muss und die ÜZ bisher immer der Stromversorger für die Großgemeinde gewesen ist. Deshalb habe er keinen Zweifel daran gehabt, dass die Kooperation fortgesetzt werden sollte.
In der Märzsitzung hatte Bürgermeister Schlehr dann über die unterschriebene Zusage den Stadtrat informiert und um nachträgliche Genehmigung gebeten, die dann versagt worden war. Jetzt war wieder der Stadtrat am Zug.
Alexander Schöpfel war der Ansicht, dass man erst eine Entscheidung der Rechtsaufsicht abwarten solle, worauf ihm Schlehr verdeutlichte, dass die Antwort aus dem Landratsamt die einer erneuten Behandlung im Rat gewesen sei. Schöpfel monierte, dass die ÜZ nicht um Aufschub gebeten worden sei. Deshalb trägt seiner Ansicht nach der Bürgermeister eine Mitschuld.
Christoph Schmidt meinte, dass der Bürgermeister in bestimmten Situationen Entscheidungen treffen dürfe. Diese müsse er eigentlich nur noch bekanntgeben.
Brosche: Entscheidung sei "ziemlich töricht" gewesen
Die getroffene Entscheidung sei "ziemlich töricht" gewesen, fasste Wolfgang Brosche zusammen. Jetzt gelte es, alles wieder auf die richtige Bahn zu bringen. Es gehe nicht darum, ob der Bürgermeister Recht habe oder nicht, sondern darum, "wie wir den Bürgern Geld sparen können". Denn eine eigene Ausschreibung werde teurer.
Harald Rückert brachte erneut den Wunsch einer Vertagung ins Spiel, bis das Landratsamt entschieden habe, woraufhin Schlehr ihm die Haltung des Landratsamtes nochmals erklärte. Mit acht gegen fünf Stimmen hob der Stadtrat seinen Märzbeschluss auf. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis stimmte das Gremium dann der "Vereinbarung Stromlieferung Kommune 2024" zu.