Im Ostsee-Urlaub lässt sich das ganze Corona-Wirrwarr an einer einzigen Fischbrötchen-Bude beobachten: Mundschutz. Kein Mundschutz. Kleine Gruppen. Große Gruppen. Kontaktdaten-Zettel. Keine Kontaktdaten-Zettel. Abstand. Kein Abstand. Gemeinsam haben die Menschen nur, dass sie am Ende alle zufrieden an ihrem Matjes-Fischbrötchen nagen.
Wobei im Regelfall – sobald man sich hinsetzt und bewirtet werden will – die Kontaktdaten absolute Pflicht sind. Ich habe den Zettel in sieben Urlaubstagen ungefähr 3,2 Millionen Mal ausgefüllt. Meine persönlichen Daten dürfte also inzwischen so ziemlich jeder Einwohner von Mecklenburg-Vorpommern haben. Wenn man überlegt, wie sehr der Datenschutz ansonsten mitunter nahezu alles lähmen kann, ist das Herausschleudern der Daten in diesem Sommer geradezu sensationell.
Der Kontaktdaten-Zettel liegt nicht selten für jedermann sichtbar. Es soll sogar Kneipen geben, die damit Aushänge machen. Wenn also Gauner wissen wollen, wer gerade im Urlaub ist, war es nie leichter, an Adressen von leer stehenden Wohnungen zu kommen.
Vor lauter Zettel-Ausfüllerei habe ich irgendwann meinen eigenen Namen nicht mehr hören und lesen können - und gab deshalb Winnetou an. Und als Begleitung Old Shatterhand. Wahrscheinlich war das ein Straftatbestand. Aber ein bisschen Spaß, das lehrt uns Roberto Blanco seit 1972, muss schließlich sein.
Man kann die Nummer mit den Pseudo-Namen natürlich noch ausbauen: Tom und Jerry, Fix und Foxi, Dick und Doof. Wobei letzteres schwierig sein kann, falls man sich einigen muss, wer denn wer ist. Das könnte schnell das Ende der trauten Urlaubsstimmung bedeuten. Aber Spaß beiseite, die Sache ist ernst, deshalb also keinen Schindluder treiben. Außerdem hört sich Winnetou Weichhan ja nun auch nicht sonderlich überzeugend oder gar sexy an.
Um noch einmal auf die Fischbrötchen-Bude zurückzukommen: Dort konnte, wer wollte, seinen Kontaktdaten-Zettel in eine Box aus Plexiglas stecken. Sah ein wenig aus wie das Ding, in dem früher die Lottozahlen gezogen wurden. Genau das wäre doch die Idee schlechthin: Kontaktdaten-Zettel-Bingo. Eine schöne Beschäftigung – statt doch nur wieder im Kurpark zu sitzen. Schön wäre auch, zu jeder vollen Stunde einen Zettel zu ziehen und ein Matjes-Brötchen zu verlosen. Den Rest des Tages darf man sich dann Kontaktdaten-Zettel-König nennen und zum Zeichen der Macht Winnetous Silberbüchse tragen.