Der Appell war eindringlich: "Wir verlieren die Schüler reihenweise", erklärte Katrin Beinrott vor dem Kitzinger Stadtrat. Die Leiterin der D.-Paul-Eber-Schule war am Donnerstagabend zusammen mit Konrektorin Petra Krämer in die Sitzung gekommen. Beide schilderten dem Gremium, wie sehr die Corona-Krise gerade die Schüler der Mittelschule in der Altstadt trifft.
Die Schule unterrichtet Kinder aus 21 Nationen; in manchen Klassen haben 70 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund. Dazu kommen "bildungsferne Eltern aus noch bildungsferneren Ländern ohne Deutschkenntnisse", berichtete Beinrott. Entsprechend hoch sei der Förderbedarf der Kinder – nicht nur bei der Sprache. "Viele Kinder, die zu uns kommen, fühlen sich erst einmal als Verlierer", weil sie nicht auf die Realschule oder aufs Gymnasium dürften. Umso wichtiger sei es, sie aufzubauen und gut zu betreuen.
AWO arbeitet gut, ist aber teuer
Das wiederum sei durch den Distanzunterricht während Corona deutlich schwieriger. Umso wertvoller sei die Arbeit, die die AWO bislang in der Nachmittagsbetreuung und im Lockdown in der Notbetreuung leiste. Beinrott und Krämer sprachen von "Profis, die Verhaltens-, Sprach- und Lernschwierigkeiten bearbeiten können". Mit Ehrenamtlichen sei das nicht zu schaffen.
Der Haken: Die AWO kommt mit dem laut Vertrag mit der Stadt vereinbarten Honorar nicht hin. Schon zum zweiten Mal stellte sie den Antrag, Defizite durch die Stadt ausgleichen zu lassen. Laut Vertrag könnte die Stadt daher nun kündigen und einen anderen Anbieter suchen. Doch die Schulleitung schilderte die Zufriedenheit mit und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den bewährten Kräften so eindringlich, dass der Stadtrat sich bereit erklärte, auch für das kommende Schuljahr ein mögliches Defizit durch die Stadt zu übernehmen. Eine klare Entscheidung zugunsten der Schüler, ihrer Familien und der Schule.
Weniger Ermessensspielraum hat die Stadt bei der Einrichtung neuer Kindergarten- und Krippengruppen und somit bei den baulichen Folgen. Die Stadt Kitzingen ist laut Bürgermeisterin Astrid Glos (SPD), die die Sitzung anstelle des in Quarantäne arbeitenden Oberbürgermeisters leitete, das Schlusslicht beim Angebot von Kinderbetreuungsplätzen im Landkreis. Das hängt zum einen damit zusammen, dass die Stadt Auffangbecken für viele Flüchtlinge ist, und zum anderen am stetigen Zuzug von Familien; die Stadt wächst entgegen alter Bevölkerungsprognosen in Richtung 25 000 Einwohner.
Viel Geld fließt in die Kinderbetreuung
Folglich fasste der Stadtrat gleich mehrere Beschlüsse, die ins Geld gehen: Die Stadt mietet in den Marshall Heights den umgebauten ehemaligen US-Kindergarten für weitere sechs Jahre. Dort können zwei Gruppen, insgesamt 50 Kinder, unterkommen. Die Stadt sucht dafür einen Träger. Das Gebäude wird seit 2017 genutzt, um Kinder und Personal dort provisorisch unterzubringen, solange ihr Kindergarten saniert oder umgebaut wird. Verbunden mit dem Beschluss ist der Auftrag, über eine mögliche Verlängerungs- oder sogar Kaufoption mit dem Besitzer zu verhandeln. Das ist die Objektentwicklung Wittmann GmbH, Kitzingen. Da Vater und Sohn Wittmann im Stadtrat sitzen, durften sie als Beteiligte bei dieser Entscheidung weder mitdiskutieren noch abstimmen.
Grünes Licht gab der Rat für den Umbau eines städtischen Wohnhauses in Nachbarschaft des Kindergartens Hohenfeld. Dort wird die Stadt die Mieter in andere städtische Wohnung am Galgenwasen umsiedeln und das Gebäude für die Krippennutzung herrichten. Die Umbaukosten werden voraussichtlich 850 000 Euro betragen. Somit würde Hohenfeld künftig über eine Kindergarten- und eine Krippengruppe verfügen.
Teurer wird dagegen der Neubau einer Krippengruppe neben dem Kindergarten in der Alemannenstraße. Die Kosten dafür steigen von 2,5 auf 2,8 Millionen Euro.
Haus für Jugend und Familie ist für Mehrheit ein Muss
Zwar keine Pflichtaufgabe, aber aus Sicht der Stadtratsmehrheit ein Muss ist der Bau des Hauses für Jugend und Familie. Probleme, wie sie in Kindergärten und Schulen bei manchen Kindern auftreten, müssen teils auch im Jugendlichenalter weiter bearbeitet werden. Das Jugendhaus als nicht vereins- und nicht konfessionell gebundene offene Anlaufstelle gilt dafür als Leuchtturmprojekt. Zugleich, so sagt es der Name, soll es Familien neue Möglichkeiten der Zusammenkunft und des Austauschs bieten.
Das lässt sich die Stadt einiges kosten: Trotz Einsparungen am Gebäude – inzwischen entfallen Dachterrasse und Aufzug – lassen steigende Baukosten das Volumen auf 9,4 Millionen Euro steigen. Nicht wenige Räte erwarten, dass die Kosten am Ende zweistellig werden. Der Rat stimmte allen Projekten zu.