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Kitzingen
Tierwohl und mehr Qualität: Warum bei der Geflügelhaltung ganz Deutschland auf Kitzingen blickt
Bildung und Forschung stehen im Mittelpunkt der Arbeit des Staatsgutes Kitzingen. Ganz "nebenbei" wird die Bevölkerung mit Eiern und Fleisch versorgt. Ein Überblick.
Larissa Weinmann zeigt den Mitgliedern des Bau- und Umweltausschusses die Ställe auf dem Gelände des Versuchs- und Bildungszentrums in Kitzingen.
Foto: Daniela Röllinger | Larissa Weinmann zeigt den Mitgliedern des Bau- und Umweltausschusses die Ställe auf dem Gelände des Versuchs- und Bildungszentrums in Kitzingen.
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 30.03.2024 02:43 Uhr

Wo das Staatsgut Kitzingen ist? Gut möglich, dass nicht jede Bürgerin und jeder Bürger eine Antwort auf diese Frage geben kann. "Die Geflügelzucht" nennt der Kitzinger die Einrichtung auch weit über 100 Jahre nach ihrer Gründung noch immer. Dort kann man sich mit Eiern, Nudeln und Geflügelfleisch eindecken. Hauptzweck ist das allerdings nicht. Was also passiert auf dem weit über fünf Hektar großen Gelände direkt neben der B8 in der Kitzinger Siedlung? Bei einem Besuch des Bau- und Umweltausschusses des Kitzinger Stadtrates stellten Chef Thomas Schwarzmann sowie Larissa Weinmann und Philipp Hofmann das Staatsgut vor und eröffneten den neuen Verkaufsautomaten.

Wann und warum wurde das heutige Staatsgut Kitzingen gegründet?

Die Wurzeln der Einrichtung reichen bis ins Jahr 1917 zurück: Die Kreisgeflügelzuchtanstalt wurde Ende des Ersten Weltkriegs gegründet, um Geflügel züchterisch zu verbessern – damit die Bevölkerung besser mit tierischem Eiweiß versorgt werden konnte. Zunächst wurden Hühner, Gänse und Puten gehalten, ab 1920 kam die Kaninchenzucht dazu. In Lehrgängen wurde das Berufsbild des Geflügelzüchters entwickelt, schon 1921 fand die erste Meisterprüfung statt. Es folgten verschiedene Hoheitsaufgaben, wie Leistungsprüfungen oder ab 1941 die Seidenraupenzucht.

Hühner, Puten, Enten, Gänse, Wachteln und Perlhühner leben in den Ställen und Freigehegen des Staatsgutes Kitzingen.
Foto: Daniela Röllinger | Hühner, Puten, Enten, Gänse, Wachteln und Perlhühner leben in den Ställen und Freigehegen des Staatsgutes Kitzingen.

Wie wurde aus der Geflügelzucht ein Staatsgut?

1984 wurde die damalige bayerische Lehr- und Versuchsanstalt für Kleintiere zum deutschen Geflügelzentrum für Aus- und Fortbildung ausgebaut. Vier Lehrwerkstätten und ein Internatsgebäude mit 24 Betten entstanden. Durch die Umstrukturierung wurde daraus im Jahr 2020 eines von sieben Bayerischen Staatsgütern, ein "Dienstleister im Versuchs- und Bildungswesen". Heute arbeiten dort 23 Mitarbeiter.

Wer wird im Kitzinger Staatsgut aus- und fortgebildet?

In den betriebseigenen Stallungen und Lehrwerkstätten findet nicht nur die überbetriebliche Ausbildung für Tierwirte und Landwirte im Schwerpunkt Geflügel statt. Das Staatsgut ist auch der einzige Standort bundesweit, der die Meisterfortbildung für den Tierwirt in diesem Bereich anbietet. Dieses Jahr besuchen 15 Meisterschüler aus ganz Deutschland den Kurs. In Kitzingen werden zudem verschiedenste Lehrgänge, Fortbildungen, Sachkundekurse und Seminare abgehalten. Zwischen-, Abschluss- und Meisterprüfungen werden abgelegt. Das Staatsgut bietet auch selbst Ausbildungsplätze für Tierwirte und Landwirte mit Schwerpunkt Geflügel.

Gilt das Angebot nur für Tier- und Landwirte?

Das Staatsgut bietet auch Lehrgänge für Hobbygeflügelhalter an. Man kann beispielsweise lernen, wie die Tiere möglichst schonend aufgezogen und geschlachtet werden können. 

Was wird im Kitzinger Staatsgut erforscht?

Wie kann Geflügel möglichst tierfreundlich gehalten werden? Wie die Qualität und Vermarktung der Geflügelprodukte verbessert? Wie wirkt sich das Futter aus? Wie die Größe des Stalls und die Besatzdichte? Wie lässt sich vermeiden, dass die Tiere sich gegenseitig verletzen? Diese und viele andere Fragen versucht das Staatsgut zu beantworten und daraus praxisnahe Ergebnisse für die Geflügelhaltung zu entwickeln, erklärt Dr. Philipp Hofmann von der Landesanstalt für Landwirtschaft, der seit 2021 für den Bereich Forschung in Kitzingen zuständig ist. Themen sind beispielsweise das Zweinutzungshuhn und die Verringerung der Stickstoffausscheidungen der Tiere durch eine veränderte Fütterung.

Was ist ein Zweinutzungshuhn?

Weil männliche Hühner aus sogenannten "Hybridrassen" keine Eier legen, aber wegen ihres langsamen Wachstums und hohen Bedarfs an Nahrung keinen "Markt" fanden, wurden die Küken früher getötet und etwa in Zoos verfüttert. Seit 2022 ist das verboten. Zweinutzungshühner sind eine Alternative: Sie sind sowohl zum Legen als auch zur Fleischproduktion geeignet. In Kitzingen wird die Leistung der Tiere überprüft und ökonomisch bewertet. 

Wie groß ist das Staatsgut und wie viele Tiere leben dort?

Das Staatsgut Kitzingen umfasst vier Hektar Grünland und 1,5 Hektar Wald. Die Stallnutzfläche ist 5000 Quadratmeter groß. Es gibt Haltungsplätze für 6500 Legehennen, 4000 Junghennen, 4400 Broiler (zur Mast bestimmte Hähnchen), 1000 Puten, 120 Zuchtenten, 1200 Enten, 60 Zuchtgänse, 150 Mastgänse, 600 Mast-Elterntiere, 1500 Wachteln und 200 Perlhühner. Ein Teil des Geflügels wird in der betriebseigenen Brüterei ausgebrütet.

Auf dem derzeit noch freien Gelände soll in einigen Jahren ein Ersatzbau für den jetzigen großen Stall entstehen.
Foto: Daniela Röllinger | Auf dem derzeit noch freien Gelände soll in einigen Jahren ein Ersatzbau für den jetzigen großen Stall entstehen.

Was ist für die Zukunft auf dem Staatsgut geplant?

Der Legehennenstall stammt aus den 1960er-Jahren. Er entspricht den gesetzlichen Vorschriften. Um für die Bildung und Forschung zukunftsfähig zu sein, soll der bestehende Stall in einigen Jahren abgerissen und auf einer Freifläche ein Ersatzbau entstehen.

Wo kann man die Produkte der Geflügelzucht kaufen?

Seit kurzem können die Kunden auch in einem Verkaufsautomaten Eier und Nudeln kaufen. Rechtzeitig vor Ostern wurde er offiziell eröffnet.
Foto: Daniela Röllinger | Seit kurzem können die Kunden auch in einem Verkaufsautomaten Eier und Nudeln kaufen. Rechtzeitig vor Ostern wurde er offiziell eröffnet.

Auf dem Gelände gibt es einen Hofladen, der donnerstags von 14 bis 18 Uhr und freitags von 8.30 Uhr bis 11.45 Uhr geöffnet ist. Dort können Eierlikör und Nudeln, Hühnereier, Wachteleier sowie – nach Verfügbarkeit – Geflügelfleisch, Eierlikörpralinen, Enten- und Gänseeier gekauft werden. Zudem gibt es seit kurzem auch einen Verkaufsautomaten.

Was wird im neuen Verkaufsautomaten der Geflügelzucht angeboten?

Thomas Schwarzmann, Chef des Staatsgutes, erklärt dem Kitzinger Umweltreferenten Uwe Hartmann (links), wie der Verkaufsautomat funktioniert.
Foto: Daniela Röllinger | Thomas Schwarzmann, Chef des Staatsgutes, erklärt dem Kitzinger Umweltreferenten Uwe Hartmann (links), wie der Verkaufsautomat funktioniert.

Im Automaten befinden sich Eier, Wachteleier und verschiedene Nudelsorten. Er kann montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr genutzt werden. Bezahlen kann man ausschließlich mit Bargeld (Münzen und Scheine bis 20 Euro).

 
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