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Kitzingen
Sonnige Zeiten für Franken? Wie Familien mit Solaranlagen Stromkosten drastisch senken
Die Entwicklung bei Solarzellen geht rasant weiter. Armin Winterstein erklärt, warum sich das Warten auf bessere und neuere Technologien nicht auszahlt.
Die Sonne scheint schon bei der Montage dieses Solarmodul-Daches auf einer Terrasse.
Foto: Armin Winterstein | Die Sonne scheint schon bei der Montage dieses Solarmodul-Daches auf einer Terrasse.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 15.07.2024 20:45 Uhr

Am 3. Mai ist der Tag der Sonne. Eine gute Gelegenheit, sich mit dem Solar-Experten Armin Winterstein über Autarkie, Balkonkraftwerke und Speichertechnik zu unterhalten. Winterstein aus dem Geiselwinder Ortsteil Dürrnbuch ist Fernsehtechniker und Elektromeister und führt mit seinen Söhnen Stephan und Philipp das Unternehmen AWI Solar GmbH in Schwarzach, das aus dem 2003 gegründetem Einzelunternehmen Armin Winterstein Elektrotechnik hervorging. Der 57-Jährige befasst sich seit jeher mit nachhaltigen Energiekonzepten, mit Photovoltaikanlagen, Energiespeichern, Wärmepumpen, Haustechnik im Alt- und Neubau, Terrassendach- und Carport-Anlagen.

Frage: Die erste funktionstüchtige Solarzelle wurde schon 1954 vorgestellt. Man sollte meinen, 70 Jahre wären genug Zeit, um die Entwicklung zu perfektionieren und den Preis der Module massentauglich zu senken. Aber noch immer fragen sich viele: Wann kommt der beste Zeitpunkt, eine PV-Anlage zu kaufen?

Armin Winterstein: Gegenfrage: Wann ist – oder war – der beste Zeitpunkt, einen Computer zu kaufen? Ja, die Module werden günstiger, die Herstellung wird stetig optimiert. Die Kosten einer Photovoltaikanlage sind jedoch nicht nur vom Modulpreis abhängig, sondern auch vom Montagematerial und von Lohnkosten. Für mich zählt: Durch die Einspeisevergütung und die gestiegenen Strompreise ist die Rentabilität von Photovoltaik über die letzten 20 Jahre gleich geblieben.

Stephan, Philipp und Armin Winterstein haben sich der Sonnenenergie verschrieben.
Foto: Dominik Stambor | Stephan, Philipp und Armin Winterstein haben sich der Sonnenenergie verschrieben.
Es lohnt sich also nicht, auf neue Technologien und effizientere Module zu warten?

Winterstein: Grundsätzlich nicht.

Wie viel Prozent ihres Energiebedarfs kann eine durchschnittliche fränkische Familie in einem Jahr mit durchschnittlichem Wetter durch Photovoltaik decken?

Winterstein: Mit einer gut dimensionierten Anlage und einem Stromspeicher, der dem Bedarf angepasst ist, lässt sich eine Autarkie von rund 75 Prozent erreichen. Das heißt, dass etwa drei Viertel der Stromkosten eingespart werden können.

Die Einspeisevergütung ist so gering, dass sie keine entscheidende Rolle spielt. Bei Hausbesitzern und Unternehmen steht der Eigenverbrauch im Vordergrund. Gibt es einen Richtwert, ab welchem Verbrauch sich PV in einer vernünftigen Zeitspanne lohnt?

Winterstein: Grundsätzlich lassen sich die Anschaffungskosten einer Photovoltaikanlage ab einer Leistung von zirka zehn Kilowatt-Peak (kWp) durch die Einspeisevergütung decken - auch wenn diese mittlerweile sehr gering ist. Durch die Einsparung der Strombezugskosten amortisiert sich die Anlage jedoch schneller, da ich die teure Kilowattstunde nicht vom Stromanbieter kaufen muss.

Hier montiert Armin Winterstein ein dichtes Hausdach – aus Solarmodulen.
Foto: Stephan Winterstein | Hier montiert Armin Winterstein ein dichtes Hausdach – aus Solarmodulen.
Welche staatlichen Anreize oder andere Fördertöpfe gibt es aktuell für die Anschaffung von PV-Anlagen?

Winterstein: Es gibt die Einspeisevergütung für selbst erzeugten Solarstrom, den man zu festgesetzten und 20 Jahre gleichbleibenden Konditionen an den Energieversorger verkaufen kann. Zudem gibt es regionale Fördermöglichkeiten für Gebäude, die früher wegen Denkmal- oder Ensembleschutz nicht bebaut werden durften. Nicht zu vergessen ist auch die Steuerfreiheit von Photovoltaikanlagen bis 30 KWp.

Durch die Möglichkeit, den Solarstrom vom Dach in Speichern zu "bunkern" und ihn, je nach Bedarf, nutzbar zu machen, ist ein neuer Markt entstanden, unabhängig von Förderungen und Subventionen. Wie gut ist die Speichertechnik mittlerweile?

Winterstein: Die Speichertechnologie ist mittlerweile sehr weit fortgeschritten. Autarkiegrade von über 75 Prozent lassen sich damit bereits jetzt erreichen. Mit Langzeitspeichern, zum Beispiel Wasserstoff-Speichern, lässt sich der Stromüberschuss vom Sommer im Winter nutzen. Dadurch erreicht man eine hundertprozentige Autarkie.

Glaselemente und PV-Module ergänzen einander auf diesem Terrassendach.
Foto: Armin Winterstein | Glaselemente und PV-Module ergänzen einander auf diesem Terrassendach.
Was halten Sie von Balkonkraftwerken, also Mini-Solaranlagen, beispielsweise auch für Mieter?

Winterstein: Balkonkraftwerke können zeitweise gut die Grundlast der Wohnung über einen sonnigen Tag decken. Größere Verbraucher wie Waschmaschine, Trockner, Kaffeemaschine oder Föhn benötigen jeweils mehr Strom, als ein Balkonkraftwerk leisten kann. Eine wesentliche Einsparung der Energiekosten ist damit nicht zu erzielen.

Thema Nachhaltigkeit: Welche Auswirkungen hat die Produktion der PV-Module auf die Umwelt - und wie viel CO₂ spart eine Anlage im Gegenzug durchschnittlich ein?

Winterstein: Energetisch hat sich eine Photovoltaikanlage innerhalb eines Jahres amortisiert. Dann hat die Anlage so viel Energie produziert, wie zu ihrer Herstellung benötigt wurde. Bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren liegt die CO₂-Einsparung einer Photovoltaikanlage mit 10 KWp bei etwa 6,5 Tonnen/Jahr im Vergleich zu einem Kohlekraftwerk. Es gibt in Deutschland Modulhersteller, die nach höchsten Standards und effizient Solarmodule CO₂-arm herstellen. Gerade bei Glas-Glas-Modulen ist der Materialkreislauf von der Beschaffung bis hin zum Recycling äußerst nachhaltig.

Das Balkongeländer dieses Hauses macht aus Sonnenstrahlen Strom.
Foto: Armin Winterstein | Das Balkongeländer dieses Hauses macht aus Sonnenstrahlen Strom.
Heißt das, alle Module werden wieder recycelt?

Winterstein: Module werden von Spezialfirmen fachgerecht zerlegt, um die seltenen und wertvollen Materialien wie Silizium und Silber erneut nutzen zu können. Wichtig für das Recycling ist auch, dass abgebaute Module unbeschädigt dem Recycling zugeführt werden. So lassen sich auch das Glas und der Rahmen vollständig wieder verwerten.

Was glauben Sie als Fachmann für Sonnenenergie: Wie ließe sich die Energiewende sinnvoll vorantreiben?

Winterstein: Da die Sonne nicht immer scheint, ist es wichtig regional Großspeicher zu installieren, um die Stromnetze auch nachts oder bei hoher Sonneneinstrahlung zu stabilisieren. Aber auch jeder Solaranlagenbesitzer kann mit seinem Stromspeicher dazu beitragen, überschüssigen Strom selbst zu verwenden und nachts keinen Strom aus dem Netz zu beziehen. Damit entlastet er das Stromnetz und erspart dem Netzbetreiber hohe Kosten, die sich direkt auf den Strompreis auswirken.

 
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  • Maria Saar
    Die Aussage zu den Balkonkraftwerken ist mit sicherheit auf keinen Fall interessengetrieben...

    Ich behapute das Gegenteil: Balkonkraftwerke sind Preis-Leistungstechnisch die bei weitem beste Lösung, um Geld zu sparen. Teure Anlagen von Firmen rentiern sich wesentlich weniger.
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  • Dietmar Eberth
    Ein Balkonkraftwerk lässt sich nicht skalieren und ist für Großverbraucher wie E-Auto, Wärmepumpe, Klimaanlage, Wäschetrockner, Fön, Bügeleisen, Heizgeräte, uvm. nicht geeignet und ist meist nicht optimal ausgerichtet. Mit einem 600-Watt Balkonkraftwerk lassen sich vielleicht 180 Euro (etwa 600 kWh pro Jahr) Stromkosten sparen
    https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/balkonkraftwerk-wann-es-sich-lohnt-und-was-sie-dringend-beachten-muessen/

    Mit einer PV-Anlage lassen sich leicht mehrere 1000 Euro pro Jahr und 4-Personenhaushalt sparen
    https://www.erdgas-suedwest.de/natuerlichzukunft/wirtschaftlichkeit-photovoltaikanlage-stromspeicher/

    Der Zubau an Balkonkraftwerken bei Photovoltaik hat im letzten Jahr etwa 2-3 Prozent der gesamten PV (PV etwa 10-15 Prozent der EE) ausgemacht
    https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/20240105_EEGZubau.html
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