Gras auf den Schienen und weit und breit kein Zug in Sicht – so sieht es im Moment bei der Steigerwaldbahn zwischen Kitzingen und Schweinfurt aus. Seit 1981 fährt kein Personenzug mehr; der Güterverkehr wurde mit dem Abzug der Amerikaner eingestellt und die Strecke stillgelegt.
Es tat sich so lange nichts mit den Gleisen, dass die betroffenen Gemeinden Großlangheim, Kleinlangheim, Wiesentheid und Prichsenstadt einen Entwidmungsantrag gestellt haben. Bei Erfolg wären die Flächen an und um die Schiene anderweitig nutzbar. In Kitzingen ist die Entwidmung zwischen dem Etwashäuser Bahnhof und der Gemarkungsgrenze zu Großlangheim schon erfolgt.
Landrätin Bischof sieht noch Chancen
Sehr zum Bedauern von Landrätin Tamara Bischof. Sie ist für die Reaktivierung der Steigerwaldbahn. "Wie schon meine Vorgänger bin ich für die Bahn", sagt sie. Dass das Kitzinger Stück fehlt, gefällt ihr nicht, aber es gebe selbst jetzt noch Lösungen für einen Anbindung an den Kitzinger Bahnhof. "Pendelbusse oder Straßenbahn" nennt sie als Stichworte und betont: "Das Potenzial für die Strecke ist da." Sie verweist dabei auf ein Gutachten aus dem Jahr 2017 von Konrad Schliephake von der Universität Würzburg.
"Mobilität, CO2-Belastung, Feinstaub oder Flächenversiegelung sind Themen, die die Bevölkerung beschäftigen", sagt Bischof. "Die Bahn sehe ich hier als Chance." Vor allem, wenn sich der Landkreis wirtschaftlich weiterhin gut entwickelt und Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden sollen. "Wir müssen an die nächste Generation denken", sagt sie. Manches zweites Auto lasse sich einsparen und Güter auf die Schiene hieße weniger Laster auf den Straßen, hieße weniger Belastung für die Bürger.
Auch das Kostenargument – 50 Millionen Euro stehen als Zahl für die Instandsetzung im Raum– lässt sie nicht gelten. Der Bau und der Unterhalt von Autobahnbrücken sei deutlich teurer als die Kosten für die Reaktivierung. Unterstützung bekommt sie vom Landesentwicklungsprogramm Bayern, in dem steht, dass Streckenstilllegungen vermieden und Reaktivierungen ermöglicht werden sollen."Wir sollten gemeinsam für die Strecke kämpfen", appelliert sie an die Bürgermeister der Anrainergemeinden.
Für OB Müller ist das Thema durch
"Das Thema ist durch. Man kann das Rad nach zwei Jahren nicht zurückdrehen", antwortet der Kitzinger OB Siegfried Müller auf die Frage, was er von einer Reaktivierung der Steigerwaldbahn hält. Die Entwidmung in Kitzingen sei erfolgt, Pläne für den Straßenanschluss des Technologieparks ConneKT stünden und mit der Bahn sei man gerade in Verhandlung, um die freigewordenen Flächen zu kaufen.
Höchner sieht keinen Sinn in der Reaktivierung
"Die Landrätin hat mit ihrer Argumentationslinie, mit dem Hinweis auf Ökologie und Mobilität, ja 100-prozentig recht, aber für Großlangheim macht das keinen Sinn", sagt der Großlangheimer Bürgermeister Karl Höchner. Kein Großlangheimer würde in die Bahnhofsstraße laufen, wenn er bequem am Marktplatz in den Bus steigen könne. "Ich glaube auch nicht, dass durch die Bahn ein Laster weniger durch Großlangheim fährt", sagt Höchner.
Stier sagt ja, aber
Gerlinde Stier, Bürgermeisterin Kleinlangheim, sieht durchaus die Chancen einer Reaktivierung. Als die Gemeinde 2016 den Entwidmungsantrag stellte, "hatten wir uns schon auf den Tod der Linie eingerichtet". Mit den anderen Dorfschätze-Gemeinden wurde die Strecke für das Kernwegenetz vorgesehen, um den Ort vom Verkehr zu entlasten. Stier wäre bereit, im Gemeinderat noch einmal über den Entwidmungsantrag zu diskutieren, wenn folgende Punkte geklärt werden: der Anschluss der Strecke an den Kitzinger Bahnhof, die finanzielle Belastung für die Gemeinde und der Lärmschutz für das Baugebiet Am Geisberg, an dem die Gleise vorbeilaufen. Eine weitere Bedingung: Die im Moment sehr gute ÖPNV-Anbindung dürfe sich nicht verschlechtern.
Knaier will Analyse abwarten
Der Wiesentheider Bürgermeister Werner Knaier will abwarten, was die geplante Potenzialanalyse bringt. Sollten keine Kosten auf die Gemeinden zukommen, "würden wir uns über eine Belebung freuen", erklärt Knaier. "Ich fände es gut; allein mir fehlt der Glaube." Wiesentheid habe jetzt solange mit den Gleisen gelebt – "wir können auch noch länger damit leben". Richtig interessant wäre die Bahn, wenn es eine Verbindung von Großlangheim nach Iphofen gäbe und man mit nur einer Fahrkarte nach Nürnberg käme.
Schlehr ist sehr skeptisch
Sehr skeptisch steht Prichsenstadts Bürgermeister René Schlehr einer Reaktivierung gegenüber. "Es gibt so viele Fragezeichen", sagt er. Die Potenziale seien rein theoretisch da. Aber: "30 Jahre wurden die Schienen nicht benutzt. Die Leute haben sich anders orientiert." Seit 2014 ist er Bürgermeister und in dieser Zeit habe ihn keine einzige Person nach der Bahn gefragt. "Im Gegenteil: Die fragen, wann die Schienen endlich abgebaut werden." Er und sein Stadtrat hätten sich die Entscheidung für den Entwidmungsantrag nicht einfach gemacht und bei triftigen Argumenten könne man auch noch mal darüber reden.
Sicher ist: Bis zum 30. Juni 2019 müssen bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach Stellungennahmen zu den Entwidmunganträgen eingegangen sein. Ein neues Gutachten könnte zu einer Fristverlängerung führen. (Fotos: Stadt Kitzingen, Röllinger, Knaier, Schlehr, Bauer)
Beflügelt sollte das Nachdenken durch die Tatsache, so sieht es auch die Landrätin, dass mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene kommt. Offenbar erkennen ein paar Bürgermeister nicht die Tatsache, dass ein bis zwei Güterzüge auf der Strecke täglich mehr als deutlich weniger lärmbelastend sind als LKW-Verkehre Stoßstange an Stoßstange. Dies sollte auch der Großlangheimer Bürgermeister erkennen; die Einwohner haben sich unlängst über die LKW-Flut in ihrer Gemeinde beklagt.