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MARKTSTEFT/ MARKT EINERSHEIM
So kommen Wurstautomaten in der Region an
Metzgermeister Stephan Jamm an seinem Wurstautomaten in Marktsteft (Lkr. Kitzingen). Für den 40-Jährigen ist das Rund-um-die-Uhr-Angebot eher ein Test als eine dauerhafte Einrichtung.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Metzgermeister Stephan Jamm an seinem Wurstautomaten in Marktsteft (Lkr. Kitzingen). Für den 40-Jährigen ist das Rund-um-die-Uhr-Angebot eher ein Test als eine dauerhafte Einrichtung.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:36 Uhr

So was Blödes aber auch: Da hat man Lust aufs Grillen – doch es ist Sonntag, Feiertag oder später Abend. Der Kühlschrank ist leer, die Läden sind zu. Woher jetzt Steak und Wurst für den Grill nehmen?

Landauf, landab haben Metzger diese Lücke erkannt. So entstanden Wurst- und Fleischautomaten, die es auch in einigen Orten Mainfrankens gibt. Geld rein, Kühlfach wählen, Ware ziehen: Was für den Kunden bequem und für die Metzger ein attraktives Firmenstandbein sein kann, kommt unterschiedlich an. Als Rettungsanker in Zeiten des Metzgereiensterbens taugen die Automaten wohl nicht.

Wie viel so ein Automat kostet

12 000 Euro blätterte Stephan Jamm für einen solchen Apparat hin. Der Chef der Metzgerei Deininger in Markt Einersheim (Lkr. Kitzingen) ließ das mannshohe Gerät neben seiner Filiale im wenige Kilometer entfernten Marktsteft installieren. Vor einem Jahr war das. Zeit für ein erstes Fazit: Der Wurstautomat „kann das Thekenangebot nicht ersetzen“, sagt Jamm.

Schon deshalb nicht, weil der Automat zusätzlichen Aufwand mit sich bringe. Im Gegensatz zu Fleisch und Wurst in der Frischtheke muss die eingeschweißte Automatenware mit Etiketten versehen werden, auf denen die Zutaten zu lesen sind. Wegen dieses Mehraufwands liegen Jamm zufolge die Preise im Automaten um ein paar Cent über denen in seiner Metzgerei. Mit Waren bestückt werde das Gerät nahezu täglich.

Apparat wirft nur mäßig Umsatz ab

Unterm Strich sieht Jamm die Angelegenheit als Test an, mehr nicht. Ein weiteres Jahr will er den Automaten noch ausprobieren, dann ist eventuell Schluss. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Gerade mal zwei Prozent Umsatz mache er mit dem Automaten im Vergleich zu dem, was in der Marktstefter Filiale insgesamt in die Kasse kommt. Laut Jamm ziehen Kunden 40 bis 50 Produkte pro Woche aus dem Gerät, von Wurst in Dosen oder Folie über Fleisch bis hin zu kleinen Fertiggerichten. Vor allem Eier laufen, sagt er.

Dem Metzgermeister ist klar, dass für den Erfolg eines Selbstbedienungsautomaten der Standort entscheidend ist. Das Gerät in Marktsteft befindet sich in einem Gewerbegebiet und damit eher im Abseits. Außerdem ist Marktsteft keine Großstadt: „In Würzburg wäre das ganz anders“, so Jamm mit Blick auf die andere Art von Kundschaft.

Wo es in Mainfranken Wurstautomaten gibt

Einen dicken Pluspunkt hat die Lage in Marktsteft aber: Der Wurstautomat ist im selben Gebäudekomplex wie ein Billigmarkt und ein Discounter. Beide Geschäfte haben am Abend und an den Samstagen länger geöffnet als Jamms Metzgerei nebenan. Von diesem kundenträchtigen Miteinander profitierten seine Filiale und der Wurstautomat gleichermaßen, sagt Jamm.

Automaten dieser Art stehen unter anderem auch in Rimpar bei Würzburg, in Werneck bei Schweinfurt, in Karlburg (Lkr. Main-Spessart) und im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf. Dort sprang die Metzgerei Geeb schon 2014 auf den Zug auf. Doch die ganz große Nummer ist das Rund-um-die-Uhr-Angebot auch hier nicht. Es sei kein nennenswertes Standbein, „allenfalls ein guter Kundenservice“, sagt Verkaufsleiterin Tina Geeb.

Grillzeit ist der Klassiker

Den Umsatz des Wurstautomaten habe sie zwar noch nicht ausgerechnet, viel sei es aber mit Sicherheit nicht. In der klassischen Grillzeit ziehe die Nachfrage nach Fleisch und Wurst aus dem Automaten deutlich an, im Winter herrsche dagegen „eher eine Flaute“. Geeb hat beobachtet, dass die Kundenschar bunt gemischt ist: Vom Schüler bis zum Rentner sei alles dabei.

Geeb hat sich vor einigen Monaten sogar für eine ganz moderne Komponente entschieden: Kunden können am Wurstautomaten eine Art USB-Stick mit Guthaben aufladen, mit dem sie dann immer wieder an dem Gerät einkaufen. Aber auch dies hat noch Luft nach oben: Gerade mal drei Sticks seien im Umlauf, sagt Tina Geeb.

Was der Verband meint

Euphorischer beurteilt Lars Bubnick die Automaten. Der Geschäftsführer des Fleischerverbandes Bayern in Augsburg hat beobachtet, dass dieser kleine Markt wächst. Der Erfolg eines Automaten habe allerdings eine unverrückbare Voraussetzung: „Der Standort muss passen.“ Wie viel Umsatz im Durchschnitt mit solchen Geräten gemacht wird, wisse er nicht.

Als rettenden Strohhalm in Zeiten des Metzgereisterbens sieht Bubnick das Angebot freilich nicht. „Da haben wir ganz andere Probleme“ – den Fachkräftemangel vor allem. Zudem sei zu bedenken, dass ein Wurstautomat Fluch und Segen gleichzeitig sein könne: Auf der einen Seite sei er rund um Uhr für Umsatz gut, auf der anderen Seite müsse der Metzger je nachdem auch sonn- und feiertags raus, um das Gerät mit neuer Ware zu bestücken.

Auch Horst Schömig sieht als Obermeister der Metzgerinnung in Würzburg Positives in den Wurstautomaten. In seinem Geschäft habe er zwar keinen Platz dafür, aber generell würden damit „die Einkaufsmöglichkeiten für Kunden erweitert“, teilte Schömig mit.

Beispiel Frankfurt: Geschäfte brummen

Sind Automaten bei Getränken oder Süßigkeiten gängig, verbindet man hierzulande das alte Handwerk des Metzgers gerne noch mit gekacheltem Geschäft, Frischetheke und klingelnder Ladentür. Doch die Wurstautomaten scheinen sich zumindest als gut gemeintes Extra auch außerhalb Bayerns durchzusetzen.

So machte vor einem Jahr das einzige Gerät dieser Art in einem Frankfurter Stadtteil Schlagzeilen, weil Menschen aus der ganzen Metropole dorthin zum Einkaufen kommen und die Nachfrage entsprechend groß ist. Freilich gibt es auch Überschriften anderer Art: So sprengten Unbekannte im vergangenen Oktober im westfälischen Warburg einen Wurstautomaten in die Luft. Hunger hatten sie offensichtlich nicht: Scharf waren sie allein aufs Bargeld.

 
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  • Arcus
    Essen wir eh nicht alle viel zu viel Fleisch und Wurst?
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  • Fleischwolf
    Wir essen auf jeden Fall zu viel minderwertiges Fleisch und zu viel minderwertige Wurst. Sehen Sie sich die vielen Lebensmittelskandale an. Meistens tierische lebensmittel, und so gut wie immer Discounterware. Davon abgesehen braucht der Menschliche Körper evolutionsbedingt das hochwertige tierische Eiweiß. Vegetarier z.B. tun sich oft sehr schwer diese Proteine gleichwertig zu ersetzen. Die statistisch höhere Lebenserwartung der Vegetraier ergibt sich, weil diese Bevölkerugsgruppe grundsätzlich mehr auf eine gesunde Ernährung achtet. Von daher war es ein großer Fehler, die kleinen Fleischerfachbetriebe wegzurationalisieren. Dem Klimakiller Nr.1, der Massentierhaltung, kann man durch einen gemäßigteren Fleischkonsum mit höherwertigem Fleisch entgegenwirken.
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  • Fleischwolf
    Frankfurt ist nicht Bayern. Und das sollten die hiesigen Metzgermeister auch wissen. Wir stehen nunmal auf die traditionelle Fleischfachverkäuferin. Außerdem vermittelt die Wurst vom Automaten subjektiv und abseits der Logik eine minderwertigere Qualität. Wir werden in den nächsten Jahren immer öfter feststellen, das die Digitalisierung und Automatisierung in vielen Bereichen an ihre Grenzen stößt weil sie schlicht und einfach von den Menschen abgelehnt wird. Und das ist auch gut so.
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    So ein Wurstautomat kann doch nur in einer Grossstadt funktionieren. Auf dem Land ist doch kaum jemand so vertrottelt, dass er die Ladenschlusszeiten vergisst. Ein paar bedürftige Wohnmobiltouris im Sommer sind sicher auch nicht die grossen Gewinnbringer.
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  • stefan.behringer@web.de
    ....sicherlich haben Sie das schon vorher gewusst und geschrieben....denn danch hätte es ja jeder wissen müssen - aber für Sie war es sicherlich schon vorher klar!
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