Aus dem Straßenbild ist sein Name bereits getilgt, jetzt soll dem früheren Oberbürgermeister Siegfried Wilke posthum auch das Ehrenbürgerrecht entzogen und das Ehrengrab aberkannt werden. Nur wenige Wochen nach der Umbenennung der Siegfried-Wilke-Straße dürfte dieser Akt an diesem Donnerstag (18.30 Uhr; Alte Synagoge) im Stadtrat ohne größere Diskussion vollzogen werden. Dafür ist die Lage zu eindeutig.
Wilke war von 1930 bis zu seiner Absetzung durch die Amerikaner im Jahr 1945 Bürgermeister der Stadt. Von 1952 bis 1958 amtierte er als Oberbürgermeister, ehe er bei der Wahl 1958 von Oskar Klemmert abgelöst wurde. Die Stadt würdigte Wilkes Verdienste, indem sie ihn 1961 zu seinem 70. Geburtstag zum Ehrenbürger ernannte. Auf Antrag seiner Tochter benannte 1991 der Finanzausschuss eine Straße nach ihm.
Für Kitzingens Stadtarchivarin Doros Badel gilt Wilke inzwischen "als Paradebeispiel eines Opportunisten" ohne "psychologische Distanz zur NSDAP", in deren Nähe er sich "in seinem Denken und Handeln" befand. Zu diesem Urteil kam Badel nach intensivem Aktenstudium. In einer Vorlage an den Stadtrat schrieb Badel im September, Wilke sei "Unterstützer und Erfüllungsgehilfe des NS-Unrechtsstaates" gewesen. Er habe sich durch Propaganda in den Dienst des NS-Regimes gestellt und sei zu dessen "Nutznießer" geworden.
Der Stadtrat nahm die Rechercheergebnisse in seiner Septembersitzung zum Anlass, einstimmig für die Umbenennung der Siegfried Wilke-Straße zu votieren. AfD-Ratsmitglied Lars Goldbach hatte den Saal vor der Abstimmung verlassen und damit eine Festlegung in die eine oder andere Richtung vermieden. Inzwischen trägt die Straße den Namen der ehemaligen Grundschullehrerin Dagmar Voßkühler, die sich zeitlebens gegen das Vergessen der Nazi-Verbrechen gewandt hatte. Ihr Vater, Oberst Georg Hansen, war 1944 am Hitler-Attentat beteiligt und hingerichtet worden.