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Wiesentheid
Sinkende Schülerzahlen, fehlende Lehrkräfte: Wie die neue Leiterin der Steigerwald-Musikschule die Probleme angeht
Ein Leben ohne Musik oder ohne Cello? Für Monika Klüpfel ist das unvorstellbar.
Foto: Diana Fuchs | Ein Leben ohne Musik oder ohne Cello? Für Monika Klüpfel ist das unvorstellbar.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 20.03.2023 03:08 Uhr

Allein trifft man Monika Klüpfel selten an. Meist hat sie einen großen Kasten im Schlepptau: ihr Cello. Seit einem halben Jahr leitet die 41-jährige Cellistin die Wiesentheider Musikschule. Die Vollblut-Musikerin erklärt im Interview, warum das Erbe ihres langjährigen Vorgängers Hans-Joachim Krämer kein Selbstläufer ist, "aber sehr reizvoll".

Nicht ohne mein Cello – ist das Ihr Lebensmotto?

Monika Klüpfel (lacht): Ein bisschen schon, ja. Es ist wirklich meine Berufung und eine absolute Leidenschaft. Gerade ist das Cellospielen aber Luxus, weil die Zeit rar geworden ist.

Weil Sie als Leiterin der Musikschule so viel zu tun haben?

Klüpfel: Es gibt aktuell einfach viel zu klären, und ich muss mich auch in Vieles noch einarbeiten. Klar ist außerdem, dass Corona einige gewachsene Strukturen kaputtgemacht hat.

Inwiefern?

Klüpfel: Früher hatte die Musikschule mal über 300 Schüler, jetzt sind es nur noch knapp 200. Was mir ein bisschen Bauchschmerzen macht, ist die musikalische Früherziehung (MFE), über die sonst viele Kindergartenkinder ihre Liebe zur Musik und zu einem Instrument entdeckt haben. Doch während Corona ging natürlich wenig in Sachen MFE.

Und warum bauen Sie das Angebot jetzt nicht einfach wieder aus?

Klüpfel: Das würde ich gerne, aber es gibt kaum Lehrkräfte. Ich suche händeringend nach Frauen und Männern, die MFE unterrichten können. Aber der Markt ist leer. Dem Studienbereich elementare Musikpädagogik fehlt es ein bisschen an Ansehen, denke ich. Es gibt nicht viele Studenten. Und die, die mit einem Abschluss die Hochschule verlassen, können sich die Sahnetöpfchen-Jobs aussuchen.

Mit 'La Finesse' ist Monika Klüpfel (rechts) besonders gern unterwegs.
Foto: Monika Klüpfel | Mit "La Finesse" ist Monika Klüpfel (rechts) besonders gern unterwegs.
Dann muss man wohl versuchen, Kinder anders zur Musik hinzuführen. Zieht denn der Gedanke, ein Instrument lernen zu dürfen, heutzutage nicht mehr?

Klüpfel: Der Zeitgeist hat da schon einiges geändert. Viele beschäftigen sich nicht mehr über Jahre mit einem zeitintensiveren Hobby. Es fehlt manchmal auch an Sitzfleisch und dem Willen, sich damit auseinanderzusetzen, dass man nicht immer sofort Erfolg hat. Man braucht schon Durchhaltevermögen, um ein Instrument wirklich gut beherrschen zu lernen. Ich denke, dass viele Kinder dieses Durchhaltevermögen grundsätzlich schon hätten, aber durch Corona eben kaum Kontakt zur Musikschule hatten.

"Instrumentalunterricht ist eine Investition in das Kind."
Monika Klüpfel, Leiterin der Musikschule Steigerwald
Ist es nicht auch ein finanzieller Aspekt, der manche Eltern davon abhält, ihrem Kind eine Instrumentalausbildung zukommen zu lassen?

Klüpfel: Klar, finanzielle Sorgen sind bei vielen aktuell ein Thema. Aber es gibt auch Angebote und Möglichkeiten der Förderung, über das Landratsamt zum Beispiel. Außerdem ist unsere Musikschule ja ein eingetragener Verein, dessen Mitgliedsgemeinden die musikalische Erziehung fördern, sprich für jeden Schüler aus ihren Orten eine Gemeindeumlage bezahlen. Diese haben wir kürzlich von 350 auf 380 Euro erhöht. Ich sehe es so: Instrumentalunterricht ist eine Investition in das Kind, das dadurch automatisch ganz viele Skills mitbekommt: Durchsetzungsvermögen, sich über längere Zeit mit etwas beschäftigen können, sich auch mal zu überwinden und sich zu präsentieren, beim Vorspielen etwa – das alles gehört dazu. Und man hat ein Ventil. Nichts baut Stress so gut ab wie Musik.

Sagen Sie das aus eigener Erfahrung?

Klüpfel: Oh ja! Fragen Sie mal meine Eltern! Oder meinen Mann und die Kinder . . .

Was bedeutet Musik Ihnen sonst?

Klüpfel: Ich habe das Gefühl, dass ich anderen damit etwas geben kann. Es bedeutet auch Arbeit und eine gewisse Anstrengung, sein Niveau zu halten. Aber dafür macht Musik einfach glücklich. Es gibt Musik, die Saiten in meiner Seele anzupft. Aber es gibt natürlich auch Melodien, die mich nicht so packen. Das ist eben bei jedem ein bisschen anders, zum Glück.

Gibt es nur im Doppelpack:  Monika Klüpfel und ihr Cello.
Foto: Diana Fuchs | Gibt es nur im Doppelpack:  Monika Klüpfel und ihr Cello.
Welche Musik packt Sie?

Klüpfel: Zum Beispiel die von Claude Debussy. Die gibt mir Seelenfrieden und erfüllt mich mit Glücksgefühlen.

Warum haben Sie sich – trotz vieler musikalischer Engagements – auf die Stelle als Leiterin der Musikschule beworben?

Klüpfel: Hans-Joachim Krämer hatte gefragt: Moni, wäre das nichts für dich? Ich habe erst überlegt und die Sache mit meiner Familie besprochen. Schnell war dann klar: Ich bewerbe mich, weil es mich einfach reizt, in einer nicht leichten Zeit an der Spitze einer Musikschule zu stehen. Ich möchte den Menschen zeigen, wie toll Musizieren ist, insbesondere das gemeinsame Musizieren.

Welche neuen Ideen geistern Ihnen durch den Kopf?

Klüpfel: Gemeinsam mit meinen 15 Lehrkräfte-Kolleginnen und -Kollegen habe ich viele Ideen entwickelt. Am Praktikabelsten wäre sicher ein Sommerfest, zu dem wir alle an Musik Interessierten einladen. Eine Kooperation mit einem Seniorenheim steht an. Irgendwann, wenn es finanziell machbar ist, soll eine Zauberharfen-Gruppe gegründet werden. Mir schwebt auch eine Projektgruppe mit Kindern und Eltern und anderen Interessierten vor, die ein Instrument spielen können – quasi ein Orchester auf Zeit.

Wer ist die neue Musikschulleiterin Monika Klüpfel?

Die gebürtige Miltenbergerin (41) ist im Spessart aufgewachsen und wollte schon mit acht Jahren unbedingt Cello spielen. Nach elf Jahren Cello-Unterricht ging sie nach dem Abitur an die Hochschule für Musik in Würzburg. Danach sattelte sie ein Kammermusikstudium in Stuttgart obendrauf.
Im Schuljahr 2007/08 begann sie, als Instrumentallehrerin an der Musikschule Steigerwald zu unterrichten. Auch am Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach ist sie als Lehrerin tätig, ebenso an der Kitzinger Musikschule.
Freiberuflich gehört sie zur Streichquartett-Formation "La Finesse" und ist Solo-Cellistin beim Philharmonischen Orchester Aschaffenburg. Zudem spielt sie  immer wieder in verschiedenen Ensemble-Besetzungen mit. Mittlerweile lebt Monika Klüpfel mit ihrem Mann und den beiden Kindern, sechs und elf Jahre alt, in Gerolzhofen.
Quelle: ktldk
 
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