Der 84-jährige Heinrich N. aus Wiesenbronn (Lkr. Kitzingen) soll eines der sechs Opfer eines mutmaßlichen Serienmörders sein, der pflegebedürftige Senioren getötet haben soll. Dies geht aus der Anklage der Staatsanwaltschaft München I gegen den polnischen Hilfspflegers Grzegorz W. (37) hervor, die weitere drei Mordversuche sowie Körperverletzungsdelikte aus Habgier auflistet.
Verdacht keimte in Ottobrunn
Zunächst hatte der Tod eines 87-Jährigen in Ottobrunn bei München im Februar 2018 bayerische Ermittler wachgerüttelt. Rechtsmediziner hatten Einstichstellen von Injektionen gefunden, außerdem einen extrem niedrigen Blutzuckerwert. Dabei sei der 87-Jährige gar kein Diabetiker gewesen, erklärte Josef Wimmer, Chef der Münchner Mordkommission.
Hilfspfleger W. wurde festgenommen. Er gab zu, dem Pflegebedürftigen Insulin gespritzt und dem alten Mann sein Geld und die EC-Karten gestohlen zu haben, die Kripo-Beamte bei ihm gefunden hatten.
In Unterfranken bestätigt sich ein zweiter Verdacht
Schnell keimte der Verdacht an einem zweiten Arbeitsplatz des Kurzzeitpflegers: Vier Wochen zuvor war in Unterfranken der 84-jährige Heinrich N. aus Wiesenbronn (Lkr. Kitzingen) gestorben. Der beliebte Gastwirt war am 20. Januar 2018 in seinem Heimatort bestattet worden. Die Mord-Ermittler ließen auch ihn exhumieren und von der Rechtsmedizin untersuchen. Auch bei der Leiche wurden „Auffälligkeiten“ festgestellt, die einen dringenden Tatverdacht begründeten, sagte Wimmer. Eine natürliche Todesursache könne ausgeschlossen werden.
Extrem niedrige Blutzuckerwerte
Immer mehr zeichnete sich das Bild einer Mordserie quer durch Deutschland ab. Bei weiteren Toten wurden nicht erklärbare, extrem niedrige Blutzuckerwerte festgestellt. Dabei hatte keiner von ihnen Diabetes. In dem Fall in Ottobrunn wurden bei dem Pfleger „eine Spritze, Insulin und Wertgegenstände des Opfers“ gefunden. Den Mord in Unterfranken soll er bereits zugegeben haben, heißt es in Ermittlerkreisen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte 69 Einsatzorte. Bei vier weiteren Pflegestellen in Unterfranken - zwischen Kitzingen und Würzburg, westlich von Würzburg an der Grenze zu Baden-Württemberg sowie zwei weiteren im Landkreis Rhön-Grabfeld - gab es keine Auffälligkeiten.
Laut Oberstaatsanwältin Anna Leiding hatte der Aushilfspfleger zunächst alle Vorwürfe abgestritten. Inzwischen „leugnet er nicht mehr, den Patienten Insulin gespritzt zu haben, bestreitet aber eine Tötungsabsicht.“ Habe es zu viel Kontrolle oder zu wenige Dinge gegeben, die er mitgehen lassen konnte, begann er zu nörgeln und sei unter einem Vorwand verschwunden, so Leiding: „Mehrmals ist angeblich seine Mutter gestorben, dann hatte sein Kind - das es gar nicht gibt -etwas am Herzen.“
Nach Haftstrafe Pflegeausbildung
Im Gegensatz zu seinen Patienten ist W. tatsächlich Diabetiker, verfügte also über Insulinspritzen. Er hatte in seiner Heimat bis Mai 2014 eine fünfjährige Haftstrafe wegen Eigentumsdelikten verbüßt. Danach absolvierte er einen Pflegekurs, ließ sich danach für 24-Stunden-Betreuungen nach Deutschland vermitteln.
Bitter ist, dass ein Teil der Morde hätte verhindert werden können, wenn Polizisten in Essen rechtzeitig reagiert hätten. Sie waren schon im Mai 2017 von Verwandten eines 91-jährigem Rentners auf eine merkwürdige lebensgefährliche Unterzuckerung des Mannes aus Mülheim aufmerksam gemacht worden, bei dem der Hilfspfleger erst einen Tag lang beschäftigt war. Der Rentner verstarb im Juli 2017.
Misstrauische Tochter erstattete Anzeige
Die Tochter des Kranken hatte zwölf Tage nach dessen Einlieferung ins Krankenhaus Anzeige gegen den Hilfspfleger erstattet und den Verdacht geäußert, dass er ihrem Vater Insulin verabreicht hatte. Die ermittelnden Beamten hätten entgegen eines Auftrages der Staatsanwaltschaft Duisburg keine Erkundigungen über den Tatverdächtigen in anderen Bundesländern eingeholt, gab die Leitende Kriminaldirektorin Martina Thon in Essen zu. Fünf Beamte wurden versetzt oder freigestellt.
Wenn man beim deutschen Staat arbeiten möchte, bzw. im öffentlichen Dienst wird man vorher auf Herz und Nieren untersucht und manchmal, v.a. bei seelischen Erkrankungen fast schon stigmatisiert (es darf keine "F"-Diagnose vorliegen, selbst wenn es sich um eine leichte Depression handelt). Aber Personen mit krimineller Vergangenheit werden dennoch auf Senioren (auch auf?) losgelassen? Wie ist das möglich? Anderseits verständigen sich unsere "Beamten" nicht mal im Inland untereinander bei Straftaten. Wird für die Erteilung der Arbeitserlaubnis bzw. von den Arbeitgebern nie ein pol. Führzungszeugnis verlangt?
Was mich immer wieder erschüttert ist die Art und Weise wie bei, vor allem alten Menschen die Leichenschau vorgenommen wird. Ex und hopp. Fertig.
Ich möchte nicht wissen wieviele alte Menschen mit, wie in diesem Fall mit Insulin um die „Ecke“ gebracht werden. Aus welchen Gründen auch immer. Oft nicht mal aus Habgier, sondern aus einer simplen Überforderung der pflegenden Angehörigen. Wer will schon nachprüfen, ob bei einem insulinpflichtigen Patienten 2-3 Einheiten mehr als notwendig gespritzt wurden. Die aber können über Leben oder Tod entscheiden. Nicht umsonst gehen Experten davon aus, dass die Dunkelziffer bei Morden recht hoch ist.