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Kitzingen
Solidaritäts-Frage der CSU sorgt im Kreisausschuss für Empörung
Entweder spart der Landkreis mehr ein – oder er ist unsolidarisch: Mit dieser Logik bringen Kitzingens OB Stefan Güntner und die CSU alle anderen gegen sich auf.
Bei den Haushaltsberatungen des Landkreises im Landratsamt knirschte es im Kreisausschuss: Die CSU stelle die Solidaritäts-Frage – und fing sich damit jede Menge Ärger ein.
Foto: Andreas Brachs | Bei den Haushaltsberatungen des Landkreises im Landratsamt knirschte es im Kreisausschuss: Die CSU stelle die Solidaritäts-Frage – und fing sich damit jede Menge Ärger ein.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:49 Uhr

Bei der jüngsten Kreisausschusssitzung im Kitzinger Landratsamt waren schon 28 Tagesordnungspunkte der Haushaltsberatung abgearbeitet, als es unter 3.26.1. um einen Antrag der CSU-Kreistagsfraktion ging. Auf dem Tisch lag die Forderung, dass die Kreisumlage statt wie geplant um 1,5 Punkte nur um einen Punkt erhöht werden sollte. Unterzeichnet von dem ehemaligen Wiesentheider Bürgermeister Werner Knaier, dem Volkacher Bürgermeister Heiko Bäuerlein und dem Kitzinger Oberbürgermeister Stefan Güntner. Die Gemeinden sollten, so hieß es zur Begründung, "in ihrer kritischen Finanzsituation maßgeblich entlastet" werden. Die drei Kreisräte führten schließlich noch ein paar Vorschläge ins Feld, wie und wo der Kreis mit weniger Geld auskommen könnte. Das Schreiben endet mit der Hoffnung „auf eine kollegiale Beratung“.

Das mit der Kreisumlage ist erklärungsbedürftig. Die Umlage ist die wichtigste Einnahmequelle, das Geld wird nach einem gewissen Schlüssel von den Städten und Gemeinden an den Kreis gezahlt, weil Landkreise keine Steuereinnahmen haben. Was gezahlt werden muss, richtet sich nach einem Punktesystem. Das hatte 2019 mit 39 Punkten einen Tiefstand erreicht, der sich auch bayernweit sehen lassen konnte. Vergangenes Jahr gab es dann eine Erhöhung auf 39,5 Punkten, was dem Landkreis 45,2 Millionen Euro in die Kasse spülte.

Für dieses Jahr nun erhöht sich der Satz auf 41 Punkte. Hinter jedem Punkt steckt etwa eine Million Euro, die sich je nach wirtschaftlicher Entwicklung jährlich verändern kann. Und so kommt es zu diesem Effekt: Obwohl der Kreis den Hebesatz um 1,5 Prozent erhöht, werden die Einnahmen am Ende weniger und liegen nur noch bei 43,7 Millionen. Das heißt: Der Kreis hat hier 1,5 Millionen Euro weniger zur Verfügung.

500 000 Euro als Knackpunkt

Der CSU-Antrag bedeutete also: 0,5 Punkte weniger Kreisumlage hätten um die 500 000 Euro bedeutet, auf die der Kreis zusätzlich verzichten sollte. Insgesamt also wären das dann am Ende zwei Millionen Euro weniger gewesen als im Jahr zuvor.

Stefan Güntner, der als einziger der drei Unterzeichner anwesend war, sorgte schließlich mit seiner mündlich nachgeschobenen Antrags-Begründung für Unmut, weil er mit einem starken Signalwort arbeitete: Wenn der Kreis nicht auf mehr Geld verzichte, sei das schlichtweg "unsolidarisch" gegenüber den Städten und Gemeinden. Der Unmut über diesen Vorwurf war groß. Das mit der erhofften kollegialen Beratung hatte sich spätestens an dieser Stelle erledigt.

Landrätin Tamara Bischof sah sich fast schon zu einer Grundsatzrede veranlasst, was denn der Kreis so alles leiste. Ihre klare Botschaft: Man streiche "nicht mehr Geld von den Gemeinden als nötig" ein.

Erst zugestimmt – dann dagegen

Den ehemaligen Iphöfer Bürgermeister Josef Mend brachte der Vorwurf, der Kreis sei unsolidarisch, wenn er sich nicht weiter einschränke, so richtig auf die Palme. Gerade der Landkreis habe sich "immer solidarisch" gezeigt, ließ er den Neu-Kreisrat Stefan Güntner wissen. Zudem könne die CSU nicht in den unterschiedlichsten Ausschüssen dafür stimmen, Geld für Projekte wie die Mainschleifenbahn oder die Schwanbergstraße bereitzustellen, um genau das dann nur Tage später nicht mehr wahrhaben und als neue Einsparung zurückdrehen zu wollen.

Schwarzachs Bürgermeister Volker Schmitt (Freie Wähler) erinnerte die Antragsteller daran, dass gerade die Bürgermeister bei einer Dienstbesprechung im Februar den Haushalt akzeptiert hätten. Der Kreis entlaste zudem die Kommunen bereits um 1,5 Millionen Euro. Ähnlich argumentierte die SPD: Zum einen könne sich gerade Kitzingen nicht über zu wenig Unterstützung durch den Kreis beschweren, sagte Margit Hofmann mit Blick auf den Kitzinger OB. Der Antrag sei zudem "nicht fundiert und ohne Substanz". Damit spielte Margit Hofmann  auf die Vorschläge der CSU an, wie der Kreis denn genau sparen könne.

Vorschläge "unzulässig"

Einige dieser Vorschläge hatte die Kämmerei gleich mehrfach als "unzulässig" bewertet – also schlichtweg verboten. "Wenig Verständnis" für das Vorgehen der CSU brachte auch die FDP auf: Hans Müller zeigte sich überzeugt, dass der Antrag lediglich "öffentlichkeitswirksam" sei. "Sparsam" und "sehr knappen Spielraum ", gerade das seien doch die Kennzeichen des zu beschließenden Haushalts, so Müller.

Weil dem Antrag plötzlich der Vorwurf anhaftete, dass der Kreis unsolidarisch sei, wenn er nicht auf die von der CSU geforderten 500 000 Euro verzichtet, mahnten fast alle Fraktionen eine Rücknahme an. Oder einfacher gesagt: Manchmal ist das Klima schneller vergiftet, als man einen Antrag überhaupt stellen kann. Das sorgte für Nachdenken, denn es passierte etwas Ungewöhnliches: Weil die Wellen gar so hoch schlugen, wurde die Sitzung unterbrochen und die drei dem Gremium angehörenden CSU-Kreisräte zogen sich zur Beratung zurück.

Zurück im Sitzungssaal, blieb Stefan Güntner dabei: Über den Antrag solle abgestimmt werden. Zudem zeigte sich der Kitzinger OB verwundert: "Ich verstehe die Dramatik nicht!" Dass es hier um mehr als nur einen Antrag ging, zeigte letztlich die deutliche Form der Ablehnung: Mit 10:3 wurde der Antrag der CSU abgelehnt. 

 
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Kommentare
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  • MFR
    Bürgermeister sitzen im Kreistag - nicht wegen eigener Interessen - sondern wegen des Wohles ihrer Gemeinde und deren BürgerInnen. Nur im Kreistag haben sie die originären Informationen, können diskutieren und mitbestimmen und sich um die bestmögliche Entwicklung ihres Ortes zu bemühen. Dass sie kompetent genug sind, bei allen Entscheidungen auch "die Gänze" des Landkreises zu bedenken, darf man BürgermeiserInnen doch wohl zutrauen. Oder sollen im Kreistag nur Arcusse vertreten sein, die dann gutwillig-ahnungslos weitreichende, vielleicht sogar schmerzhafte Entscheidungen für die Gemeinden - und ihre Menschen - treffen?
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  • MFR
    Drei junge Kreisräte wagen es, Kritik an der Landkreispolitik zu äußern. Wie lange ist es her, dass im Kreistag wirkliche Opposition spürbar wurde? Die Fraktion der Freien Wähler wird es nicht wagen, gegen die allmächtige Landkreisfürstin zu argumentieren. Die Grünen etc.? Sie kommen argumentativ über ihre verkrusteten Alltagsthemen nicht hinaus. Die SPD, früher eine starke Oposition mit wertvollen kritischen Beiträgen, ist still und mutlos geworden; was soll sie auch gegen die Landkreischefin vorbringen, da diese doch im OB-Wahlkampf offen - alle Regeln der gebotenen Neutralität als Landrätin missachtend - den SPD-Kandiadaten großformatig unterstützt hat? Drei junge Mitglieder des Kreistags trauen sich - endlich! - eine Diskussion anzustoßen. Ist die kontroverse Debatte nicht das Lebenselexier der lebendigen Demokratie? Darf im Kreistag kein Widerwort mehr geäußert werden, auch wenn die eine oder andere Formulierung mal aus der Emotion entstanden ist? Kritik=Majestätsbeleidigung?
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  • Arcus
    Aus meiner Sicht sollten Bürgermeister nicht dem
    Kreisrat angehören. Sie vertreten nicht denKreis in Gänze. Sie versuchen das durchzusetzen was für sie gut ist. Es gibt zu viele Interessenkonflikte.
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