
Am Ende war es ein Urteil in der Mitte: ein Jahr und neun Monate. Zuvor hatten sich die Prozessbeteiligten auf ein Strafmaß zwischen eineinhalb und zwei Jahren Freiheitsstrafe geeinigt. Möglich wurde dies, nachdem der Angeklagte reinen Tisch gemacht und den Sozialbetrug von fast 350.000 Euro zugegeben hatte. Was auch Teil der Absprache war: Der Geschäftsführer des Freizeit-Landes Geiselwind (Lkr. Kitzingen) muss nicht in Haft. Das Landgericht Würzburg setzte die Strafe an diesem Montag zu einer dreijährigen Bewährung aus.
Der zweite Verhandlungstag hatte mit der Aussage einer Mitarbeiterin des Schweinfurter Hauptzollamtes begonnen. Sie Zeugin schilderte, wie der Fall ins Rollen gekommen war. So hatte es 2019 zunächst eine normale Prüfung des Freizeitparks gegeben. Während die Sichtung und Auswertung noch liefen, gab es im Mai 2020 eine Protestaktion mehrerer rumänischer Mitarbeiter, die damit auf ihre nicht sauberen Arbeitsverhältnisse aufmerksam machen wollten.
Zoll im Einsatz: Durchsuchungen im Privathaus und im Freizeitpark
Noch während der Demonstration vor Ort leitete der Zoll ein Ermittlungsverfahren ein. Es gab Durchsuchungen in Freizeitpark und im Privatanwesen des Geschäftsführers, Zeugen wurden vernommen. Danach begann "viel Fleißarbeit", wie die Zoll-Mitarbeiterin betonte: Die gemeldeten Arbeitszeiten wurden mit den tatsächlich geleisteten Zeiten abgeglichen. Nach und nach türmte sich ein Schaden für das Sozialsystem auf, der in den sechsstelligen Bereich ging.
Nachdem der 39-jährige Geschäftsführer das alles zunächst nicht wahrhaben wollte und deshalb für einige Wochen in Untersuchungshaft war, deutete vieles auf einen langwierigen Prozess hin. Im letzten Moment dann der Schwenk mit einem neuen Verteidiger - und am vergangenen Donnerstag ein umfassendes Geständnis vor Gericht. Dies führte dazu, dass sich die Beteiligten auf einen Strafrahmen einigten.
In den Anfangsjahren als Geschäftsführer überfordert
Ohne dieses Geständnis – das wurde am Montag am Landgericht mehrmals betont – wäre die Bewährung kaum denkbar gewesen. Dass der nicht vorbestrafte Angeklagte alles zugegeben habe, sei "von überragender Bedeutung", betonte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer. Sie wies auf eine "Überforderung des Angeklagten" als Geschäftsführer bei der Parkübernahme im Jahr 2017 ebenso hin wie auf das "schamlose Ausnutzen" der Sozialsysteme. Neben den Schwarzgeldzahlungen an Mitarbeiter hatte es auch Betrug beim Kurzarbeitergeld während der Corona-Zeit gegeben.
Die Staatsanwaltschaft plädierte auf volle zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung. Die Verteidigung sprach sich für eineinhalb Jahre aus. Für seinen Mandanten sei das Verfahren samt der Festnahme "ein existenzieller Einschnitt" gewesen, sagte sein Anwalt. Er habe seinen Mandanten aber "als einen Kämpfer und tollen Unternehmer" erlebt, der die Zukunft des Freizeitlandes sichern werde: "Es muss weitergehen und es wird weitergehen!" Der Prozess hätte ohne das Geständnis "Monate gedauert".
Richter: Wiedergutmachung des Schadens steht im Mittelpunkt
In seiner Urteilsbegründung hob der Vorsitzende Richter Boris Raufeisen einerseits "die große Schadenssumme" hervor. Klar sei aber auch, dass sich der gebürtige Coburger in seiner Anfangszeit "übernommen" habe. Als dann in der Pandemie der Park schließen musste, sei der Besitzer schlichtweg "von der Situation überrumpelt" gewesen.
Als Auflage wies das Gericht den 39-Jährigen an, den verursachten Schaden "nach Kräften wieder gutzumachen". Ein erster Schritt ist eine monatliche Rückzahlung von 2100 Euro an die Krankenkasse und an die Agentur für Arbeit. Welche Summe wer genau bekommt, muss direkt mit den Kassen und der Arbeitsagentur geklärt werden. Wahrscheinlich streitet man dann wieder - vor dem Verwaltungsgericht.