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Kitzingen
Steigerwaldbahn: Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
Lange lag die Steigerwaldbahn im Dornröschenschlaf und wäre vielleicht nie mehr erwacht. Doch es gibt Pläne für eine Reaktivierung.
Blick auf die Gleise der Steigerwald-Bahnstrecke Kitzingen – Etwashausen (2010).
Foto: Harald Meyer (Archiv) | Blick auf die Gleise der Steigerwald-Bahnstrecke Kitzingen – Etwashausen (2010).
Julia Lucia
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:53 Uhr

Gras auf den Schienen und weit und breit kein Zug in Sicht – so sieht es im Moment bei der Steigerwaldbahn zwischen Kitzingen und Schweinfurt aus. Seit 1981 fährt kein Personenzug mehr; der Güterverkehr wurde mit dem Abzug der Amerikaner eingestellt und die Strecke stillgelegt.

Es tat sich so lange nichts mit den Gleisen, dass die betroffenen Gemeinden Großlangheim, Kleinlangheim, Wiesentheid und Prichsenstadt einen Entwidmungsantrag gestellt haben. Bei Erfolg wären die Flächen an und um die Schiene anderweitig nutzbar. In Kitzingen ist die Entwidmung zwischen dem Etwashäuser Bahnhof und der Gemarkungsgrenze zu Großlangheim schon erfolgt.

Landrätin Tamara Bischof
Foto: Atelier zudem | Landrätin Tamara Bischof

Landrätin Bischof sieht noch Chancen

Sehr zum Bedauern von Landrätin Tamara Bischof. Sie ist für die Reaktivierung der Steigerwaldbahn. "Wie schon meine Vorgänger bin ich für die Bahn", sagt sie. Dass das Kitzinger Stück fehlt, gefällt ihr nicht, aber es gebe selbst jetzt noch Lösungen für einen Anbindung an den Kitzinger Bahnhof. "Pendelbusse oder Straßenbahn" nennt sie als Stichworte und betont: "Das Potenzial für die Strecke ist da." Sie verweist dabei auf ein Gutachten aus dem Jahr 2017 von Konrad Schliephake von der Universität Würzburg. 

"Mobilität, CO2-Belastung, Feinstaub oder Flächenversiegelung sind Themen, die die Bevölkerung beschäftigen", sagt Bischof. "Die Bahn sehe ich hier als Chance." Vor allem, wenn sich der Landkreis wirtschaftlich weiterhin gut entwickelt und Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden sollen. "Wir müssen an die nächste Generation denken", sagt sie. Manches zweites Auto lasse sich einsparen und Güter auf die Schiene hieße weniger Laster auf den Straßen, hieße weniger Belastung für die Bürger.

Auch das Kostenargument – 50 Millionen Euro stehen als Zahl für die Instandsetzung im Raum– lässt sie nicht gelten. Der Bau und der Unterhalt von Autobahnbrücken sei deutlich teurer als die Kosten für die Reaktivierung. Unterstützung bekommt sie vom Landesentwicklungsprogramm Bayern, in dem steht, dass Streckenstilllegungen vermieden und Reaktivierungen ermöglicht werden sollen."Wir sollten gemeinsam für die Strecke kämpfen", appelliert sie an die Bürgermeister der Anrainergemeinden.

Für OB Müller ist das Thema durch

Siegfried Müller, Oberbürgermeister von Kitzingen
Foto: Stadt Kitzingen | Siegfried Müller, Oberbürgermeister von Kitzingen

"Das Thema ist durch. Man kann das Rad nach zwei Jahren nicht zurückdrehen", antwortet der Kitzinger OB Siegfried Müller auf die Frage, was er von einer Reaktivierung der Steigerwaldbahn hält. Die Entwidmung in Kitzingen sei erfolgt, Pläne für den Straßenanschluss des Technologieparks ConneKT stünden und mit der Bahn sei man gerade in Verhandlung, um die freigewordenen Flächen zu kaufen. 

Höchner sieht keinen Sinn in der Reaktivierung

Karl Höchner, Bürgermeister von Großlangheim
Foto: Daniela Röllinger | Karl Höchner, Bürgermeister von Großlangheim

"Die Landrätin hat mit ihrer Argumentationslinie, mit dem Hinweis auf Ökologie und Mobilität, ja 100-prozentig recht, aber für Großlangheim macht das keinen Sinn", sagt der Großlangheimer Bürgermeister Karl Höchner. Kein Großlangheimer würde in die Bahnhofsstraße laufen, wenn er bequem am Marktplatz in den Bus steigen könne. "Ich glaube auch nicht, dass durch die Bahn ein Laster weniger durch Großlangheim fährt", sagt Höchner.

Stier sagt ja, aber

Gerlinde Stier, Bürgermeisterin von Kleinlangheim
Foto: Daniela Röllinger | Gerlinde Stier, Bürgermeisterin von Kleinlangheim

Gerlinde Stier, Bürgermeisterin Kleinlangheim, sieht durchaus die Chancen einer Reaktivierung. Als die Gemeinde 2016 den Entwidmungsantrag stellte, "hatten wir uns schon auf den Tod der Linie eingerichtet". Mit den anderen Dorfschätze-Gemeinden wurde die Strecke für das Kernwegenetz vorgesehen, um den Ort vom Verkehr zu entlasten. Stier wäre bereit, im Gemeinderat noch einmal über den Entwidmungsantrag zu diskutieren, wenn folgende Punkte geklärt werden: der Anschluss der Strecke an den Kitzinger Bahnhof, die finanzielle Belastung für die Gemeinde und der Lärmschutz für das Baugebiet Am Geisberg, an dem die Gleise vorbeilaufen. Eine weitere Bedingung: Die im Moment sehr gute ÖPNV-Anbindung dürfe sich nicht verschlechtern. 

Knaier will Analyse abwarten

Werner Knaier, Bürgermeister von Wiesentheid
Foto: Knaier | Werner Knaier, Bürgermeister von Wiesentheid

Der Wiesentheider Bürgermeister Werner Knaier will abwarten, was die geplante Potenzialanalyse bringt. Sollten keine Kosten auf die Gemeinden zukommen, "würden wir uns über eine Belebung freuen", erklärt Knaier. "Ich fände es gut; allein mir fehlt der Glaube." Wiesentheid habe jetzt solange mit den Gleisen gelebt – "wir können auch noch länger damit leben". Richtig interessant wäre die Bahn, wenn es eine Verbindung von Großlangheim nach Iphofen gäbe und man mit nur einer Fahrkarte nach Nürnberg käme.

Schlehr ist sehr skeptisch

René Schlehr, Bürgermeister von Prichsenstadt
Foto: Schlehr | René Schlehr, Bürgermeister von Prichsenstadt

Sehr skeptisch steht Prichsenstadts Bürgermeister René Schlehr einer Reaktivierung gegenüber. "Es gibt so viele Fragezeichen", sagt er. Die Potenziale seien rein theoretisch da. Aber: "30 Jahre wurden die Schienen nicht benutzt. Die Leute haben sich anders orientiert." Seit 2014 ist er Bürgermeister und in dieser Zeit habe ihn keine einzige Person nach der Bahn gefragt. "Im Gegenteil: Die fragen, wann die Schienen endlich abgebaut werden." Er und sein Stadtrat hätten sich die Entscheidung für den Entwidmungsantrag nicht einfach gemacht und bei triftigen Argumenten könne man auch noch mal darüber reden. 

Sicher ist: Bis zum 30. Juni 2019 müssen bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach Stellungennahmen zu den Entwidmunganträgen eingegangen sein. Ein neues Gutachten könnte zu einer Fristverlängerung führen. (Fotos: Stadt Kitzingen, Röllinger, Knaier, Schlehr, Bauer)

Ein Bild aus der aktiven Zeit der Steigerwaldbahn: Regelmäßig fuhr ein Güterzug von Etwashausen nach Schweinfurt.
Foto: Gerhard Bauer | Ein Bild aus der aktiven Zeit der Steigerwaldbahn: Regelmäßig fuhr ein Güterzug von Etwashausen nach Schweinfurt.
Steigerwaldbahn
Die Eisenbahnstrecke von Etwashausen nach Gerolzhofen wurde 1893 gebaut. 1903 wurde sie von Gerolzhofen nach Schweinfurt verlängert. Insgesamt ist die Strecke 48 Kilometer lang; davon liegen etwa 25 Kilometer im Landkreis Kitzingen. Inzwischen sind drei Kilometer von Etwashausen-Bahnhof bis zur oberen Ausfahrt ConneKT in Richtung Großlangheim entwidmet.
Den Personenverkehr zwischen Etwashausen und Gerolzhofen stellte die Deutsche Bahn (DB) gegen Ende Mai 1981 ein - gegen den Willen des Landratsamts. Der letzte planmäßige Personenzug zwischen Gerolzhofen und Schweinfurt fuhr Ende Mai 1987.
Im August 1995 bat der Landkreis das Bayerische Wirtschaftsministerium, ein Gutachten über eine mögliche Reaktivierung zu erstellen. Kitzingen, Prichsenstadt und Wiesentheid unterstützten den Antrag. Groß- und Kleinlangheim forderten den Anschluss an den Bahnhof Kitzingen.
Bis Ende 2001 verkehrten noch Güterzüge auf der Strecke. Im gleichen Jahr fragte die DB nach, ob die Strecke stillgelegt bzw. privatisiert werden kann. Bis auf Großlangheim sprachen sich die betroffenen Gemeinden dagegen aus.
2003 schrieb die Landrätin Tamara Bischof an Staatskanzleichef Erwin Huber, sich für den Erhalt der Strecke einzusetzen. Eine spätere Wiederinbetriebnahme wäre so möglich. 2005 übergab die DB die Betriebsführung an das Privatunternehmen Bayerische Regionaleisenbahn (BRE). 
Bis zu den Truppenabzügen 2006 nutzten die US-Truppen die Strecke, um den Schwerlastverkehr mit Panzerzügen abwickeln zu können. 
 
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels gab es eine Umfrage. Wegen technischer Probleme wurde sie entfernt.
 
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  • Sven_Haubenreich@web.de
    Folgenden Hinweis möchte ich allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern ans Herz legen: Am kommenden Freitag, den 15.02.2019 lädt der Förderverein Steigerwald-Express um 19 Uhr nach Gerolzhofen ins Nebenzimmer des Gasthofs "Tor zum Steigerwald" zu einer öffentlichen Versammlung rund um die Steigerwaldbahn herzlich ein. Erörtert wird laut Zeitungsmeldung vom 06.02.2019 "die Entwicklung in jüngster Zeit, besonders nach der Steigerwaldbahn-Konferenz im Schweinfurter Landratsamt vom 28. Januar. Diskutiert wird auch das weitere Vorgehen des Fördervereins in den Landkreisen Schweinfurt und Kitzingen."
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  • etme.schmitt
    Gerade Schweinfurt ist zur Zeit sehr umständlich von Richtung Kitzingen mit der Bahn erreichbar. Ich halte die Strecke für sehr schön, wie Nürnberg wäre dann Gerolzhofen und Schweinfurt gut mit der Bahn erreichbar.
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  • gerald.effertz@web.de
    Man sollte mal das Gespräch mit Dingolshausens Bürgermeister Lothar Zachmann suchen. Dessen Ort liegt nicht an der Strecke und dennoch hat er Ideen und Visionen einer künftigen Steigerwaldbahn, die vielen und vielem Nutzen würde.
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  • FC05Supporter
    Das der Zug nach Nirgendwo fährt, ist noch lange nicht in Stein gemeiselt. Wichtig ist das viele Bürgermeister/innen ihre Entscheidung überdenken. Wenn ich daran denke was die Bahn für sämtliche Gemeinden und Städte enlang der Strecke und die gesamte Region bewirkt, muss man überlegen was man sagt und macht. Es geht um die Zukunft einer ganzen Region. Mit der Bahn vorbei an Stau, Baustellen und Dieselfahrverboten! Aus Jahrelanger Pendler Sicht ich muss einfach 28km auf Arbeit, habe es 2km zum nächsten Bahnhof, was mache ich?! Ja ich fahre zum Bahnhof spare eine Menge an Sprit kosten und fahre an einer verstopften Regierungshauptstadt sowie einer B19 und A7 ganz entspannt mit dem Zug vorbei. Noch ein paar Worte bekannter Pendler aus der Region der Zug fährt billiger als das Auto und dem Bus.
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  • Sven_Haubenreich@web.de
    Eine Reaktivierung wäre ein Gewinn für die Region und eine Riesenchance die nicht wiederkommt wenn die Gleise weg sind. Sowohl im ÖPNV als auch für den Tourismus, der für Prichsenstadt, Wiesentheid und Kleinlangheim ein wichtiger Faktor ist, würde sich hier ein grosses Entwicklungspotential ergeben. Ich hoffe wenn man Zweifel an den in 2016 eingereichten Entwidmungsanträgen hat, dass die Bürgermeister den Mut haben Ihre Entscheidung abzuändern. Das wäre ein Zeichen von Größe und Bürgernähe, da sich viele Bürger eine Reaktivierung wünschen.
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  • FC05Supporter
    Über eines bin ich froh! Es findet ein Umdenken statt! Wenn viele wollen dass die Räder der Steigerwaldbahn wieder rollen, dann rollen Sie auch wieder! Und das beste zum Wohle aller zwischen SW und KT!!! 😀
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  • FC05Supporter
    Man sollte jetzt wie schon gesagt groß denken und nicht nach dem Motto der Zug ist abgefahren. Hier bekommt man eine Schiene für lau und verschenkt die Change eine ganze Region weiter zu entwickeln.
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  • tagblatt_leser
    Wenn ich den Artikel richtig interpretiere, sind einige Bürgermeister der "Ablehnungsfront" zumindest am Nachdenken, ob die bedingungslose Forderung einer Entwidmung richtig war. Die sollten sich nochmals in zweierlei Hinsicht orientieren: einerseits an der Meinung ihrer Landrätin Tamara Bischof, andererseits an dem Verhalten des Gerolzhöfer Stadtrats. Letzterer hat bekanntlich einen früheren Beschluss wieder aufgehoben.

    Beflügelt sollte das Nachdenken durch die Tatsache, so sieht es auch die Landrätin, dass mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene kommt. Offenbar erkennen ein paar Bürgermeister nicht die Tatsache, dass ein bis zwei Güterzüge auf der Strecke täglich mehr als deutlich weniger lärmbelastend sind als LKW-Verkehre Stoßstange an Stoßstange. Dies sollte auch der Großlangheimer Bürgermeister erkennen; die Einwohner haben sich unlängst über die LKW-Flut in ihrer Gemeinde beklagt.
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