Es war windig vergangene Nacht. In der Nähe des Wohnhauses von Timo Markert hat es ein AfD-Plakat weggeweht. Das freut den Hausherrn. Zumal er jetzt wieder freien Blick auf seine eigenen Plakate hat. Wenn er denn mal daheim ist. Die Termine bringen seinen Kalender zum Platzen. Markert befindet sich vor der Kommunalwahl am 15. März seit Jahresanfang auf Ochsentour. Es ist wie beim Wind in diesen Tagen: Der 42-Jährige stürmt durch den Landkreis. Das Motto ist klar definiert: Er hat vielleicht keine Chance, aber die möchte er nutzen.
Deshalb ist der Repperndorfer gerade viel unterwegs, präsentiert sich auf allen greifbaren Wahlveranstaltungen seiner CSU. Immerhin bleibt er nicht unerkannt, die Werbung zeigt Wirkung: "Ich kenne Sie von den Plakaten", bekommt er hier und da zu hören. Immerhin. Trotzdem gibt es da ein Problem: Wie vorgehen gegen eine gut aufgestellte Amtsinhaberin? Was tun in einem Landkreis, der nachweislich gut dasteht? Wenn alles seinen Gang geht? Worüber also meckern? Was besser machen?
Falls Markert die Angriffspunkte überhaupt gesucht hat – fündig wurde er nur bedingt. Später wird er, gefragt nach einem Leitsatz, der auf einen Bierdeckel passt, es auch genau so formulieren: "Gemeinsamkeiten finden statt Gegensätze suchen." Für einen Herausforderer ein bemerkenswertes Motto. Klar, die CSU kam nach 20 Jahren zu der Erkenntnis, es sich schuldig zu sein, wieder einmal einen Kandidaten für den Chefsessel im Landratsamt aufstellen zu wollen. Aber reicht das? Eine Auseinandersetzung, wie man sie normalerweise vom Herausforderer erwarten würde, sucht man in diesem Duell vergeblich. Der 42-Jährige wahlkämpft an der Amtsinhaberin vorbei.
Erfahrungen als Unternehmer
Das mag verwundern und oder gar irritieren. Letztlich ist es im Sinne des Herausforderers. Die Erklärung dafür geht so: Er zieht Parallelen zu seinen Erfahrungen als Unternehmer. Wenn er etwas gelernt hat, dann das: Das Produkt muss gut sein. Dann wird es angenommen. Was die Konkurrenz macht, spielt für ihn eine untergeordnete Rolle. Auf Mitbewerber starren? Das käme ihm im beruflichen Leben nicht in den Sinn. Sein Ding durchziehen – das ist seine Strategie. Markert sieht Markert als gutes Produkt, darauf setzt er.
Dass die CSU ihn gefragt hat, ob er sich die Kandidatur vorstellen könne, ehrt ihn einerseits. Andererseits hatte der Quereinsteiger schon bei seinem CSU-Eintritt vor rund acht Jahren durchblicken lassen, dass er sich das Amt als Landrat vorstellen könnte. Das mag eher spaßig gemeint gewesen sein, hatte aber Folgen: Markert war vorgemerkt für einen möglichen Tag X.
Als dieser Tag dann im vergangenen Jahr tatsächlich kam, war er sofort in der engeren Wahl. Für den passionierten Jäger fühlte sich alles so an, als habe es so kommen müssen: Da steht einer mitten im Leben, ist erfolgreich im Job, dazu das richtige Alter. Was das anbelangt, passt also alles.
Macher. Bodenständig. Supermann?
Das müssen jetzt nur noch die Menschen erfahren. Deshalb fegt Markert an diesem Donnerstagabend wieder durch den Landkreis. Zwei Termine am Stück. Im Obervolkacher Pfarrheim ist die Hütte voll. Vor 120 Zuhörern macht Markert nicht ganz so viele Worte. Sein Statement: überraschend kurz. Er hebt den Mittelstand als "Rückgrat unseres Landkreises" heraus, spricht sich für einen besseren ÖPNV aus und fordert, dass jedes Kind schwimmen lernen sollte.
Die eigentliche Botschaft aber ist: Seht her, hier steht ein gestandener Unternehmer. Ein Macher. Bodenständig. Was allerdings gar nicht dazu passen will, sind seine Buttons: Die zeigen ihn in Superman-Pose, dazu der Hinweis "Timo packt an". Was sich so anfühlt, als seien einer Werbeagentur die Gäule durchgegangen.
Das Kurz-Porträt reicht nicht allen. Häppchen statt Hauptgang – das sorgt für Nachfragen. Einer will es deshalb genauer wissen: Wer sind Sie eigentlich? Wer ist der Mensch Markert? Aus der Reserve lockt das den Kandidaten nicht: Er erzählt von seinem Geschäft, mit dem er sich 2007 selbständig gemacht hat, von seinen drei Kindern, seiner Frau. Auch hier: eher kurz angebunden. Als wolle sich die Handbremse nicht lösen.
Die Sechs-Minuten-Vorstellung
Keine 20 Minuten später. Haus der Gemeinschaft in Schwarzenau. Eine weitere Infoveranstaltung zur Kommunalwahl, auch hier gut 100 Interessierte. Der Kandidat bekommt sofort das Mikro in die Hand gedrückt. Inhaltlich bleibt es dabei: Rückgrat, Schwimmkurse. Er fordert mehr Tages- und Kurzzeitpflegeplätze. Ein bisschen ÖPNV. Sechs Minuten, die wie auch schon zuvor in Obervolkach mit seinem Lieblingssatz enden: Dass er doch so gerne "am 16. März als Landrat aufwachen" möchte.
Ein paar Tage später, Spätnachmittag. Neubaugebiet Dettelbach. Timo Markert im Häuserkampf. Unermüdlich geht es von Tür zu Tür. Wie schon seit Anfang Januar. Von Ort zu Ort. Hartes Brot. Als Tür- und Gesprächsöffner ist diesmal Dettelbachs CSU-Bürgermeister-Kandidat dabei: "Ihr kennt mich!", sagt er, wenn die Tür aufgeht. Oder: "Wir wollten nur mal Hallo sagen!" Ein paar Sätze, ein wenig Infomaterial. Kandidat zum Anfassen – dieses Motto passt. Sind Vierbeiner an der Tür, hat der Besitzer von zwei Vierbeinern leichtes Spiel: Ein Leckerchen ist immer dabei. Wenn Kinder alleine zu Hause sind, bitten die Kandidaten darum, doch Grüße an die Eltern auszurichten. Von wem nochmal? Vielleicht erzählen sie ja später, dass Superman da war.