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Geiselwind/Würzburg
Sozialbetrug: Geschäftsführer von Freizeit-Land Geiselwind legt Geständnis ab und kann auf Bewährung hoffen
Nach dem ersten Prozesstags am Landgericht Würzburg auf freiem Fuß: Der Chef des Freizeitparks räumte mehrere Hunderttausend Euro Schaden ein. Wie er sich rechtfertigte.
Der Geschäftsführer des Freizeitparks Geiselwind (links) mit Rechtsanwalt Alexander Seifert am Donnerstag vor dem Landgericht Würzburg. Der Angeklagte soll Arbeitsentgelt veruntreut und den Staat um mehrere 100.000 Euro gebracht haben.
Foto: Heiko Becker, dpa | Der Geschäftsführer des Freizeitparks Geiselwind (links) mit Rechtsanwalt Alexander Seifert am Donnerstag vor dem Landgericht Würzburg.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:42 Uhr

Während im Freizeit-Land in Geiselwind (Lkr. Kitzingen) gerade die Vorbereitungen für Halloween laufen, steht der Geschäftsführer des Parks vor Gericht: Seit Donnerstag muss sich der 39-Jährige vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Würzburg wegen Sozialbetrugs verantworten. Ihm wird vorgeworfen, den Staat um mehrere Hunderttausend Euro hintergangen zu haben. Seit Anfang Oktober saß er deshalb in Untersuchungshaft. 

Ergebnis des ersten Verhandlungstages: Der Angeklagte kann mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Die Prozessbeteiligten verständigten sich auf einen Strafrahmen im Bereich von eineinhalb bis maximal zwei Jahren bei einem entsprechenden Geständnis. Dieses führt laut Gericht auch "zu einer erheblichen Abkürzung der Beweisaufnahme".

Anklage: Schwarzgeld gezahlt und Arbeitszeiten oft unbezahlt überschritten

Die Anklageschrift, deren Verlesung fast eine Dreiviertelstunde dauerte, gliedert sich in zwei Blöcke:  Zum einen soll der Geschäftsführer zwischen 2017 und 2019 für einen Teil seiner Angestellten ein geringeres Gehalt gemeldet haben, als tatsächlich gezahlt wurde. 1200 Euro gab es demnach vor allem für rumänische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offiziell, 200 Euro kamen schwarz obendrauf.

Laut Staatsanwaltschaft entgingen dem Staat in 55 Fällen so über 100.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen. Ein weiterer Vorwurf: Die Arbeitszeiten seien oft ohne Bezahlung weit überschritten worden.

Das Geiselwinder Freizeit-Land im Zwielicht: Wegen Betrugs muss sich der Geschäftsführer derzeit vor dem Würzburger Landgericht verantworten.
Foto: Silvia Gralla | Das Geiselwinder Freizeit-Land im Zwielicht: Wegen Betrugs muss sich der Geschäftsführer derzeit vor dem Würzburger Landgericht verantworten.

Neben den Vorwürfen auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie Betrug geht es in der Anklage um Kurzarbeitergeld, das während der Corona-Pandemie beantragt worden war. Die Mitarbeiter sollen jedoch überwiegend in Vollzeit gearbeitet haben. Zu Unrecht ausgezahlt wurden dem Freizeitpark demnach gut 240.000 Euro. Mit dem Kurzarbeitergeld habe sich der 39-jährige Geschäftsführer zusätzlich "eine Einnahmequelle geschaffen", so die Anklage. 

Angeklagter spricht von "massiver Zukunftsangst"

In einem von Verteidiger Alexander Seifert verlesenen Geständnis räumte der Angeklagte die Vorwürfe "voll umfänglich" ein. Sein Mandant "bedauert sein Verhalten außerordentlich", fasste der Rechtsanwalt zusammen. Der Geschäftsführer selbst verwies auf die teilweise schwierigen Umstände: Zwei Lockdowns während der Corona-Pandemie hätten seinen Park an den Rand der Existenz gebracht. Das habe bei ihm "eine massive Zukunftsangst ausgelöst". Einige Corona-Überbrückungshilfen seien "bis heute nicht vollständig ausgezahlt" worden. Ihm fehle hier "eine fast siebenstellige Summe", sagte der 39-Jährige.

Schwierigkeiten in den Anfangsjahren - und Aufräumen in der Lohnbuchhaltung

Die Unregelmäßigkeiten bei den Sozialabgaben, so betonte der Angeklagte, seien allesamt in den Anfangsjahren entstanden. Der gebürtige Coburger, der auch auf dem dortigen Weihnachtsmarkt aktiv ist, hatte den Freizeitpark  an der A3 im Landkreis Kitzingen im Jahr 2017 übernommen und die Anlage seither umgestaltet.

Er lerne aus seinen Fehlern, meinte der 39-Jährige. In der Lohnbuchhaltung habe man sich inzwischen "neu aufgestellt" und arbeite beispielsweise bei der Zeiterfassung inzwischen transparenter, versicherte der Angeklagte der Strafkammer.

Am Ende des ersten Prozesstages nicht mehr in U-Haft

Am Ende des ersten Verhandlungstages war der Geschäftsführer wieder ein freier Mann: Dem Antrag des Verteidigers, den 39-Jährigen aus der Untersuchungshaft zu entlassen, gab das Gericht statt.

Das Urteil soll am Endes des zweiten Verhandlungstags – nach der Vernehmung einer Zeugin des Hauptzollamtes – am kommenden Montag verkündet werden.

 
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  • Claudia Schuhmann
    Sehr geehrter Herr Temming, vielen Dank für Ihren Beitrag, auf den ich gerne antworte. Wenn wir über Strafprozesse berichten, ist im Hinblick auf die Namensnennung von Angeklagten Zurückhaltung geboten, denn es gilt bis zur Verurteilung die Unschuldsvermutung. Die Entscheidung, ob ein Angeklagter in einem Bericht auch schon vorher namentlich genannt wird oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wir wägen in jedem einzelnen Fall ab, wie wir vorgehen. Dabei orientieren wir uns an der Rechtsprechung, die in vielen Urteilen Anhaltspunkte für die Bewertung geliefert hat. Dieser Fall ist ohne Zweifel für die Öffentlichkeit interessant - aber nicht so spektakulär, dass wir den Namen des Geschäftsführers in diesem Zusammenhang ohne weiteres nennen würden.
    Viele Grüße
    Claudia Schuhmann, Redakteurin für Presserechtsfragen, Main-Post
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  • Dominik Temming
    Wusste ich nicht. Danke für den interessanten Einblick.
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  • Dominik Temming
    Wieso zensiert ihr ihn? Ihr habt ihn doch schon des Öfteren "oben ohne" gezeigt?
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