Weil Bauland knapp und begehrt ist, weil Grundstücke wie Aktien gehandelt werden, die kaum ein Limit nach oben kennen, suchen Bauherren nach Auswegen und Alternativen. Die Baunutzungsverordnung lässt manche Hintertür und öffnet Raum für Kreativität. Sie erlaubt Firmen- und Betriebsinhabern unter bestimmten Bedingungen, auch im Gewerbegebiet ein Wohnhaus zu errichten. Vorteil: Es gibt dort oft noch genügend Baugrund zu deutlich günstigeren Preisen als im Wohngebiet.
Ganz ohne Tücken ist die Sache freilich nicht: Es gilt einiges zu beachten. Der Iphöfer Bauausschuss hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit genau so einem Fall befassen müssen. Bürgermeister Dieter Lenzer hat den Verdacht geäußert: „Es sieht so aus, als wolle einer auf günstigem Gewerbegrund ein Wohnhaus bauen.“
Ein unscheinbares Eckgrundstück in der Straße Am Breitenstein, 1100 Quadratmeter groß, mittendrin eine Bodenplatte aus Beton. In der Umgebung graue Hallen aus Blech, auf einem Grundstück türmt sich meterhoch das Holz. Ein klassisches Gewerbegebiet, wie man es hundertfach in Deutschland findet. Vereinzelt aber stehen dort auch Wohnhäuser. Laut Baunutzungsverordnung sind sie ausnahmsweise zulässig, wenn sie sich dem Gewerbebetrieb unterordnen und Wohnraum für betriebsnahe Personen bieten.
Diese Voraussetzung erfüllte der im Frühjahr 2019 im Rathaus eingereichte Antrag, um den es hier geht. Der Bauausschuss stimmte dem aus zwei Gebäuden bestehenden Vorhaben zu – wenn auch „mit viel Augenzwinkern“, wie Stadträtin Peggy Knauer jetzt erklärte. Denn schon damals gab es Bedenken und Vorbehalte.
Für den ersten Antrag zeigt die Stadt Wohlwollen
Dass man im Rathaus Zweifel an den eingereichten Unterlagen hegte, zeigt eine Stellungnahme der Verwaltung. Darin heißt es: „Aufgrund der nichtbezeichneten Freifläche sowie der Anordnung der Gebäude bzw. der Größenverhältnisse der Gebäude zueinander ist davon auszugehen, dass die gewerbliche Nutzung des Grundstücks nicht überwiegt.“ Dennoch war die Stadt seinerzeit wohlwollend mit dem Antrag verfahren und zum Vorteil der Bauherrin davon ausgegangen, dass zwei Drittel der Fläche (224 Quadratmeter) gewerblicher Nutzung zuzurechnen seien und nur ein Drittel (122 Quadratmeter) Wohnzwecken. Auch das Landratsamt stellte die im Dachgeschoss des Wohnhauses dargestellten großen Flächen für „Archivzwecke“ des Gewerbebetriebs in Frage, winkte den Antrag letztlich aber durch.
Lange Zeit tat sich danach nichts auf dem Grundstück. Im Oktober 2020 wurde die Bodenplatte gegossen und das Gelände angepasst. Jetzt ging bei der Stadt ein Tekturplan, also ein veränderter Bauantrag, ein. Er sieht nur noch ein Gebäude mit einer Wohnung im Erdgeschoss (87 Quadratmeter) und Gewerberäumen im Dachgeschoss (110 Quadratmeter) vor. Die Anteile (zu der auch Garten und Freifläche zählen) verteilen sich dabei nach Überzeugung der Verwaltung „noch mehr in Richtung Wohnbebauung als bisher beantragt“. Für den Bauausschuss brach damit endgültig die Grundlage für eine Genehmigung weg. „Das ist mehr Wohnhaus als Gewerbebetrieb“, sagte Bürgermeister Lenzer.
Im Gewerbegebiet sind die Grundstücke deutlich billiger
Wie Lenzer weiter mitteilte, betreibt die Antragstellerin eine Sicherheitsfirma, für die sie in Mainbernheim ein Gewerbe angemeldet hat. Eine weitere Gewerbeanmeldung, die auf den Verkauf von Wohnhäusern abzielt und die die Bauherrin gegenüber der Stadt Iphofen geltend gemacht haben soll, besteht laut Lenzer nicht. Für Stadtrat Otto Kolesch steckt hinter dem Antrag eine klare Absicht: „Hier geht es um einen billigen Bauplatz.“
Tatsächlich liegen die Grundstückspreise in Gewerbe- und Industriegebieten deutlich niedriger als in Wohngebieten, um attraktiv für Unternehmen zu sein. Die Stadt Iphofen etwa verlangt im Gewerbegebiet Alte Reichsstraße nach eigenen Angaben um die 30 Euro pro Quadratmeter. In den Wohnbaugebieten sind es etwa viermal so viel. Er nehme es der Bauherrin nicht ab, dass in dem Gebäude Beschäftigte ihrer Sicherheitsfirma wohnen sollen, sagte Kolesch. Der Ausschuss lehnte den Antrag einstimmig ab.